Osilodrostat
Der Wirkstoff Osilodrostat ist eine neue Therapieoption für Patienten mit endogenem Cushing-Syndrom. Der Cortisol-Synthesehemmer kontrolliert und normalisiert erhöhte Cortisolspiegel.
Osilodrostat: Übersicht

Anwendung
Der Wirkstoff Osilodrostat wird angewendet zur Behandlung des endogenen Cushing-Syndroms, einer seltenen Erkrankung, die durch eine Überproduktion des Nebennierenrinden-Hormons Cortisol gekennzeichnet ist.
Anwendungsart
Osilodrostat ist unter dem Handelsnamen Isturisa seit Juli 2020 in Deutschland verfügbar und als 1-, 5- und 10-mg-Filmtabletten zur oralen Anwendung erhältlich.
Wirkmechanismus
Osilodrostat ist ein Cortisol-Synthesehemmer und wirkt durch Hemmung der 11-beta-Hydroxylase (CYP11B1), die für den letzten Schritt der Cortisolbiosynthese in der Nebenniere verantwortlich ist. Isturisa soll einen erhöhten Cortisolspiegel kontrollieren oder normalisieren. Osilodrostat wirkt ähnlich wie der Steroid-11-beta-Hydroxylasehemmer Metyrapon, besitzt allerdings eine vergleichsweise längere Halbwertszeit und muss deshalb nur zweimal täglich anstatt viermal eingenommen werden.
Pharmakokinetik
Resorption
Osilodrostat wird nach oraler Anwendung mit einer tmax von ca. 1 h schnell und nahezu vollständig resorbiert. Der Steady State wird am zweiten Tag erreicht. Die Resorption wird nicht in klinisch relevantem Maße durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme beeinflusst. Für den Dosisbereich von 2 bis 30mg wurde eine Akkumulationsrate von 1,3 geschätzt.
Verteilung
Das mediane scheinbare Verteilungsvolumen (Vz/F) von Osilodrostat beträgt ca. 100 Liter. Die Proteinbindung von Osilodrostat und seinem Hauptmetaboliten M34.5 ist gering (<40 %) und konzentrationsunabhängig. Das Verhältnis von Blut- zu Plasmakonzentration von Osilodrostat beträgt 0,85.
Osilodrostat ist kein Substrat für die OATP-1B1- oder OATP1B3Transportsysteme.
Biotransformation
In einer ADME-Studie, in der gesunde Probanden eine Einzeldosis von 50 mg [14C]-Osilodrostat erhielten, wurde der Metabolismus als die wichtigste Form der Clearance von Osilodrostat eingestuft, da ~80% der Dosis als Metaboliten ausgeschieden wurden. Die drei Hauptmetaboliten im Plasma (M34.5, M16.5 und M24.9) machten 51%, 9% bzw.7% der Dosis aus. Sowohl M34.5 als auch M24.9 haben längere Halbwertszeiten als Osilodrostat, so dass bei zweimal täglicher Anwendung eine gewisse Akkumulation zu erwarten ist.
Im Urin wurden 13 Metaboliten identifiziert. Die drei Hauptmetaboliten waren M16.5, M22 (ein M34.5-Glucuronid) und M24.9 mit 17%, 13% bzw. 11% der Dosis.
Die Bildung des Hauptmetaboliten im Urin, M16.5 (direktes N-Glucuronid), wurde durch UGT1A4, 2B7 und 2B10 katalysiert. Weniger als 1% der Dosis wurde als M34.5 (dioxygeniertes Osilodrostat) über den Urin ausgeschieden, jedoch 13% der Dosis wurden als M22 (M34.5-Glucuronid) identifiziert. Die Bildung von M34.5 erfolgte nicht CYP-vermittelt. Mehrere CYP-Enzyme und UDP-Glucuronosyltransferasen tragen zur Metabolisierung von Osilodrostat bei, wobei kein einzelnes Enzym zu mehr als 25 % der Gesamt-Clearance beiträgt. Die wichtigsten an der Metabolisierung von Osilodrostat beteiligten CYP-Enzyme sind CYP3A4, 2B6 und 2D6.Der Gesamtbeitrag von CYP lag bei 26 %,der Gesamtbeitrag von UGT bei 19 %, und die nicht CYP- und nicht UGT-vermittelte Metabolisierung trug zu ~50 % zur Gesamt-Clearance bei.
Osilodrostat zeigte außerdem eine hohe intrinsische Permeabilität, ein niedriges Efflux-Verhältnis und einen mäßigen Einfluss von Inhibitoren auf das Efflux-Verhältnis in vitro. Dies deutet darauf hin, dass das Potenzial für klinische Wechselwirkungen mit gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln, die Transporter oder ein einzelnes CYP- oder UGT-Enzym hemmen, gering ist. In-vitro-Daten deuten darauf hin, dass die Metaboliten nicht zur pharmakologischen Wirkung von Osilodrostat beitragen.
