Natriumzirconiumhydrogencyclohexasilicat-Hydrat (3:2:1:1:x)

Natriumzirconiumcyclosilicat ist ein anorganischer Kationenaustauscher, der zur Behandlung einer Hyperkaliämie angewendet wird. Das Arzneimittel ist als Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen verfügbar.

Anwendung

Natriumzirconiumhydrogencyclohexasilicat-Hydrat (3:2:1:1:x), kurz Natriumzirconiumcyclosilicat, wird zur Therapie einer Hyperkaliämie (Serumkaliumspiegel >5,0 mmol/l) bei Erwachsenen angewendet. Der Wirkstoff ist dabei insbesondere während der ersten (akuten) Behandlung wirksam.

Anwendungsart

Der Wirkstoff ist als Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen in 5 g und 10 g Beuteln erhältlich und kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Der Inhalt eines Beutels sollte vor der Einnahme in ein Glas mit etwa 45 ml Wasser gegeben und gut umgerührt werden. Es entsteht eine trübe Suspension, die getrunken werden sollte, solange sich noch kein Pulver abgesetzt hat. Dabei sollte sichergestellt werden, dass der gesamte Inhalt eingenommen wird.

Wirkmechanismus

Natriumzirconiumcyclosilicat ist eine nicht polymere, anorganische Substanz mit gleichmäßiger mikroporöser Struktur, die nicht resorbiert wird. Der Wirkstoff fungiert als Kationenaustauscher. Im gesamten Gastrointestinaltrakt werden durch Natriumzirconiumcyclosilicat Kalium-Kationen im Austausch gegen Wasserstoff- und Natrium-Kationen aufgenommen. Auf diese Weise wird der Kaliumspiegel im Serum gesenkt und die Kaliumausscheidung im Stuhl erhöht, um eine Hyperkaliämie zu behandeln.

Eine Hyperkaliämie ist bei Patienten mit Herzinsuffizienz, chronischer Nierenerkrankung oder Diabetes mit einer erhöhten Mortalität assoziiert und limitiert die Einnahme von Arzneimitteln mit Wirkung auf das RAAS (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System). Bei Dialysepatienten kommt es aufgrund der verringerten renalen Kaliumausscheidung häufig zu einer persistierenden prädialytischen Hyperkaliämie.

Pharmakokinetik

Resorption

Natriumzirconiumcyclosilicat ist unlöslich und wird nicht systemisch resorbiert. Eine Senkung der Kaliumspiegel kann nach einer Stunde erfolgen, eine Normokaliämie wird in der Regel nach 24 bis 48 Stunden erreicht.

Metabolismus (Biotransformation)

Der Wirkstoff unterliegt keinem Enzymstoffwechsel.

Elimination

Die Elimination von Natriumzirconiumcyclosilicat erfolgt über den Stuhl.

Dosierung

Natriumzirconiumcyclosilicat wird in Korrektur- und Erhaltungsphase sowie bei dialysepflichtigen Patienten unterschiedlich dosiert.

Korrekturphase

In der Korrekturphase einer Hyperkaliämie werden zu Anfang dreimal täglich 10 g der Suspension eingenommen. Üblicherweise wird eine Normokaliämie (3,5-5,0 mmol/l) nach 24 bis 48 Stunden erreicht. Ist dies nach 48 Stunden nicht der Fall, kann die Einnahme entsprechend des genannten Dosierschemas einmal wiederholt werden. Tritt nach 72 Stunden keine Besserung ein, sollte eine andere Therapie in Betracht gezogen werden.

Prophylaxe

Die empfohlene Dosierung zur Prophylaxe einer erneuten Hyperkaliämie (Erhaltungsphase) beträgt 5 g Natriumzirconiumcyclosilicat einmal täglich. Die Dosis sollte so gering wie möglich eingestellt werden und nicht unter 5 g jeden zweiten Tag bzw. nicht über 10 g einmal täglich liegen.

Dialysepatienten

Bei dialysepflichtigen Patienten sollte Natriumzirconiumcyclosilicat nur an Tagen ohne Dialyse gegeben werden. Die empfohlene Initialdosis beträgt 5 g einmal täglich. Basierend auf dem prädialytischen Serumkaliumwert gemessen nach dem langen interdialytischen Intervall (LIDI), kann die Dosis wöchentlich herauf- und herabtitriert werden, um eine Normokaliämie zu erreichen. Die Dosis kann gegebenenfalls in Intervallen von einer Woche an Tagen ohne Dialyse in Schritten von 5 g bis auf 15 g einmal täglich angepasst werden.

Nebenwirkungen

Bei der Behandlung mit Natriumzirconiumcyclosilicat können die folgenden Nebenwirkungen häufig (≥1/100 bis <1/10) auftreten.

  • Hypokaliämie (Serumkalium <3,5 mmol/l)
  • Ereignisse im Zusammenhang mit Ödemen

Wechselwirkungen

Natriumzirconiumcyclosilicat wird vom Körper weder resorbiert noch metabolisiert, sodass keine Auswirkungen anderer Arzneimittel auf seine pharmakologische Wirkung zu erwarten sind.

