Milnacipran

Der Wirkstoff Milnacipran ist ein dualer Serotonin- und Noradrenalin- Wiederaufnahmehemmer. Das neue Antidepressivum wird angewendet zur Behandlung einer Major Depression.

Milnacipran

Anwendung

Der Wirkstoff Milnacipran wird angewendet zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit Episoden einer Major Depression.

Anwendungsart

Milnacipran ist in Form von Hartkapseln auf dem deutschen Markt zugelassen.

Wirkmechanismus

Milnacipran ist ein dualer Wiederaufnahmehemmer von Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt. Dabei blockiert das Antidepressivum die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin etwa gleich stark. Der Wirkstoff zählt zu den selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SSNRI). Durch die erhöhte extrazelluläre Konzentration an Noradrenalin und Serotonin wirken SSNRI antidepressiv und antriebssteigernd.

SNRI

Pharmakokinetik

Resorption

Nach oraler Gabe wird Milnacipran gut resorbiert und weist eine Bioverfügbarkeit von etwa 85% auf.

Die Plasmaspitzenkonzentration (Cmax) wird etwa zwei Stunden (Tmax) nach Einnahme erreicht. Die Plasmakonzentrationen steigen proportional zur Dosis bis zu 200 mg pro Anwendung. Nach mehrmaliger Gabe wird die Steady-state-Konzentration innerhalb von zwei bis drei Tagen erreicht, wobei sich die Plasmakonzentration im Vergleich zur Einmalgabe von etwa 70% auf 100% erhöht. Die individuelle Variabilität von Milnacipran ist gering.

Verteilung

Milnacipran bindet nur begrenzt an Plasmaproteine (13%). Das Verteilungsvolumen beträgt etwa 5 l/kg und die Gesamtclearance etwa 40 l/h. Die renale und nicht-renale Clearance sind äquivalent.

Biotransformation

Der Metabolismus von Milnacipran beschränkt sich im Wesentlichen auf die Glucuronidierung.
Aktive Metaboliten sind ohne klinische Relevanz.

Elimination

Die Eliminationshalbwertzeit beträgt etwa acht Stunden. Die Elimination erfolgt hauptsächlich renal (90% der angewendeten Dosis) mit einer tubulären Sekretion des unveränderten Wirkstoffs. Nach wiederholter Anwendung ist Milnacipran zwei bis drei Tage nach Beendigung der Behandlung vollständig eliminiert.

Dosierung

Die Dosierungsempfehlung beträgt zweimal täglich 50 mg Milnacipran. Das Arzneimittel ist vorzugsweise mit einer Mahlzeit einzunehmen.

Nebenwirkungen

Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen in klinischen Studien waren Übelkeit und Kopfschmerzen. Weiterhin wurde über Fälle suizidalen Verhaltens und suizidaler Gedanken während der Behandlung mit Milnacipran und unmittelbar nach Beendigung der Behandlung berichtet. In der Postmarketingphase wurden Nebenwirkungen wie die Reaktivierung von Wahnvorstellungen bei psychotischen Patienten oder die Entwicklung einer Manie beobachtet.

Im Vergleich zu trizyklischen Antidepressiva zeigt Milnacipran relativ wenig unerwünschte Wirkungen und ist besser verträglich

Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Anwendung mit folgenden Arzneimitteln kann es unter der Therapie mit Milnacipran zu Wechselwirkungen kommen:

