Luspatercept
Luspatercept ist ein rekombinantes Fusionsprotein zur Behandlung einer Anämie bei erwachsenen Patienten mit Beta-Thalassämie, die regelmäßige Erythrozyten-Transfusionen benötigen. Das Orphan Drug wirkt als Ligandenfalle und bindet Liganden der TGF-ß-Superfamilie, die über SMAD2- und SMAD3-abhängige Signalwege die Erythropoese hemmen.
Luspatercept: Übersicht
Anwendung
Luspatercept ist das erste und einzige Arzneimittel, das eine Reifung von Erythrozyten bewirkt und stellt eine neue Therapieoption für Patienten mit Beta-Thalassämie dar, die die regelmäßige Erythrozyten-Transfusionen benötigen. Unter dem Medikament kann die Transfusionslast deutlich gesenkt werden. Das Fusionsprotein ist unter dem Handelsnamen Reblozyl seit dem 01.08.2020 in Deutschland verfügbar.
Anwendungsart
Luspatercept wird subkutan injiziert.
Wirkmechanismus
Luspatercept ist ein rekombinantes Fusionsprotein, das mehrere überexprimierte endogene Liganden der TGF-β-Superfamilie bindet und dadurch die Smad 2/3-Signalübertragung verringert. Hierdurch hebt der Wirkstoff den hemmenden Effekt der überexprimierten Liganden auf die Erythrozyten-Differenzierung auf. Luspatercept fördert weiterhin die Reifung der Erythrozyten durch Differenzierung von erythroiden Vorläufern (Normoblasten) im Spätstadium. Im Tiermodell der Beta-Thalassämie verringerte Luspatercept die abnormal erhöhte Smad 2/3-Signalübertragung und verbesserte die hämatologischen Parameter, die mit einer ineffektiven Erythropoese bei Mäusen verbunden waren.
Pharmakokinetik
Resorption
Luspatercept wird nach subkutaner Applkation langsam resorbiert. Maximale Serumkonzentration (cmax) wurden in allen Dosisstufen oft etwa 7 Tage nach der Dosisgabe beobachtet. Die Resorption von Luspatercept in den Blutkreislauf erfolgte über den Bereich der untersuchten Dosen hinweg linear und die Resorption wird vom Ort der subkutanen Injektion (Oberarm, Oberschenkel oder Bauch) nicht signifikant beeinflusst . Die interindividuelle Variabilität der Fläche unter der Kurve (area under the curve; AUC) betrug etwa 38 % bei MDS-Patienten und 36 % bei Beta-Thalassämie-Patienten.
Verteilung
Bei den empfohlenen Dosen betrug das mittlere scheinbare Verteilungsvolumen 9,68 l für MDS-Patienten und 7,08 l für Beta-Thalassämie-Patienten. Im Einklang mit seiner großen Molekülmasse deutet das geringe Verteilungsvolumen darauf hin, dass Luspatercept hauptsächlich auf extrazelluläre Flüssigkeiten beschränkt bleibt.
Biotransformation
Luspatercept wird von allgemeinen Proteinabbauprozessen zu Aminosäuren katabolisiert.
Elimination
Aufgrund der großen Molekülmasse von Luspatercept ist nicht zu erwarten, dass Luspatercept über den Urin ausgeschieden wird, da es für die glomeruläre Barriere zu groß ist. Bei den empfohlenen Dosen betrug die mittlere scheinbare Gesamt-Clearance 0,516 l/d für MDS-Patienten und 0,437 l/d für β-Thalassämie-Patienten. Die mittlere Halbwertszeit im Serum lag bei ungefähr 13 Tagen für MDS-Patienten und 11 Tagen für Beta-Thalassämie-Patienten.
Linearität/Nicht-Linearität
Der Anstieg der cmax und AUC im Serum ist ungefähr proportional zur Erhöhung der Dosis von 0,125 bis 1,75 mg/kg. Die Luspatercept-Clearance war unabhängig von Dosis oder Zeit. Bei Verabreichung alle drei Wochen erreicht die Serumkonzentration von Luspatercept den Steady State nach 3 Dosen bei einem Kumulationsquotienten von etwa 1,5.
