Pegvaliase

Der Wirkstoff Pegvaliase ist ein neues Arzneimittel, das zur Behandlung der seltenen genetischen Erkrankung Phenylketonurie (PKU) zugelassen ist. Das Orphan Arzneimittel ist ein bakterielles Enzym, das Phenylalanin im Körper abbauen kann.

Anwendung

Das Enzym Pegvaliase ist zugelassen für die Behandlung von Patienten ab dem Alter von 16 Jahren mit Phenylketonurie (PKU), deren Phenylalaninwerte im Blut trotz vorausgegangener Anwendung verfügbarer Behandlungsoptionen nicht ausreichend eingestellt sind (Phenylalaninwerte im Blut von über 600 Mikromol/l).

Anwendungsart

Pegvaliase ist in Form von Fertigspritzen (2,5 mg, 10 mg und 20 mg) für die Injektion unter die Haut auf dem deutschen Markt zugelassen.

Die Behandlung muss von einem Arzt eingeleitet und überwacht werden, der in der Behandlung von PKU erfahren ist. Vor Beginn der Behandlung muss der Phenylalaninspiegel im Blut gemessen werden. Während der Behandlung werden monatliche Messungen empfohlen. Pegvaliase ist zur Langzeitanwendung bestimmt.

Wirkmechanismus

Der Wirkstoff Pegvaliase ist ein bakterielles Enzym, das Phenylalanin abbauen kann. Dieses Enzym fehlt Patienten mit Phenylketonurie (PKU). Die Phenylketonurie ist eine seltene genetische Erkrankung. Patienten, die an PKU leiden, können die Aminosäure Phenylalanin aus Nahrungseiweiß nicht verarbeiten. Dadurch kommt es zu sehr hohen Aminosäurespiegeln im Blut. Diese verursachen Probleme im Nervensystem. Durch den Abbau über die Pegvaliase wird verhindert, dass sich Phenylalanin im Körper ansammelt. Der Wirkstoff ist ein kovalentes Konjugat des Proteins Phenylalanin-Ammoniak-Lyase (rAvPAL) mit NHS-Methoxypolyethylenglycol (NHS-PEG). Die Phenylalanin-Ammoniak-Lyase (rAvPAL) wird mittels rekombinanter DNA-Technologie in Escherichia coli hergestellt. Durch die Pegylierung wird die Halbwertszeit des Enzyms sowie dessen Stabilität erhöht und die Immunogenität reduziert.

Pharmakokinetik

Die Pharmakokinetik von Pegvaliase unterliegt großen inter- und intraindividuellen Unterschieden aufgrund der Heterogenität von Immunantworten bei Patienten mit PKU. Die Immunantwort beeinflusst die Clearance und die Zeit bis der steady state erreicht wird. Sie stabilisiert sich im Allgemeinen 6 bis 9 Monate nach Behandlungsbeginn.

Absorption

Nach subkutaner Injektion (0,01, 0,03 oder 0,1 mg/kg) wird Pegvaliase langsam absorbiert mit einer mittleren tmax von 3,5 bis 4 Tagen. Die Bioverfügbarkeit wird nicht durch unterschiedliche Injektionsstellen beeinflusst.

Verteilung

Das Verteilungsvolumen (mean SD) im steady state betrug nach einer Injektion von 20 und 40 mg 26,4 l und 22,2 l.

Biotransformation

Es wird angenommen, dass der Metabolismus von Phenylalanin-Ammoniak-Lyase (PAL) nach der Aufnahme in die Zelle über katabolische Wege stattfindet und das Enzym in kleine Peptide und Aminosäuren abgebaut wird. Das PEG-Molekül ist metabolisch stabil, weshalb erwartet wird, dass es vom PAL-Protein abgetrennt und hauptsächlich durch Nierenfiltration eliminiert wird.

Elimination

Pegvaliase wird nach wiederholter Gabe in erster Linie durch immunvermittelte Mechanismen eliminiert. In klinischen Studien wurden hauptsächlich Anti-PAL, Anti-PEG und Anti-Pegvaliase als IgG und IgM identifiziert. Es wurden relativ niedrige IgE-Titer beobachtet. Der steady state wird 4 bis 24 Wochen nach Beginn der Erhaltungsdosis erwartet.

