Maprotilin
Maprotilin ist ein tetrazyklisches Antidepressivum zur Behandlung von depressiven Erkrankungen, schweren depressiven Episoden, bipolaren Störungen und Angstzuständen im Zusammenhang mit Depressionen.
Maprotilin: Übersicht

Anwendung
Maprotilin kann zur Behandlung von depressiven affektiven Störungen sowie der Major Depression angewendet werden und ist darüber hinaus auch wirksam bei der Reduktion von Angstsymptomen im Zusammenhang mit Depressionen.
Wirkmechanismus
Ähnlich wie andere tetrayklische Antidepressiva hemmt Maprotilin die neuronale Noradrenalin-Wiederaufnahme, besitzt eine gewisse anticholinerge Aktivität, beeinflusst aber nicht die Monoaminooxidase-Aktivität. Es unterscheidet sich von tetrayklischen Antidepressiva darin, dass es die Wiederaufnahme von Serotonin nicht zu blockieren scheint.
Darüber hinaus zeigt Maprotilin eine starke antihistaminische Wirkung (was seine sedierende Wirkung erklärt) und eine geringere alpha-adrenerge Blockierungsaktivität als Amitriptylin. Seine Wirkung als α1-adrenerger Antagonist könnte die gelegentlich mit der Einnahme von Maprotilin assoziierte orthostatische Hypotonie erklären.
In einer Schlafstudie wurde gezeigt, dass Maprotilin die Dauer der REM-Schlafphase bei depressiven Patienten verlängert, im Vergleich zu Imipramin, das die REM-Schlafphase verkürzte.
Pharmakokinetik
Resorption
- Maprotilin wird nach oraler Gabe langsam aber vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert.
Verteilung
- Maprotilin und seine Metaboliten können in Lunge, Leber, Gehirn und Nieren nachgewiesen werden; niedrigere Konzentrationen können in den Nebennieren, im Herz und in den Muskeln gefunden werden.
- Maprotilin wird leicht in ähnlicher Konzentration wie im mütterlichen Blut in die Muttermilch verteilt.
- Die Proteinbindung von Maprotilin beträgt 88%.
Metabolisierung
- Maprotilin wird durch N-Demethylierung, Desaminierung, aliphatische und aromatische Hydroxylierungen und durch Bildung aromatischer Methoxyderivate metabolisiert.
- Es wird langsam hauptsächlich zu Desmethylmaprotilin, einem pharmakologisch aktiven Metaboliten, metabolisiert.
- Desmethylmaprotilin kann weiter zu Maprotilin-N-oxid umgewandelt werden.
Elimination
- Etwa 60% einer oral verabreichten Einzeldosis werden innerhalb von 21 Tagen als konjugierte Metaboliten im Urin ausgeschieden.
- 30% werden über den Fäzes eliminiert.
- Die Halbwertszeit beträgt im Durchschnitt 51 Stunden (Bereich: 27-58 Stunden).
Dosierung
Die empfohlene Initialdosis beträgt 25-75 mg Maprotilinhydrochlorid einmal täglich. Abhängig von der Wirksamkeit und Verträglichkeit kann die Dosis nach 2 Wochen täglich um 25 mg schrittweise erhöht und auf täglich bis zu 150 mg Maprotilinhydrochlorid bis zum Wirkungseintritt gesteigert werden.
Die maximale Tagesdosis bei ambulanten Patienten beträgt 150 mg, bei stationären Patienten bis 225 mg Maprotilinhydrochlorid.
Nach der Rückbildung des depressiven Syndroms ist die Dosis schrittweise auf eine tägliche Erhaltungsdosis von 25-50 mg Maprotilinhydrochlorid zu verringern.
Bei der Dosisfindung ist darauf zu achten, dass ältere Patienten oft eine deutlich geringere Dosis benötigen und meistens schon bei der Hälfte der üblichen Tagesdosis einen zufrieden
stellenden Behandlungseffekt zeigen.
Nebenwirkungen
Vor allem zu Beginn der Behandlung kann es häufig (>1%, <10%) zu folgenden Nebenwirkungen kommen:
- Müdigkeit, Schläfrigkeit, Benommenheit
- Mundtrockenheit
- Verstopfung
- Akkommodationsstörungen
- erschwertes Wasserlassen
- Harnverhaltung
- Schwindelgefühl
- Myoklonien
- Unruhe
- Erregungszustände
Wechselwirkungen
Folgende Wechselwirkungen können bei der Anwendung von Maprotilin auftreten:
- Die Wirkungen von Alkohol und die Wirkungen anderer zentraldämpfend wirkender Arzneistoffe können bei gleichzeitiger Anwendung von Maprotilin verstärkt werden.