Hämoglobin-Ansprechen
Bei Patienten, die < 4 Einheiten von EK-Transfusionen in den 8 Wochen vor der Studie erhielten, erhöhte sich das Hb innerhalb von 7 Tagen nach Beginn der Behandlung und der Anstieg korrelierte mit der Zeit bis zum Erreichen der cmax. Der größte mittlere Hb-Anstieg wurde nach der ersten Dosis verzeichnet. Nach weiteren Dosen erfolgten weitere kleinere Anstiege . Ungefähr 6 bis 8 Wochen nach der letzten Dosis (0,6 bis 1,75 mg/kg) erreichte der Hb-Spiegel wieder den Ausgangswert. Die zunehmende Serumexposition (AUC) von Luspatercept war mit einem größeren Hb-Anstieg bei Patienten mit MDS oder Beta-Thalassämie verbunden.
Dosierung
Die empfohlene Anfangsdosis von Luspatercept beträgt 1 mg / kg alle 3 Wochen durch subkutane Injektion.
Nebenwirkungen
Häufige Nebenwirkungen unter der Anwendung von Luspatercept sind:
- Kopfschmerzen
- Knochenschmerzen
- Arthralgie
- Müdigkeit
- Husten
- Bauchschmerzen
- Durchfall
- Schwindel
Wechselwirkungen
Es wurden keine klinischen Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen mit Luspatercept durchgeführt. Die gleichzeitige Anwendung von Eisenchelatoren beeinflusste die Pharmakokinetik von Luspatercept nicht.
Kontraindikation
Luspatercept darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder während der Schwangerschaft.
Schwangerschaft
Die Anwendung von Luspatercept ist während der Schwangerschaft kontraindiziert. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Vor Beginn der Behandlung muss ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden und der verschreibende Arzt muss sich vergewissern, dass das Ergebnis negativ ist. Der Test muss in angemessenen Abständen wiederholt werden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung mit Luspatercept und für mindestens 3 Monate nach Absetzen der Behandlung mit Luspatercept hochwirksame Verhütungsmittel anwenden und dürfen nicht schwanger werden. Wenn eine Frau schwanger wird oder schwanger werden möchte, sollte die Behandlung mit Luspatercept abgebrochen werden.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Luspatercept oder seine Metabolite in die Muttermilch übergehen. Luspatercept wurde in der Milch laktierender Ratten nachgewiesen. Aufgrund der unbekannten Nebenwirkungen von Luspatercept bei Neugeborenen/Säuglingen muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen während der Therapie mit Luspatercept und für 3 Monate nach der letzten Dosis zu unterbrechen ist oder ob die Behandlung zu unterbrechen ist. Dabei soll sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau berücksichtigt werden.
Verkehrstüchtigkeit
Luspatercept hat geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Die Reaktionsfähigkeit bei der Ausführung dieser Aufgaben kann aufgrund des Risikos von Ermüdung, Vertigo, Schwindelgefühl oder Synkope beeinträchtigt sein. Patienten sollten daher angewiesen werden, vorsichtig zu sein, bis sie etwaige Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen kennen.
Anwendungshinweise
Die FDA rät Angehörigen der Gesundheitsberufe, Frauen im gebärfähigen Alter anzuweisen, während der Behandlung mit Luspatercept eine wirksame Verhütungsmethode anzuwenden. Schwangere oder stillende Frauen sollten Luspatercept nicht einnehmen, da es den sich entwickelnden Fötus und den Säugling schädigen kann.
Studienlage
Die Zulassung von Reblozyl basiert auf den Ergebnissen einer klinischen Studie mit 336 Patienten mit Beta-Thalassämie, die Erythrozyten-Transfusionen benötigten.112 Patienten erhielten ein Placebo. 21 Prozent der Patienten, die mit Reblozyl behandelt wurden, erreichten eine Reduktion der Transfusionen um mindestens 33% im Vergleich zu 4,5% der Patienten, die ein Placebo erhielten.