  • Arzneimittel, die das serotonerge Neurotransmittersystem beeinflussen können (z. B. irreversible MAO-Hemmer (Tranylcypromin, Iproniazid), selektive MAO-A-Hemmer (Linezolid, Moclobemid, Methylenblau), Johanniskraut [Hypericum perforatum], Pethidin, Tramadol, die meisten Antidepressiva: Serotonin-Syndrom möglich
  • Irreversible MAO-Hemmer: Zwischen dem Ende der Behandlung mit einem MAO-Hemmer und dem Beginn der Behandlung mit Milnacipran sollten zwei Wochen liegen und zwischen dem Ende der Behandlung mit Milnacipran und dem Beginn der Behandlung mit einem MAO-Hemmer mindestens eine Woche.
  • Alpha- und Beta-Sympathomimetika (i. m. und i. v.): Paroxystische Hypertonie mit möglichen Herzrhythmusstörungen (Hemmung der Wiederaufnahme des Sympathomimetikums in die sympathischen Nervenfasern)
  • Adrenalin (Anwendung am Zahnfleisch und subkutane Anwendung): Schwere Störung des ventrikulären Rhythmus durch Steigerung der kardialen Erregbarkeit. Die Dosierung ist bei Erwachsenen auf z. B. weniger als 0,1 mg Adrenalin in 10 Minuten oder 0,3 mg in einer Stunde zu begrenzen
  • Orale Antikoagulanzien oder Arzneimittel, die Auswirkungen auf die Thrombozytenfunktion haben, z. B. NSAR und Acetylsalicylsäure oder andere Arzneimittel, die das Risiko von Blutungen erhöhen
  • Da das Cytochrom-P450-System nicht am Metabolismus von Milnacipran beteiligt ist, ist nicht mit Interaktionen (z.B. mit Lithium oder Benzodiazepinen) zu rechnen.

Kontraindikation

Für die Anwendung von Milnacipran bestehen folgende Gegenanzeigen:

Schwangerschaft

Aufgrund der unzureichenden Datenlage und des potenziellen Risikos für den Säugling (Absetzerscheinungen oder Serotonintoxizität) empfiehlt sich Milnacipran während der Schwangerschaft nicht anzuwenden.

Stillzeit

Da geringe Mengen von Milnacipran in die Muttermilch übergehen, ist das Stillen unter der Milnacipran-Therapie kontraindiziert.

Verkehrstüchtigkeit

Milnacipran kann die für die Ausführung bestimmter gefährlicher Aufgaben (wie das Bedienen von Maschinen oder das Führen von Fahrzeugen) erforderlichen körperlichen und geistigen Funktionen beeinträchtigen.

Anwendungshinweise

  • Die Wirkung von Milnacipran tritt erst nach ca. 1 bis 3 Wochen ein.
  • Bei Nierenfunktionsstörungen ist eine Dosisanpassung erforderlich.
  • Bei der Anwendung von SNRI besteht vor allem in Kombination mit anderen Arzneistoffen die Gefahr eines Serotonin-Syndroms, das durch Symptome wie Agitation, Tremor und Hyperthermie gekennzeichnet ist.

Alternativen

Neben Milnacipran gehören auch Venlafaxin und Duloxetin zu den selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern. Milnacipran inhibiert im Vergleich zu den anderen Vertretern dieser Gruppe die Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme ungefähr gleich stark. Duloxetin besitzt eine 10-fach größere und Venlafaxin eine 30-fach größere Selektivität für Serotonin.

Ein Vorteil von Milnacipran ist, dass der Wirkstoff nicht über Cytochrom-P450-Enzyme metabolisiert wird und somit ein geringeres Interaktionspotenzial aufweist. Im Gegensatz zu vielen trizyklischen Antidepressiva hat Milnacipran keine Affinität zu α1-Adrenorezeptoren oder Histamin-H1-Rezeptoren.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
246.35 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 8.0 H
Q0-Wert:
0.35
Kindstoff(e):
Autor:
Stand:
10.02.2020
Quelle:
  1. Fachinformation Milnacipran
  2. Medizinische Chemie: Targets, Arzneistoffe, Chemische Biologie, Steinhilber, Schubert-Zsilavecz, Roth 2. Auflage

Abbildung

Adapted from „Selective Serotonin Reuptake Inhibitor (SSRI) Mechanism of Action”, by BioRender.com

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10 Präparate mit Milnacipran