Lopinavir

Lopinavir gehört zur Wirkstoffgruppe der HIV-Proteaseinhibitoren und wird in Kombination mit Ritonavir zur Behandlung von HIV angewendet. Die antiretrovirale Kombinationstherapie wurde auch für die Therapie von Covid-19 diskutiert.

Lopinavir

Anwendung

Lopinavir ist in Kombination mit Ritonavir in Deutschland zugelassen für die Behandlung von mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV-1) infizierten Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern im Alter von 14 Tagen und älter.

Bei bereits mit Proteasehemmern vorbehandelten HIV-1-infizierten Erwachsenen sollte die Anwendung auf einer individuellen virologischen Resistenzuntersuchung und der Behandlungsvorgeschichte des Patienten beruhen.

Anwendungsart

Lopinavir wird oral verabreicht und sollte immer zusammen mit der Nahrung eingenommen werden.

Wirkmechanismus

Lopinavir ist ein antiviral wirksames Arzneimittel und inhibiert die HIV-1- und HIV-2-Proteasen. Diese Hemmung verhindert die Spaltung des gag-pol-Polyproteins und führt somit zur Bildung unreifer, nicht infektiöser Viren.

Man unterscheidet bei der HIV-Therapie je nach Angriffspunkt des Wirkstoffes in den Vermehrungszyklus des Virus zwischen Reverse-Transkriptase-Hemmern (RT-Hemmern), Protease Hemmern (Pis), Fusionshemmern (FI) und Integrase-Hemmern.

Pharmakokinetik

Folgende Angaben beziehen sich auf die kombinierte Verabreichung von Lopinavir zusammen mit Ritonavir.

Resorption

Bei Mehrfachgabe von zweimal täglich 400/100 mg Kaletra (Kombinationspräparat Lopinavir/Ritonavir) über 2 Wochen betrug die durchschnittliche Lopinavir-Spitzenkonzentration im Plasma 2,3 ± 5,4 μg/ml (Cmax ± SD).  Diese wurde ungefähr 4 Stunden nach Einnahme erreicht. Die Lopinavir-AUC lag im Durchschnitt bei 113,2 ± 60,5 μg · h/ml.

Einfluss von gleichzeitiger Nahrungsaufnahme

Bei Einnahme einer Einzeldosis 400/100 mg Kaletra Weichkapseln zusammen mit einer mittelfetten Mahlzeit (500 bis 682 kcal, 22,7 bis 25,1 % Fett) wird im Vergleich zur Einnahme im nüchternen Zustand eine durchschnittliche Erhöhung der Lopinavir-AUC um 48 % und der Cmax um 23 % beobachtet. Bei Verwendeung der Kaletra Lösung zeigten sich Erhöhungen der AUC um 80% und Cmax um 54%. Bei Einnahme von Kaletra zusammen mit einer sehr fettreichen Mahlzeit (872 kcal, 55,8% Fett) erhöhte sich bei den Weichkapseln die Lopinavir-AUC um 96% und Cmax um 43% bzw. bei der Lösung um 130% und 56%.

Verteilung

Lopinavir ist im Steady State zu ca. 98 bis 99% an Serumproteine gebunden und bindet an das saure alpha-1-Glykoprotein (AAG) und Albumin, jedoch mit höherer Affinität zum AAG. Nach zweimal täglich 400/100 mg Kaletra bleibt die Lopinavir-Proteinbindung im Steady State im gesamten Konzentrationsbereich konstant und ist bei Probanden und HIV-positiven Patienten vergleichbar.

Biotransformation

In-vitro-Studien mit Mikrosomen aus der menschlichen Leber weisen darauf hin, dass Lopinavir in erster Linie oxidativ metabolisiert wird. Lopinavir wird in hohem Maße durch das hepatische Cytochrom-P450-System, in erster Linie durch das Isoenzym CYP3A, metabolisiert. Ritonavir, ein starker Inhibitor von CYP3A, hemmt die Verstoffwechselung von Lopinavir und führt dadurch zu einem Anstieg des Lopinavir-Spiegels im Plasma. Die Hauptmetaboliten mit antiviraler Wirkung sind das 4-Oxo- und 4-Hydroxy-Epimerenpaar. Ritonavir induziert Stoffwechselenzyme, was zu einer Verstärkung der eigenen Metabolisierung und wahrscheinlich auch der von Lopinavir führt. Bei Mehrfachgabe von Lopinavir sinkt die Lopinavir-Talspiegelkonzentration vor der neuerlichen Gabe mit der Zeit und stabilisiert sich nach ca. 10 –bis14 Tagen.