Die mittlere Halbwertszeit (SD) bei 20 mg und 40 mg betrug 47,3 Stunden (41,6 Stunden) bzw. 60,2 Stunden (44,6 Stunden). Die Halbwertszeiten liegen zwischen 14 und 132 Stunden. Es wird erwartet, dass das PEG-Molekül hauptsächlich durch Nierenfiltration eliminiert wird.

Linearität/Nichtlinearität

Während der Dosissteigerung von 20 mg/Tag auf 40 mg/Tag und von 40 mg/Tag auf 60 mg/Tag wurde eine größere dosisproportionale Zunahme der Exposition beobachtet.

Unterschiedliche Patientenpopulationen

Die Analyse der Pegvaliase-Konzentrationsdaten aus klinischen Studien ergab, dass Körpergewicht, Geschlecht und Alter keinen nennenswerten Einfluss auf die Pharmakokinetik von Pegvaliase hatten. Es wurden keine klinischen Studien durchgeführt, um die Auswirkung einer Nieren- oder Leberfunktionsstörung auf die Pharmakokinetik von Pegvaliase zu bewerten.

Dosierung

Die empfohlene Anfangsdosis beträgt einmal wöchentlich 2,5 mg für eine Dauer von 4 Wochen. Injektionsdosis und -häufigkeit werden dann schrittweise bis zu einer Dosis von maximal 60 mg einmal täglich erhöht, bis die gewünschten Phenylalaninspiegel erreicht wurden. Ein entsprechendes Titrationsschema ist der Fachinformation zu entnehmen.

Vor der ersten Dosis muss der Patient über die Anzeichen und Symptome einer akuten systemischen Überempfindlichkeitsreaktion aufgeklärt werden. Der Patient muss angewiesen werden, sich beim Auftreten einer solchen Reaktion sofort in medizinische Behandlung zu begeben. Zusätzlich muss er in der richtigen Verabreichung eines Adrenalininjektionsproduktes unterwiesen werden. Patienten müssen während der Behandlung steht einen solchen Injektor bei sich tragen.

Nebenwirkungen

Sehr häufige Nebenwirkungen unter der Therapie mit Pegvaliase sind:

  • Reaktionen an der Injektionsstelle
  • Schmerzen in den Gelenken
  • allergische Reaktionen

Zu den wichtigsten allergischen Reaktionen zählen eine akute systemische allergische Reaktion, das Angioödem und die Serumkrankheit. Die vollständige Auflistung der berichteten Nebenwirkungen kann der Fachinformation entnommen werden.

Wechselwirkungen

Es wurden keine Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen durchgeführt.

Kontraindikation

Für die Anwendung von Pegvaliase bestehen folgende Gegenanzeigen:

  • Schwere systemische Überempfindlichkeitsreaktion
  • wiederholtes Auftreten einer leichten bis mittelschweren, akuten systemischen Überempfindlichkeitsreaktion gegen Pegvaliase, einen der sonstigen Bestandteile oder ein anderes PEGyliertes Arzneimittel

Schwangerschaft/Stillzeit

Pegvaliase wird während der Schwangerschaft nicht empfohlen, es sei denn, der klinische Zustand der Mutter erfordert eine Behandlung, wenn alternative Strategien zur Einstellung der Phenylalaninwerte ausgeschöpft sind.

Pegvaliase sollte aufgrund fehlender Humandaten nur dann an stillende Frauen verabreicht werden, wenn nach Ansicht des Arztes der potenzielle Nutzen das potenzielle Risiko für den Säugling überwiegt.

Verkehrstüchtigkeit

Pegvaliase hat einen geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Überempfindlichkeitsreaktionen mit Symptomen wie Schwindelgefühl oder Synkope können die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigen.

Anwendungshinweise

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Alternativen

Die Pegvaliase ist bisher (Stand Juli 2019) das einzige Enzympräparat zur Behandlung der PKU.

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