Nitrofurantoin

Nitrofurantoin ist ein Chemotherapeutikum aus der Wirkstoffgruppe der Nitrofuran-Antibiotika und wird in der Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfektionen und Blaseninfektionen bei Erwachsenen angewendet.

Nitrofurantoin

Anwendung

Nitrofurantoin wird angewendet zur Behandlung einer akuten, unkomplizierten Zystitis (verursacht durch Nitrofurantoin-empfindliche Erreger).

Anwendungsart

Nitrofurantoin ist in Form von Tabletten und Hartkapseln auf dem deutschen Markt verfügbar.

Wirkmechanismus

Nitrofurantoin ist ein Prodrug und wird in Bakterien durch Nitroreduktasen zu reaktiven Metaboliten reduziert. Diese Reduktionsmetaboliten führen dann durch Adduktbildung mit der DNA zu Strangbrüchen und hemmen zahlreiche Stoffwechselaktivitäten durch Elektronenentzug.


Nitrofurantoin bekämpft erfolgreich Erreger wie Enterokokken, Staphylokokken, Escherichia coli oder andere Enterobakterien, die für Harnwegsinfekte typisch sind. Das Risiko für Resistenzbildungen gilt als relativ niedrig da die Angriffspunkte des Wirkstoffs so vielfältig sind. Eine Ausnahme bilden Providencia, Pseudomonas aeruginosa und Proteus, die eine natürliche Resistenz gegen Nitrofurantoin besitzen.

Pharmakokinetik

Resorption

Nach oraler Einnahme wird Nitrofurantoin rasch und nahezu vollständig resorbiert. Maximale Urinkonzentrationen werden 4 bis 5 Stunden nach oraler Einnahme von 100 mg Nitrofurantoin erreicht. Die Verwendung von makrokristallinem Nitrofurantoin verzögert die Resorption und verhindert so hohe Initialkonzentrationen im Serum wodurch ZNS-Nebenwirkungen abnehmen. Die Konzentration im Urin beträgt bei normaler Nierenfunktion 50 bis 250 μg/ml. Bei eingeschränkter Nierenfunktion nehmen die Urinspiegel ab und die Serumkonzentrationen steigen an.

Verteilung

Nitrofurantoin wird in alle Gewebe und Körperflüssigkeiten, auch Muttermilch und Plazenta verteilt. Die Serum- und Gewebespiegel sind gering und liegen unter der minimalen Hemmkonzentration. Dies ist im Wesentlichen durch eine enzymatische Inaktivierung in diesen Kompartimenten bedingt. Antibakteriell wirksame Konzentrationen werden nur im Urin erreicht. Die Eiweißbindung liegt bei 50 bis 90 Prozent.

Biotransformation

Der Anteil der aktiven Substanz beträgt 35 bis 45 Prozent im Urin, der von inaktiven Metaboliten 45 bis 50 Prozent. Die Metaboliten können eine Braunfärbung des Urins verursachen.

Elimination

Nitrofurantoin wird sehr rasch aus dem Körper eliminiert. Bei normaler Nierenfunktion liegt die Eliminationshalbwertszeit aus dem Plasma zwischen 20 und 90 Minuten. Die Ausscheidung erfolgt zum größten Teil renal. 20 Prozent der aktiven Substanz werden durch glomeruläre Filtration und ca. 80 Prozent durch tubuläre Sekretion eliminiert. Bei Nierenfunktionsstörungen sinkt die Ausscheidung von Nitrofurantoin, so dass im Urin unter Umständen keine bakteriostatischen Konzentrationen erzielt werden können. Durch die Kumulation wird die Gefahr der Nebenwirkungen erhöht.

Dosierung

Bei der Akuttherapie der unkomplizierten Zystitis beträgt die Anwendungsdauer von Nitrofurantoin 5 bis 7 Tage (max. 7 Tage) mit einer Tagesdosis von 3-5 mg/kg KG.