Elimination

Nach einer 400/100 mg 14C-Lopinavir/Ritonavir-Dosis werden ca. 10,4 ± 2,3% und 82,6 ± 2,5% der eingenommenen 14C-Lopinavir-Dosis im Urin bzw. Stuhl wiedergefunden. Unverändertes Lopinavir wurde zu rund 2,2% bzw. 19,8% der verabreichten Dosis im Urin bzw. Stuhl gefunden. Nach Mehrfachgabe werden weniger als 3% der Lopinavir-Dosis unverändert renal eliminiert. Bei einem 12-stündigen Dosis-Intervall liegt die effektive Halbwertszeit von Lopinavir bei ungefähr 5 bis 6 Stunden, die scheinbare Lopinavir-Clearance (CL/F) bei oraler Gabe liegt bei 6 bis 7 l pro Stunde.

Dosierung

Die empfohlene Standard-Dosierung für Lopinavir/Ritonavir Tabletten beträgt 400/100 mg zweimal täglich.

Kinder mit einem Körpergewicht über 40 kg oder einer Körperoberfläche (KO)* größer als 1,4 m² können die Erwachsenen-Dosis erhalten (400/100 mg zweimal täglich).

Basierend auf den derzeit verfügbaren Daten sollten Kinder Lopinavir/Ritonavir nicht als einmal tägliche Dosierung einnehmen.

Nebenwirkungen

Unter der Anwendung von Lopinavir kann es sehr häufig (≥ 1/10) zu folgenden Nebenwirkungen kommen:

  • Infektionen des oberen Respirationstraktes
  • Übelkeit
  • Diarrhö

Wechselwirkungen

Lopinavir ist ein Inhibitor des CYP450-Isoenzyms CYP3A- Isoenzyms. Dementsprechend sind auf dieser grundlage zahlreiche Arzneimittel-Wechselwirkungen zu erwarten. Die vollständige Auflistung kann der jeweiligen Fachinformation entnommen werden.

Kontraindikation

Lopinavir darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Schwerer Leberinsuffizienz
  • gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, deren Clearance stark von CYP3A abhängt und bei denen durch erhöhte Plasmakonzentrationen mit schweren und/oder lebensbedrohlichen Situationen zu rechnen ist. Eine Auflistung finden Sie in der jeweiligen Fachinformation

Schwangerschaft/Stillzeit

Die Behandlung einer HIV-Infektion während der Schwangerschaft reduziert das Risiko einer vertikalen Transmission von HIV auf das Neugeborene. Laut Fachinformation wurde Lopinavir/Ritonavir bei über 3000 Frauen während der Schwangerschaft untersucht, einschließlich bei über 1000 Frauen während des ersten Trimenons. Daten von Anwendungsbeobachtungen aus dem seit Januar 1989 gegründeten Schwangerschaftsregister (Antiretroviral Pregnancy Registry) zeigten kein erhöhtes Risiko hinsichtlich Geburtsfehlern unter mehr als 1000 Frauen, die während des ersten Trimesters Kaletra einnahmen. Die Prävalenz von Geburtsfehlern nach jedem Trimester nach Einnahme von Lopinavir ist vergleichbar mit der Prävalenz in der allgemeinen Bevölkerung. Ein bestimmtes Muster von Geburtsfehlern, welches auf eine gemeinsame Ätiologie hindeutet, wurde nicht beobachtet. Studien an Tieren zeigten eine Reproduktionstoxizität. Basierend auf den genannten Daten, ist das Risiko einer Fehlbildung beim Menschen unwahrscheinlich. Lopinavir kann während einer Schwangerschaft angewendet werden, wenn es medizinisch angezeigt ist.

Stillzeit

Um eine Übertragung von HIV zu vermeiden wird generell empfohlen, dass HIV-infizierte Mütter ihre Säuglinge unter keinen Umständen stillen.

Verkehrstüchtigkeit

Es wurden keine Studien zu den Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen durchgeführt. Patienten sollten darüber informiert werden, dass Berichte über das Auftreten von Übelkeit während der Behandlung vorliegen.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
628.8 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 5.5 H
Q0-Wert:
0.0
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