Patisiran
Patisiran ist eine doppelsträngige kleine interferierende RNA zur Behandlung der hereditären Transthyretin-Amyloidose bei Patienten mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2 angewendet. hATTR-Amyloidose ist eine seltene, autosomal-dominant vererbte und fortschreitende Erkrankung, die durch Mutationen im TTR-Gen verursacht wird.
Patisiran: Übersicht
Anwendung
Patisiran (Onpattro) ist ein RNA-Interferenztherapeutikum, das spezifisch die Produktion sowohl des Wildtyp- als auch des mutierten Transthyretin-Proteins reduziert. Aus diesem Grund wird der Wirkstoff zur Behandlung der hereditären Transthyretin-Amyloidose (hATTR-Amyloidose) bei erwachsenen Patienten mit Polyneuropathie der Stadien 1 oder 2 angewendet
Die hereditäre Transthyretin-vermittelte Amyloidose ist eine schnell fortschreitende, heterogene Erkrankung, die durch die Akkumulation von fehlgefaltetem Transthyretin-Protein als Amyloidfibrillen verursacht wird und durch periphere sensomotorische Neuropathie, autonome Neuropathie und/oder Kardiomyopathie gekennzeichnet ist.
Wirkmechanismus
Patisiran ist eine doppelsträngige kleine interferierende RNA, die auf eine Sequenz innerhalb der mRNA von Transthyretin (TTR) abzielt, die über Wildtyp- und alle TTR-Varianten hinweg konserviert ist, um die hepatische Produktion von Mutanten- und Wildtyp-TTR zu verringern.
TTR ist ein homotetrameres Plasmaprotein, das überwiegend von der Leber produziert wird und hauptsächlich als Transportprotein für Vitamin A und für etwa 15% des zirkulierenden Plasmathyroxins fungiert. Bei Patienten mit hATTR-Amyloidose dissoziiert das Tetramer, wobei der geschwindigkeitsbestimmende Schritt zur Amyloidfibrillenbildung die anfängliche Dissoziation des TTR-Tetramers in zwei Dimere ist. Die Dimere dissoziieren weiter in Monomere, die eine Konformationsumwandlung zu hochgeordneten und abnormalen Amyloid-Fibrillen-Aggregaten durchlaufen.
TTR-Mutationen begünstigen den proteolytischen Umbau und die Destabilisierung des Tetramerproteins, was zu einer erhöhten Bildung von fehlgefalteten amyloidogenen C-terminalen Fragmenten und Monomeren voller Länge führt, die leichter Aggregate bilden können.
Da die meisten Patienten mit hATTR-Amyloidose heterozygot für die TTR-Mutationen sind, enthalten Amyloidablagerungen oft eine Mischung aus mutiertem und wt-TTR.

Dosierung
Die empfohlene Dosis Onpattro beträgt 300 Mikrogramm pro kg Körpergewicht und wird mittels intravenöser Infusion einmal alle 3 Wochen verabreicht.
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen von Patisiran sind:
- periphere Ödeme
- infusionsbedingte Reaktionen
Kontraindikationen
Patisiran darf nicht angewendet werden bei starker Überempfindlichkeit (z. B. Anaphylaxie) gegen den Wirkstoff.
Anwendungshinweise
Patienten erhalten 60 Minuten vor der Patisiran-Anwendung eine Prämedikation bestehend aus Dexamethason, H1- und H2-Blockern sowie Paracetamol, um das Risiko infusionsbedingter Reaktionen zu minimieren.
Unter der Therapie mit Patisiran sollten Patienten eine Supplementation von Vitamin A in einer Dosis von etwa 2.500 IE pro Tag erhalten.
Alternativen
Zur Behandlung der hereditären Transthyretin-Amyloidose stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:
- Tafamidis (Vyndaqel) ist zur Behandlung von Patienten mit TTR-FAP (familiäre Amyloid-Neuropathie) im Stadium 1 (gehfähig ohne Hilfsmittel) zugelassen. Tafamidis stabilisiert Transthyretin und hemmt weitere Ablagerungen.
- Inotersen (Tegsedi) ist wie Patisiran zur Behandlung der TTR-FAP im Stadium 1 und 2 zugelassen und wirkt wie dieses auch durch Interaktion mit der TTR-mRNA
- Zur Behandlung hereditärer ATTR-Amyloidose mit kardialem Befall wurde Anfang 2020 Tafamidis (Vyndaqel) in einer Dosierung von 61 mg zugelassen.
Studienlage
In der Phase-III-Studie APOLLO führte die Behandlung mit Patisiran bei Patienten mit hereditärer TTR-vermittelter Amyloidose zu statistisch signifikanten Verbesserungen der Polyneuropathie (modifizierter Neuropathie-Beeinträchtigungs-Score +7) und der Norfolk-Fragebogenwerte zur Lebensqualität bei diabetischer Neuropathie im Vergleich zu Placebo.
Patisiran verbesserte mehrere klinische Endpunkte im Vergleich zu Placebo, darunter motorische Kraft, Behinderung, Ganggeschwindigkeit oder Ernährungszustand. Darüber hinaus war die Behandlung mit Patisiran verbunden mit einer Verbesserung der Herzstruktur und -funktion in einer vordefinierten kardialen Subpopulation, mit einer signifikanten Verringerung der linksventrikulären Wanddicke, der linksventrikulären Längsdehnung und der Spiegel des N-terminalen Prohormons des hirnartigen natriuretischen Peptids nach 18 Monaten.
Wirkstoff-Informationen
- Fachinformation Onpattro
- Kristen, Arnt V., et al. "Patisiran, an RNAi therapeutic for the treatment of hereditary transthyretin-mediated amyloidosis." Neurodegenerative disease management 9.1 (2019): 5-23.
Abbildung
Adapted from "Patisiran RNAi Therapeutic Mechanism”, by BioRender.com