Odevixibat
Odevixibat ist der erste zugelassene Wirkstoff zur Behandlung aller Formen der progressiven familiären intrahepatischen Cholestase, einer Gruppe erblich bedingter Lebererkrankungen, bei denen Gendefekte unterschiedlicher Membrantransportproteine der Leberzellen zu einer gestörten Galleproduktion und Gallensäureexkretion führen.
Odevixibat: Übersicht

Anwendung
Odevixibat ist ein potenter, nicht-systemischer ilealer Gallensäuretransport-Inhibitor (ileal bile acid transport inhibitor, IBATi), der für die Behandlung der progressiven familiären intrahepatischen Cholestase (PFIC) bei Patienten ab einem Alter von 6 Monaten indiziert ist.
Progressive familiäre intrahepatische Cholestase
Typisch für cholestatische Lebererkrankungen ist die Ansammlung von Gallenbestandteilen infolge einer gestörten Gallenbildung und/oder des Gallenflusses, wobei Leberschäden, Entzündungen und Fibrose hauptsächlich durch die Retention von Gallensäure ausgelöst werden. Zu den Symptomen können Juckreiz, Müdigkeit und Ikterus gehören, mit einer Progression zu einer Lebererkrankung im Endstadium, die in vielen Fällen eine Lebertransplantation erfordert. Es können auch asymptomatische Fälle auftreten, die oft durch erhöhte Werte bestimmter Leberenzyme bei routinemäßigen Laboruntersuchungen oder Tests auf eine andere Erkrankung identifiziert werden.
Es werden drei Typen der progressiven familiären intrahepatischen Cholestase (PFIC) unterschieden:
- Typ 1 (auch als Morbus Byler bekannt)
- Typ 2 (klinisch und laborchemisch nicht vom Typ 1 zu unterscheiden). Wurde zuerst bei arabischen Familien beschrieben. Charakteristisch sind bei beiden Typen neben der familiären Häufung hohe Konzentrationen von Gallensäuren im Blut bei niedriger bis normaler Aktivität von dem Enzym Gammaglutamyltranspeptidase (γGT).
- Typ 3 weist ebenfalls hohe Konzentrationen von Gallensäuren im Blut auf, jedoch im Gegensatz zu den Typen 1 und 2 auch eine erhöhte γGT.
Allen drei Typen liegen Gendefekte unterschiedlicher Membrantransportproteine der Leberzellen zugrunde, die zu einer gestörten Galleproduktion und Gallensäureexkretion mit der Folge einer Gallestauung (Cholestase-Syndrom) führen.
Wirkmechanismus
Odevixibat ist ein reversibler, starker, selektiver Inhibitor des ilealen Gallensäuretransporters (IBAT), der lokal im Dünndarm zur Wirkung kommt. IBAT ist normalerweise für die Rückresorption von ca. 95% der Gallensäuren verantwortlich. Durch die Bindung von Odevixibat an diesen Transporter wird die Rückresorption der Gallensäuren ins Blut und in die Leber gestoppt.
Pharmakokinetik
Resorption
- Odevixibat wird nach oraler Gabe nur minimal resorbiert.
- Eine orale Einzeldosis von 7,2 mg Odevixibat bei Erwachsenen erreicht eine Cmax von 0,47 ng/ml, mit einer AUC0-24h von 2,19 h*ng/ml.
Verteilung
- Aufgrund der geringen systemischen Resorption von Odevixibat konnten Plasmaproteinbindungsstudien in vivo nicht durchgeführt werden.
- Odevixibat weist in vitro eine Proteinbindung von >99% auf.
Metabolismus
- Odevixibat wird größtenteils nicht metabolisiert, jedoch erfährt eine kleine Menge in vitro eine Monohydroxylierung.
- Die genaue Struktur des Metaboliten wurde nicht charakterisiert.
Elimination
- Odevixibat wird zu 82,9% im Stuhl und < 0,002% im Urin wiedergefunden.
- Die im Stuhl wiedergefundene Dosis beträgt 97% der unveränderten Ausgangsverbindung.
- Eine orale Dosis von 7,2 mg Odevixibat hat bei Erwachsenen eine mittlere Halbwertszeit von 2,36 Stunden.
- Bei der Mehrheit der erwachsenen und pädiatrischen Patienten, die eine therapeutische Dosis erhalten, kann keine nachweisbare Plasmakonzentration von Odevixibat ermittelt werden. Daher wurde die Clearance nicht berechnet.
Dosierung
Die empfohlene Dosierung beträgt 40 µg/kg einmal täglich, oral morgens, mit oder ohne Nahrung. Die Dosis kann auf 120 µg/kg/Tag erhöht werden, wenn nach 3 Monaten kontinuierlicher Therapie mit Odevixibat kein ausreichendes klinisches Ansprechen erreicht wurde. Die maximale Tagesdosis von Odevixibat beträgt 7,2 mg pro Tag.
Nebenwirkungen
Die häufigste Nebenwirkung unter der Anwendung von Odevixibat ist Diarrhö, die in 7% der Fälle auftritt. Darüber hinaus kann es zu Abdominalschmerz‚ hämorrhagischer Diarrhö, weichem Stuhl oder Hepatomegalie kommen.
Wechselwirkungen
Odevixibat ist ein P-Glykoprotein-Substrat; seine Exposition kann daher bei gleichzeitiger Anwendung mit dem starken P-Glykoprotein-Inhibitor Itraconazol zunehmen. Diese Wechselwirkung wurde allerdings als nicht klinisch relevant eingestuft.
Obwohl Odevixibat ein CYP3A4/5-Inhibitor ist, verändert der Wirkstoff die Exposition gegenüber dem CYP3A4-Substrat Midazolam oder seinem 1-Hydroxy-Metaboliten in keinem klinisch relevanten Ausmaß.
In klinischen Studien wurden bei einigen Patienten unter Odevixibat reduzierte Spiegel fettlöslicher Vitamine beobachtet, weshalb die Spiegel fettlöslicher Vitamine unter der Therapie überwacht werden sollten. In ähnlicher Weise kann Odevixibat die Aufnahme von lipophilen oralen Kontrazeptiva oder anderen fettlöslichen Medikamenten beeinträchtigen.
Odevixibat kann durch Gallensäurebinder im Darm gebunden werden; daher wird eine zeitlich versetzte Einnahme zu diesen Verbindungen empfohlen.
Kontraindikationen
Odevixibat darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der genannten sonstigen Bestandteile.
Anwendungshinweise
Da die Wirkung von Odevixibat von einem intakten enterohepatischen Kreislauf von Gallensäuren und dem Gallensalztransport in die Gallenkanälchen abhängt, können Zustände, Medikamente oder chirurgische Eingriffe, die entweder die gastrointestinale Motilität oder den enterohepatischen Kreislauf der Gallensäuren beeinträchtigen, einschließlich des Transports der Gallensalze in die Gallenkanälchen, die Wirksamkeit von Odevixibat reduzieren.
- Deeks, E.D. Odevixibat: First Approval. Drugs (2021)
- EMA: Fachinformation Bylvay