Mercaptopurin
Mercaptopurin ist ein Nukleosidanalogon, das zur Wirkstoffgruppe der Antimetabolite zählt und als Purin-Antagonist wirkt. Der Wirkstoff ist zugelassen zur Induktions- sowie Erhaltungstherapie bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL). Off-label wird das Zytostatikum auch angewendet zur Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen oder anderen entzündlichen Autoimmunerkrankungen.
Mercaptopurin: Übersicht

Anwendung
6-Mercaptopurin (6-MP) ist zugelassen zur Induktionstherapie und Erhaltungstherapie bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL). 6-Mercaptopurin war eines der ersten zugelassenen Medikamente zur Behandlung von Krebs.
Wirkmechanismus
Mercaptopurin ist wie Azathioprin und Tioguanin ein Thiopurin und konkurriert mit Hypoxanthin und Guanin um das Enzym Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HGPRTase) und wird selbst in Thioinosinsäure-Monophosphat (TIMP) umgewandelt. TIMP hemmt mehrere Reaktionen, an denen Inosinsäure-Monophosphat (IMP) beteiligt ist, wie die Umwandlung von IMP in Xanthylsäure-Monophosphat (XMP) und die Umwandlung von IMP in Adenylsäure-Monophosphat (AMP) über Adenylosuccinat-Monophosphat (SAMP). Bei der Methylierung bildet TIMP 6-Methylthioinosinat-Monophosphat (MTIMP), das zusätzlich die Glutamin-5-phosphoribosylpyrophosphat-Amidotransferase hemmt.
Glutamin-5-Phosphoribosylpyrophosphat-Amidotransferase ist das erste Enzym, das für den de novo-Weg der Purin-Ribonukleotid-Synthese essenziell ist.

Pharmakokinetik
Absorption
- Klinische Studien haben gezeigt, dass die Resorption einer oralen Mercaptopurin-Dosis beim Menschen unvollständig und variabel ist und durchschnittlich etwa 50% der verabreichten Dosis ausmacht.
- Die Faktoren, die die Resorption beeinflussen, sind unbekannt.
- Die Bioverfügbarkeit von oral verabreichtem Mercaptopurin zeigt eine beträchtliche interindividuelle Schwankungsbreite.
Verteilung
- Das Verteilungsvolumen übersteigt das des gesamten Körperwassers.
- Die Plasmaproteinbindung beträgt im Konzentrationsbereich von 10 bis 50 µg/ml (eine Konzentration, die nur durch intravenöse Verabreichung von Mercaptopurin in Dosen von mehr als 5 bis 10 mg/kg erreicht wird) durchschnittlich 19%.
Metabolismus
- Der Abbau erfolgt hauptsächlich in der Leber durch das Enzym Xanthinoxidase.
- Der Katabolismus von Mercaptopurin und seinen Metaboliten ist komplex.
- Beim Menschen enthält der Urin nach oraler Verabreichung von 35S-6-Mercaptopurin intaktes Mercaptopurin, Thioursäure (gebildet durch direkte Oxidation durch Xanthinoxidase, wahrscheinlich über 6-Mercapto-8-hydroxypurin) und eine Reihe von 6-methylierten Thiopurinen.
- Die Methylthiopurine liefern nennenswerte Mengen an anorganischem Sulfat.
Elimination
- Die Elimination von Mercaptopurin erfolgt hauptsächlich durch metabolischen Abbau.
- Die Halbwertszeit ist dreiphasig: 45 Minuten, 2,5 Stunden und 10 Stunden.
Dosierung
Für Erwachsene und Kinder werden als Standarddosis 2,5 mg/kg Körpergewicht pro Tag oder 50 bis 75 mg/m2 Körperoberfläche pro Tag angewendet. Bei einer Kombinationstherapie ist die Dosierung und Anwendungsdauer von Mercaptopurin von der Art und Dosierung der anderen verwendeten Zytostatika abhängig.
Die Dosis von oralem Mercaptopurin sollte bei gleichzeitiger Anwendung mit Methotrexat >20 mg/m2 reduziert werden.
Bei gleichzeitiger Einnahme von Allopurinol darf nur ¼ der bisherigen Mercaptopurin-Dosis verabreicht werden, da Allopurinol den Katabolismus von Mercaptopurin hemmt.
Nebenwirkungen
Bei der Anwendung von Mercaptopurin kann es sehr häufig ( 1/10) zu Knochenmarkdepression, Leukozytopenie und Thrombozytopenie kommen. Häufige Nebenwirkungen ( 1/100 bis < 1/10) sind:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Pankreatitis bei Patienten mit entzündlichen Darmkrankheiten (nicht zugelassene Indikation)
- Leberstauung
- Lebertoxizität
- Cholestasis
Wechselwirkungen
Folgende Wechselwirkungen sind bei der Anwendung von Mercaptopurin zu beachten:
- Allopurinol: Bei gleichzeitiger Einnahme von Allopurinol darf nur ¼ der bisherigen Mercaptopurin-Dosis verabreicht werden, da Allopurinol den Katabolismus von Mercaptopurin hemmt.
- Warfarin: Mercaptopurin kann zu einer Verringerung der gerinnungshemmenden Wirkung von Warfarin führen.
- Aminosalicylsäurederivate, wie z. B. Olsalazin, Mesalazin oder Sulfasalazin: Es gibt Hinweise in-vitro, dass Aminosalicylsäurederivate die Thiopurinmethyltransferase (TPMT) hemmen.
- Myelosuppressive Wirkstoffe: Wird Mercaptopurin mit Arzneimitteln kombiniert, deren Primär- oder Sekundärtoxizität eine Myelosuppression einschließt, kann eine Dosisreduktion erforderlich sein.
Kontraindikationen
Mercaptopurin darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff.
Schwangerschaft
Die Behandlung mit Mercaptopurin während der Schwangerschaft sollte möglichst unterbleiben, da nach maternaler Exposition über Fehlgeburten, Frühgeburten und niedrige Geburtsgewichte berichtet wurde. Es gibt Berichte von kongenitalen Abnormalitäten und spontanen Fehlgeburten nach entweder maternaler oder paternaler Exposition. Es wurde über mannigfaltige kongenitale Abnormalitäten nach maternaler Behandlung mit Mercaptopurin in Kombination mit anderen Chemotherapien berichtet.
Stillzeit
Mercaptopurin kann in die Muttermilch übergehen, weshalb während der Behandlung mit Mercaptopurin nicht gestillt werden darf.
Verkehrstüchtigkeit
Es gibt keine Hinweise darauf, dass Mercaptopurin die Fähigkeit, Auto zu fahren oder Maschinen zu bedienen, beeinträchtigt. Aus seiner Pharmakologie lassen sich solche Eigenschaften nicht ableiten.
Wirkstoff-Informationen
- Drugbank Mercaptopurine, abgerufen am 05.06.2022
- EMA: Fachinformation Xaluprine
-
BfArM: Bewertung der Anwendung von „6-Mercaptopurin zur Immunsuppression in der Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen“ durch die Expertengruppe Off-Label
Fachbereich Innere Medizin, 26.1.2020 - Fachinformation Mercaptopurin-Medice
- Mutschler Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, Begründet von Ernst Mutschler, 11. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
Abbildung
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