Nebenwirkungen

Sehr häufig (≥ 1/10) sind unter der Behandlung mit Nitrofurantoin folgende Nebenwirkungen beschrieben worden:

  • Schwindel
  • Ataxie
  • Nystagmus
  • Allergische Reaktionen: Arzneimittelfieber, Pruritus, urtikarielle Hautveränderungen, angioneurotisches Ödem

Wechselwirkungen

Für die Anwendung von Nitrofurantoin bestehen folgende Wechselwirkungen:

  • Antazida auf der Basis von Magnesium- oder Aluminiumsalzen ► Resorption von Nitrofurantoin vermindert
  • Metoclopramid ► Resorption von Nitrofurantoin vermindert
  • Atropin und Propanthelin ► Resorption und Elimination von Nitrofurantoin wird verzögert, die Bioverfügbarkeit und die Wiederauffindungsrate im Harn erhöht
  • Harnalkalisierende Stoffe ► Wirksamkeit von Nitrofurantoin wird vermindert
  • Harnansäuernde Stoffe ► Wirksamkeit von Nitrofurantoin wird erhöht
  • Probenecid und Sulfinpyrazon ► Kumulation von Nitrofurantoin durch Hemmung der Nitrofurantoinausscheidung
  • Chinolone ► In vitro antagonisiert Nitrofurantoin die Wirksamkeit von Chinolonen. Eine gleichzeitige Gabe sollte deshalb vermieden werden.
  • Phenytoin ► Möglicherweise besteht eine Interaktion. Eine Kontrolle des Phenytoinspiegels ist deshalb erforderlich.
  • Nitrofurantoin kann zu Erbrechen und Durchfall führen ► Die Wirksamkeit anderer eingenommener Arzneimittel, wie z. B. oraler Kontrazeptiva kann deshalb beeinträchtigt werden.

Kontraindikation

Nitrofurantoin unter folgenden Umständen nicht angewendet werden:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und andere Nitrofurane
  • Niereninsuffizienz jeden Grades
  • Oligurie
  • Anurie
  • pathologische Leberenzymwerte
  • Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (Symptom: hämolytische Anämie)
  • Polyneuropathien
  • Schwangerschaft im letzten Trimenon
  • Frühgeborene und Säuglinge bis Ende des 3. Lebensmonats (wegen Gefahr der hämolytischen Anämie)

Schwangerschaft/Stillzeit

Es liegen keine ausreichenden Daten für die Verwendung von Nitrofurantoin in der Schwangerschaft vor. Nitrofurantoin passiert die Plazentaschranke. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Nitrofurantoin soll deshalb in der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn dies absolut erforderlich ist. Die Anwendung von Nitrofurantoin während des letzten Trimenons ist wegen der Gefahr einer hämolytischen Anämie beim Neugeborenen kontraindiziert.

Nitrofurantoin geht in die Muttermilch über und darf in der Stillzeit nicht angewendet werden, es sei denn es ist eindeutig erforderlich.
 

Verkehrstüchtigkeit

Durch Nebenwirkungen wie Schwindel, Ataxie oder Nystagmus kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinflusst werden.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Anwendungshinweise

Lungenreaktionen

Unter der Anwendung von Nitrofurantoin wurden akute, subakute oder chronische Lungenreaktionen beobachtet. Bei Lungenreaktionen wie Atemnot, Husten, Lungeninfiltrationen oder Fieber, ist die Therapie sofort abzubrechen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Chronische Lungenreaktionen (diffuse interstitielle Pneumonitis sowie Lungenfibrose) können sich schleichend entwickeln. Die Häufigkeit und Schwere dieser Reaktionen nimmt mit der Dauer der Anwendung zu. Nitrofurantoin sollte nicht länger als 6 Monate angewendet werden.

Alternativen

Die empfohlene Antibiotikatherapie richtet sich nach der Art der unkomplizierten Harnwegsinfektion (Zystitis, Pyelonephritis) und nach der Patientengruppe.

Bei Hinweisen auf das Vorliegen einer Infektion mit multiresistenten Erregern sind individuelle Abwägungen (z.B. Wahl eines Reserveantibiotikums) erforderlich.

Bei einer akuten unkomplizierten Harnwegsinfektion sind folgende Alternativen denkbar:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
238.16 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 1.0 H
Q0-Wert:
0.5
Kindstoff(e):
Quelle:
  1. Fachinformation Uro-Tablinen
  2. Medizinische Chemie, Steinhilber
  3. AWMF Leitlinien Harnwegsinfektionen
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7 Präparate mit Nitrofurantoin