Naloxon

Naloxon wirkt bei Opioidvergiftungen als Antidot. Der Wirkstoff, der zu den reinen Opioid-Antagonisten zählt, kommt auch bei Schmerzmittel-induzierter Atemdepression zum Einsatz.

Anwendung

Der Wirkstoff Naloxon hebt die Effekte von Opioiden auf. Entsprechend wird er als Antidot bei Opioidintoxination eingesetzt – und dazu in der Regel intravenös verabreicht. Auch bei Schmerzmittel-induzierter Atemdepression, wie sie beispielsweise nach Operationen und der Gabe von Opioid-Analgetika vorkommt, kann Naloxon verabreicht werden. Die häufigste Darreichungsform von Naloxon ist demnach eine Injektionslösung, es gibt den Wirkstoff aber auch als Nasenspray oder im Autoinjektor, mit dem subkutan oder intramuskulär injiziert werden kann.

In Kombination mit Oxycodon wird Naloxon auch in Retardtabletten verarbeitet – hierbei hat der Wirkstoff die Aufgabe, die Nebenwirkungen des Opioids im Darm (Verstopfung) aufzuheben. In Tabletten oder Kapseln mit dem opioiden Schmerzmittel Tilidin verhindert Naloxon den Missbrauch von Tilidin als Rauschmittel durch Heroin-Abhängige, da Naloxon die Wirkung von Tilidin bei intravenöser Gabe aufheben würde. Zur Behandlung einer Opioid-Abhängigkeit wird Naloxon mit Buprenorphin kombiniert und dann sublingual (als Tablette unter der Zunge), transdermal (als Pflaster) oder parenteral (als Tablette) verabreicht. Im Folgenden soll es vor allem um den Wirkstoff in Form einer Injektionslösung gehen.

Wirkmechanismus

Das morphinähnliche Naloxon hebt die Wirkung von Opioiden wie Heroin oder Methadon auf, indem es im Körper vor allem an den µ-Rezeptor bindet, sodass dieser blockiert wird. Dies bewirkt, dass die Opioide ihre Wirkung nicht mehr entfalten können und ihre Wirkung – Atemdepression, Dämpfung, Koma – sowie die Intoxikationserscheinungen nachlassen. Wird Naloxon in Abwesenheit von Opioiden injiziert, zeigt es keine Eigenwirkung.

Pharmakokinetik

Nach intravenöser Injektion wirkt Naloxon binnen einer bis zwei Minuten, da es über die Blutbahn rasch im gesamten Körper verteilt wird. Auch die Blut-Hirn-Schranke überwindet der Wirkstoff schnell – acht- bis zehnmal schneller als Morphin. Dies trägt zu seinem prompten Wirkeintritt bei. Wie lange Naloxon wirkt, hängt vom Applikationsort und der Dosis ab, jedoch ist die Wirkdauer vergleichsweise kurz, da die Konzentration im Liquor schnell sinkt und der Wirkstoff in der Leber abgebaut wird. Es gilt eine Wirkdauer von etwa einer bis vier Stunden, die Halbwertszeit beträgt dabei lediglich etwa 70 Minuten. Nur bei Neugeborenen ist sie erst nach 2,5 bis 3,5 Stunden erreicht. Naloxon wird renal ausgeschieden, hauptsächlich in Form seines Metabolits Naloxonglukuronid.

Dosierung

Da Naloxon die Rezeptoren kompetitiv blockiert und seine Halbwertszeit zudem vergleichsweise kurz ist, ist es wichtig, dass der Wirkstoff in einer ausreichend hohen Dosis und – das gilt vor allem bei Opioidintoxination – mehrmals verabreicht wird. Sonst verdrängen die Opioide ihn wieder von den Andockstellen und die Wirkung lässt schnell nach. Für eine Injektionslösung mit Naloxon werden je nach Indikation und Alter des Patienten unterschiedliche Dosierungen empfohlen.

Bei Atemdepression und zentralnervöser Dämpfung

  • Erwachsene: 0,1–0,2 mg intravenös alle zwei bis drei Minuten
  • Kinder: 0,01–0,02 mg/kg Körpergewicht intravenös alle zwei bis drei Minuten
  • ältere Patienten: liegen kardiovaskuläre Erkrankungen vor, ist Vorsicht geboten.

Patienten, die Naloxon bekommen haben, sollten stets gut überwacht werden, da ein Wiederauftreten der Atemdepression möglich ist.

Bei Opioidüberdosierung oder -intoxination

  • Erwachsene: 0,4–2,0 mg intravenös, nach drei Minuten ggf. eine weitere Gabe von 0,4 mg alle zwei bis drei Minuten (Wichtig: Haben insgesamt 10 mg nicht die gewünschte Wirkung erreicht, sollte die Diagnose infrage gestellt werden!)
  • Kinder: 0,01 mg/kg Körpergewicht intravenös oder intramuskulär, nach drei Minuten ggf. eine weitere Gabe.