- Bei Hyperthyreose sowie bei Patienten, die Schilddrüsenpräparate erhalten, können kardiovaskuläre Nebenwirkungen verstärkt auftreten.
- Bei gleichzeitiger Anwendung anderer Arzneistoffe, die wie Maprotilin ebenfalls eine anticholinerge Wirkkomponente aufweisen, ist mit einer Verstärkung peripherer und zentraler Effekte (insbesondere einem Delir) zu rechnen.
- Die adrenerge Wirkung auf das vegetative Nervensystem durch sympathomimetische Amine kann durch gleichzeitige Anwendung von Maprotilin erheblich verstärkt werden, z. B. durch die vasokonstringierenden Zusätze bei Lokalanästhetika.
- MAO-Hemmer vom irreversiblen Hemmtyp sollen in jedem Fall mindestens 14 Tage vor Beginn der Behandlung mit Maprotilin abgesetzt werden. Andernfalls muss mit schweren Nebenwirkungen wie Erregung, Delir, Koma, Hyperpyrexie, Krampfanfällen und starken Blutdruckschwankungen gerechnet werden.
- Bei gleichzeitiger Einnahme von Antidepressiva, wie z. B. Fluvoxamin oder Fluoxetin können die Plasmakonzentrationen von Maprotilin stark ansteigen. Wegen der sehr langsamen Ausscheidung dieser Stoffe kann der Effekt entsprechend lange andauern.
- Es kann zu einer Wirkungsabschwächung von Antihypertensiva vom Typ des Guanethidin bzw. des Clonidin kommen mit der Gefahr einer Rebound-Hypertension bei mit Clonidin behandelten Patienten.
- Maprotilin kann die Wirkung von Antiarrhythmika besonders vom Typ Ia (z. B. Chinidin) und Typ III (z. B. Amiodaron) verstärken.
- Bei einer Kombination mit Antipsychotika kann es zur Erhöhung der Blutspiegel tri- und tetrazyklischer Antidepressiva wie Maprotilin kommen.
- Bei gleichzeitiger Behandlung mit Phenothiazin-Derivaten sowie bei abrupter Dosisverringerung von Benzodiazepinen muss mit erhöhtem Risiko des Auftretens von Krampfanfällen gerechnet werden.
- Auch bei einer zugleich bestehenden Behandlung mit Cimetidin kann der Blutspiegel von Maprotilin erhöht werden.
- Barbiturate können den Blutspiegel des Maprotilins erniedrigen.
Kontraindikationen
Bei der Behandlung mit Maprotilin sind folgende gegenanzeigen zu beachten:
- bekannte Überempfindlichkeit gegen Maprotilin, tri- und tetrazyklische Antidepressiva oder einen der sonstigen Bestandteile
- akute Vergiftungen mit Alkohol oder mit Schlafmitteln, Psychopharmaka und Opioiden
- akute Delirien und Manien
- unbehandelter erhöhter Augeninnendruck (Engwinkelglaukom)
- akutes Harnverhalten
- Prostatahyperplasie mit Restharnbildung
- Pylorusstenose
- paralytischer Ileus
- schwerwiegende unbehandelte Störungen der Blutdruckregulation
- akute Phase eines Herzinfarktes
- bestehende Erregungsleitungsstörungen des Herzens
- bestehende oder weniger als 2 Wochen zurückliegende Therapie mit MAO-Hemmstoffen vom irreversiblen Hemmtyp
- Stillzeit
Schwangerschaft
Während der Schwangerschaft darf Maprotilin nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung verordnet werden, da die Datenlage nicht ausreichend ist.
Stillzeit
Maprotilin geht in die Muttermilch über, weshalb der Wirkstoff in der Stillzeit nicht angewendet werden darf. Ist eine Behandlung mit Maprotilin unvermeidbar, muss abgestillt werden.
Verkehrstüchtigkeit
Durch individuell auftretende unterschiedliche Reaktionen kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden. Dies gilt in verstärktem Maße bei Behandlungsbeginn und Präparatewechsel sowie auch im Zusammenwirken mit anderen zentral wirkenden Medikamenten (Analgetika, Hypnotika, Psychopharmaka).
Anwendungshinweise
Während die beruhigende Wirkung meist unmittelbar in den ersten Tagen einsetzt, ist die stimmungsaufhellende Wirkung in der Regel erst nach 1-3 Wochen zu erwarten.
Alternativen
Neben Maprotilin zählen auch Mianserin und Mirtazapin zu den tetrazyklischen Antidepressiva.
Wirkstoff-Informationen
- Fachinformation Maprotilin ratiopharm
- Drugbank: Maprotiline, abgerufen am 10.10.2022