Elimination
Die Eliminationshalbwertszeit von Osilodrostat beträgt ca. 4 Stunden. In einer ADME-Studie wurde der Großteil (91 %) der radioaktiven Osilodrostat-Dosisüber den Urin und nur ein geringer Teil über den Stuhl (1,6 % der Dosis) ausgeschieden.
Linearität/Nicht-Linearität
Über den therapeutischen Dosisbereich stieg die Exposition (AUCinf und Cmax) mehr als dosisproportional an.
Dosierung
Die empfohlene Anfangsdosis beträgt zweimal täglich 2 mg Osilodrostat. Die Dosis kann schrittweise (entsprechend dem Cortisolspiegel) bis zu einer maximalen Dosis von 30 mg zweimal täglich erhöht werden. Die Dosis sollte reduziert oder die Behandlung vorübergehend abgebrochen werden, wenn Nebenwirkungen auftreten.
Nebenwirkungen
Die am häufigsten in klinischen Studien beobachteten Nebenwirkungen waren Magen-Darm-Erkrankungen, Erschöpfung, Kopfschmerzen und Ödeme. Die schwerwiegendste häufige Nebenwirkung in klinischen Studien war eine Nebenniereninsuffizienz.
Wechselwirkungen
Bei der Anwendung von Osilodrostat sind folgende Arzneimittel-Wechselwirkungen zu beachten:
- Wirkstoffe, die das QT-Intervall beeinflussen, können bei Patienten unter Isturisa mit bekannten Herzrhythmusstörungen zu einer QT-Verlängerung führen.
- Starke Enzyminhibitoren und -Induktoren
Da Osilodrostat und sein Hauptmetabolit M34.5 mehrere Enzyme und Transporter hemmen und / oder induzieren können, ist allgemeine Vorsicht geboten, wenn Osilodrostat zusammen mit Enzym- oder Transportersubstraten mit einer engen therapeutischen Breite verabreicht wird.
In einer kleinen Studie (n=20) an gesunden Probanden, die 50 mg Osilodrostat erhielten wurde festgestellt, dass Osilodrostat ein milder Inhibitor von CYP2D6 und CYP3A4 / 5, ein milder bis mäßiger Inhibitor von CYP2C19 und ein moderater Inhibitor von CYP2D6 und CYP1A2 ist.
Kontraindikation
Osilodrostat darf nicht bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder der genannten sonstigen Bestandteile angewendet werden.
Schwangerschaft/Stillzeit
Bisher liegen keine oder nur sehr begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Osilodrostat bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt, weshalb eine Anwendung während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebär-fähigen Alter, die nicht verhüten, nicht empfohlen wird.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Osilodrostat oderseine Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Da ein Risiko für das Neugeborene/Kind nicht ausgeschlossen werden kann, soll das Stillen während der Behandlung und für mindestens eine Woche nach der Behandlung unterbrochen werden.
Verkehrstüchtigkeit
Osilodrostat kann einen geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen haben. Patienten sollten deshalb darauf hingewiesen werden, dass unter der Anwendung Schwindel und Ermüdung auftreten können und diese Symptome das Führen von Fahrzeugen und das Bedienen von Maschinen beeinträchtigen.
Hinweise
Studienlage
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Osilodrostat bei Patienten mit Morbus Cushing wurde in einer prospektiven Phase-III-Studie (NCT02180217) bewertet. Zu den Zulassungskriterien gehörten Morbus Cushing und ein mittlerer Wert für freies Cortisol im Urin (mUFC, abgeleitet aus drei 24-Stunden-Urinsammlungen), der mehr als das 1,5-fache der Obergrenze des Normalwerts (ULN) beträgt. Insgesamt wurden 137 erwachsene Patienten eingeschlossen. Das Durchschnittsalter betrug 41,2 Jahre, die Mehrheit der Patienten war weiblich (77%), sieben Patienten waren 65 Jahre oder älter. Die vorherige Therapie bestand bei 88% der Patienten aus einer Hypophysenoperation und einer vorherigen medizinischen Therapie bei 75% der Patienten.
Alle Patienten wurden zunächst 26 Wochen lang mit Isturisa behandelt. Die Dosis wurde für jeden Patienten angepasst, bis die Cortisolspiegel unter Kontrolle waren und im Norm-Bereich lagen.
Nach der Anfangsphase erhielten Patienten, deren Cortisolspiegel unter Kontrolle war (71 Patienten), entweder Isturisa oder Placebo. Nach 8-wöchiger Behandlung hatten 86% (31 von 36) der mit Isturisa behandelten Patienten ihren Cortisolspiegel unter Kontrolle, verglichen mit 29% (10 von 34) der Patienten, denen Placebo verabreicht wurde.
Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.
- EMA: Isturisa
- EMA: Fachinformation Isturisa