Allerdings hat der Wirkstoff begrenzte Auswirkungen auf andere Arzneimittel. Aufgrund der Resorption von Wasserstoffionen kann es unter der Behandlung mit Natriumzirconiumcyclosilicat zu einer vorübergehenden Erhöhung des Magen-pH-Wertes kommen. Dies kann die Bioverfügbarkeit verschiedener Arzneistoffe beeinflussen. Daher sollte zwischen der Einnahme von Natriumzirconiumcyclosilicat und Arzneimitteln, die eine pH-abhängige Bioverfügbarkeit aufweisen ein Abstand von zwei Stunden liegen. Zu diesen Arzneimitteln zählen beispielsweise:

Kontraindikation

Die Einnahme von Natriumzirconiumcyclosilicat ist bei einer Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff kontraindiziert.

Schwangerschaft/Stillzeit

Schwangerschaft

Es liegen bisher keine Erfahrung mit der Anwendung von Natriumzirconiumcyclosilicat in der Schwangerschaft vor. In Tierstudien konnten keine Hinweise auf direkt oder indirekt schädliche Auswirkungen in Bezug auf eine Reproduktionstoxizität gefunden werden. Aus Vorsicht sollte eine Anwendung von Natriumzirconiumcyclosilicat in der Schwangerschaft vermieden werden.

Stillzeit

Aufgrund seiner physikalisch-chemischen Eigenschaften wird Natriumzirconiumcyclosilicat nicht systemisch resorbiert und ein Übergang in die Muttermilch ist nicht zu erwarten. In einer postnatalen Studie an Ratten hatte eine mütterliche Exposition mit Natriumzirconiumcyclosilicat keine Auswirkungen auf die postnatale Entwicklung. Daher sind Wirkungen auf den Säugling nicht zu erwarten, da die systemische Natriumzirconiumcyclosilicat-Konzentration bei der stillenden Mutter vernachlässigbar ist. Natriumzirconiumcyclosilicat kann während der Stillzeitangewendet werden.

Verkehrstüchtigkeit

Natriumzirconiumcyclosilicat hat keinen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.

Anwendungshinweise

Der Wirkstoff hat keine Auswirkungen auf die Calcium- oder Magnesiumkonzentrationen sowie die Natriumausscheidung über den Harn.

Überwachung des Serumkaliums

Es wird empfohlen die Serumkaliumspiegel zu überwachen, wenn dies klinisch indiziert ist. Beispielswiese sollte bei Dialysepatienten während der Dosisanpassung eine wöchentliche Kontrolle durchgeführt werden. Zudem sind die Kaliumspiegel nach Umstellung von Arzneimitteln mit Auswirkung auf die Kaliumkonzentration (ACE-Hemmer oder andere Wirkstoffe mit Auswirkung auf das RAAS, Diuretika) und nach Titration der Dosis zu überwachen.

QT-Zeit-Verlängerung

Während der Normalisierungsphase der Hyperkaliämie-Behandlung kann eine Verlängerung des QT-Intervalls als physiologische Folge der Senkung der Kaliumkonzentration im Serum beobachtet werden.

Intestinale Perforation

Es wurden Fälle von intestinaler Perforation unter Polymeren, die im Verdauungstrakt wirken, gemeldet. Derzeit ist ein Risiko für eine intestinale Perforation bei Anwendung von Natriumzirconiumcyclosilicat nicht bekannt. Anzeichen und Symptomen, die mit einer intestinalen Perforation in Zusammenhang stehen könnten, sollten besondere Aufmerksamkeit erhalten.

Wechselwirkungen bei Röntgenuntersuchungen

Natriumzirconiumcyclosilicat kann zu Röntgenopazität führen. Dies sollte Falls bei einer abdominalen Röntgenuntersuchung vom Radiologen beachtet werden.

Alternativen

Es wird bei der Behandlung zwischen einer akuten und chronischen Hyperkaliämie unterschieden.

Akute Hyperkaliämie

Eine akute Hyperkaliämie erfordert die Einweisung in ein Krankenhaus mit Möglichkeit der Hämodialyse. Bei starken EKG-Veränderungen kann das kardiale Membranpotential mit Calciumgluconat i.v. stabilisiert werden. Glucose und Insulin sowie vernebeltes Salbutamol sorgen für eine Umverteilung des Kaliums in die Zellen. Daran anschließend sollte eine Kaliumelimination mit nichtkaliumsparenden Diuretika wie Thiaziden oder Schleifendiuretika erfolgen. Bei vital gefährdeten Patienten, insbesondere bei Anurie oder schwerer Niereninsuffizienz, ist die notfallmäßige Hämodialyse Therapie der Wahl.

Chronische Hyperkaliämie

Eine chronische Hyperkaliämie wird zunächst durch Ernährungsumstellung auf kaliumarme Kost und Nutzen-Risiko-Überprüfung der Medikation eingeleitet. Unterstützend kann der orale Kaliumbinder Patiromer gegeben werden. Dabei handelt es sich um ein Polymer, das im Darm Kalium im Austausch gegen Calcium-Ionen bindet. Die Wirkung setzt mit etwa 7 Stunden deutlich später als bei Natriumzirconiumcyclosilicat ein. Andere orale Kaliumbinder wie Polystyrolsulfonate sollten aufgrund fehlender Evidenz vermieden werden.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Autor:
Stand:
14.07.2021
Quelle:

EMA: Fachinformation Lokelma
EMA: Zusammenfassung des EPAR für die Öffentlichkeit – Lokelma
AkdÄ: Zieschang, Übersichtsarbeit – Hyperkaliämie im Praxisalltag (2018)

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