Bei Neugeborenen

Hat die Mutter Opioide erhalten, kann das Neugeborene mit Naloxon behandelt werden, um deren Wirkung aufzuheben. Die empfohlene Dosis beträgt dann 0,01 mg/kg Körpergewicht, ggf. mit einer Wiederholung nach drei bis fünf Minuten.

Bei Überdosierung

Eine Überdosis wird in der Regel gut vertragen, es ist jedoch zu beachten, dass Naloxon immer auch die Schmerzfreiheit der Opioide rasch aufhebt und bei abhängigen Menschen zu einem akuten Entzugssyndrom führen kann.

Nebenwirkungen

Obwohl Naloxon an die Opioid-Rezeptoren bindet, verursacht sein Einsatz keine Abhängigkeit beim Patienten – weder physisch noch psychisch. Auch zu einer Toleranzentwicklung kommt es nicht. Dennoch können unerwünschte Wirkungen auftreten. Die häufigsten Nebenwirkungen von Naloxon sind Schwindel, Benommenheit, Tremor, Hypertonie, Schwitzen, Übelkeit und Erbrechen. Im Folgenden sind die Nebenwirkungen nach ihrer Häufigkeit aufgeführt.

Sehr häufig:

  • Übelkeit.

Häufig:

  • Schwindel
  • Kopfschmerzen
  • Tachykardie
  • Hypotonie
  • Hypertonie
  • Erbrechen
  • postoperative Schmerzen.

Gelegentlich:

  • Tremor
  • Schwitzen
  • Arrhythmien
  • Bradykardie
  • Diarrhoe
  • Mundtrockenheit
  • Hyperventilation
  • Reizung der Gefäßwand
  • lokale Reizung
  • lokale Entzündung.

Selten:

  • Krampfanfälle
  • Nervosität
  • Kammerflimmern
  • Herzstillstand.

Sehr selten:

  • allergische Reaktionen
  • anaphylaktischer Schock
  • Lungenödem
  • Erythema multiforme.

Naloxon hebt nicht nur die Nebenwirkungen, sondern auch die erwünschten Wirkungen von Opioiden auf – also auch die Schmerzlinderung.

Wechselwirkungen

Die Wechselwirkungen von Naloxon sind begrenzt und bei der üblichen Dosierung treten keine Wechselwirkungen zwischen Naloxon und Barbituraten oder Beruhigungsmitteln auf. Jedoch sind folgende

Hinweise in diesem Zusammenhang wichtig:

  • Bei gleichzeitigem Konsum von Alkohol kann die Wirkung von Naloxon verzögert sein, was jedoch nicht auf alle Patienten zutrifft.
  • Bei Patienten mit Atemdepression durch eine Überdosis Clonidin kann es zu schwerer Hypertonie kommen.

Kontraindikation

Bei Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff darf Naloxon nicht injiziert werden. Vorsicht ist bei einer bestehenden Opioidabhängigkeit geboten. Dann kann durch den Einsatz von Naloxon ein akutes Entzugssyndrom ausgelöst werden.

Schwangerschaft/Stillzeit

Naloxon scheint keine teratogene Wirkung zu haben. Dennoch sollte es in der Schwangerschaft nur eingesetzt werden, wenn es unerlässlich ist. Bei Neugeborenen kann der Wirkstoff zu Entzugssymptomen führen.

Da unklar ist, ob Naloxon in die Muttermilch übergeht, sollte es bei stillenden Müttern nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko zum Einsatz kommen.

Verkehrstüchtigkeit

Die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit, Maschinen zu bedienen, wird durch Naloxon nicht beeinträchtigt. Wer den Wirkstoff jedoch bekommt, um Opioide zu antagonisieren, darf für mindestens 24 Stunden nicht am Straßenverkehr teilnehmen oder gefährliche Maschinen bedienen.

Weitere Details zu diesem Wirkstoff können Sie der jeweiligen Fachinformation entnehmen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
327.37 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 1.2 H
Q0-Wert:
1.0
Autor:
Stand:
24.01.2019
Quelle:
  1. „Taschenatlas Pharmakologie“, Thieme Verlag, 7. Auflage 2014
     
  2. „Checkliste Arzneimittel A–Z“, Thieme Verlag, 7. Auflage 2017
     
  3. Fachinformation Naloxon-ratiopharm® 0,4 mg/ml Injektionslösung
     
  4. Fachinformation Tilidin-N Sandoz® Retardtabletten
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