Pertuzumab

Pertuzumab ist ein monoklonaler Antikörper, der in Kombination mit Trastuzumab und Docetaxel zur Behandlung von HER2-positivem Brustkrebs angewendet wird. Es handelt sich um den ersten therapeutisch eingesetzten HER2-Dimerisierungs-Inhibitor. Der Antikörper wurde von Genentech, einer Tochtergesellschaft von Roche, entwickelt und erstmals 2012 zugelassen.

Anwendung

Der monoklonale Antikörper Pertuzumab wird stets in Kombination mit Trastuzumab und einer Chemotherapie bei folgenden Indikationen eingesetzt:

Brustkrebs im Frühstadium (early breast cancer – EBC)

Pertuzumab ist in Kombination mit Trastuzumab und Chemotherapie indiziert zur:

  • neoadjuvanten Behandlung von erwachsenen Patienten mit HER2-positivem lokal fortgeschrittenem, entzündlichem oder frühem Brustkrebs mit hohem Rezidivrisiko.
  • adjuvanten Behandlung von erwachsenen Patienten mit HER2-positivem frühem Brustkrebs mit hohem Rezidivrisiko.

Metastasierter Brustkrebs

Pertuzumab ist in Kombination mit Trastuzumab und Docetaxel bei erwachsenen Patienten mit HER2-positivem metastasiertem oder lokal rezidivierendem, inoperablem Brustkrebs indiziert, die zuvor noch keine anti-HER2-Therapie oder Chemotherapie zur Behandlung ihrer metastasierten Erkrankung erhalten haben.

Anwendungsart

Pertuzumab wird als intravenöse Infusion appliziert. Für die Initialdosis wird eine Infusionsdauer von 60 Minuten empfohlen. Wenn diese gut vertragen wurde, können alle nachfolgenden Infusionen über eine Dauer von 30 bis 60 Minuten verabreicht werden.

Pertuzumab darf nicht als intravenöse Druck- oder Bolusinjektion verabreicht werden.

Wirkmechanismus

Pertuzumab ist ein rekombinanter humanisierter monoklonaler Antikörper, der spezifisch an die extrazelluläre Dimerisierungsdomäne (Subdomäne II) des menschlichen epidermalen Wachstumsfaktorrezeptorproteins 2 (HER2) bindet und dabei die ligandenabhängige Heterodimerisierung von HER2 mit anderen Rezeptoren der HER-Rezeptorfamilie, einschließlich EGFR, HER3 und HER4 (so auch die Bildung des potenten HER2/HER3-Heterodimers) hemmt.

HER2 ist ein extrazellulärer Rezeptor, eine Rezeptortyrosinkinase, die die Zellproliferation über den RAS-MAP-Kinase-Weg stimuliert und den programmierten Zelltod (Apoptose) über den mTOR-Signalweg hemmt. In etwa 15 bis 30 Prozent aller invasiven Mammakarzinome ist der Rezeptor stark überexprimiert.

Durch die Bindung von Pertuzumab an HER2 wird die ligandenabhängige intrazelluläre Signalübertragung über zwei wesentliche Signalwege, den der mitogenaktivierten Proteinkinase (MAP) und den der Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K) gehemmt.

  • Die Hemmung dieser Signalwege kann jeweils zu zellulärem Wachstumsstopp bzw. Apoptose führen.
  • Darüber hinaus ist Pertuzumab ein Mediator für antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC).

Die Kombination von Pertuzumab und Trastuzumab (Phesgo) erhöhte signifikant die antitumorale Aktivität in HER2-überexprimierenden Heterotransplantatmodellen.

Während Trastuzumab die Liganden-unabhängige Aktivierung des HER2- Signalweges unterdrückt, inhibiert Pertuzumab die Liganden-abhängige Dimerisierung von HER2 mit anderen Vertretern der HER-Rezeptorfamilie, insbesondere die Bildung von Dimeren, die von zentraler Bedeutung für die Tumorprogression ist.

Zusammen verabreicht unterdücken beide Antikörper so komplementäre Signalwege, die für das Tumorwachstum verantwortlich sind.

Dosierung

Die Initialdosis von Phesgo beträgt 1.200 mg Pertuzumab / 600 mg Trastuzumab (unabhängig vom Körpergewicht) als subkutane Injektion über einen Zeitraum von 8 Minuten.

Die Erhaltungsdosis, welche im Abstand von 3 Wochen verabreicht wird, beträgt 600 mg Pertuzumab / 600 mg Trastuzumab als subkutane Injektion über einen Zeitraum von 5 Minuten.

  • Wenn Docetaxel zusammen mit Phesgo verabreicht wird, kann mit einer Docetaxel-Dosis von 75 mg/m2 begonnen und diese nachfolgend bis auf 100 mg/m2 gesteigert werden (abhängig vom ausgewählten Schema und der Verträglichkeit der Initialdosis).
  • Alternativ kann Docetaxel ab Behandlungsbeginn mit einer Dosis von 100 mg/m2 alle 3 Wochen verabreicht werden, ebenfalls abhängig vom ausgewählten Schema.
  • Wird ein carboplatinbasiertes Schema angewendet, beträgt die empfohlene Dosis von Docetaxel durchgängig 75 mg/m2 (keine Dosissteigerung).
  • Wenn im adjuvanten Setting eine Verabreichung zusammen mit Phesgo erfolgt, beträgt die empfohlene Dosis von Paclitaxel 80 mg/m2 einmal wöchentlich über 12 wöchentliche Zyklen.
  • Bei Patienten, die eine anthrazyklinbasierte Therapie erhalten, ist Phesgo nach Abschluss der vollständigen Anthrazyklintherapie zu verabreichen

Verspätete oder versäumte Dosen

Wenn der Zeitraum zwischen zwei aufeinanderfolgenden Injektionen:

  • weniger als 6 Wochen beträgt, ist die Erhaltungsdosis von Phesgo 600 mg / 600 mg sobald wie möglich zu verabreichen. Anschließend das 3-wöchentliche Schema fortsetzen.
  • 6 Wochen oder mehr beträgt, ist erneut eine Initialdosis von Phesgo 1.200 mg / 600 mg zu verabreichen, gefolgt von der Erhaltungsdosis von Phesgo 600 mg / 600 mg alle 3 Wochen

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen (≥ 30%) innerhalb klinischen Studien waren:

  • Diarrhö
  • Alopezie
  • Übelkeit
  • Fatigue
  • Neutropenie 
  • Erbrechen

Die Inzidenz der folgenden Nebenwirkungen aller Grade war bei Patienten ≥ 65 Jahre im Vergleich zu Patienten < 65 Jahre mindestens 5% höher:

  • verminderter Appetit
  • Anämie
  • verringertes Gewicht
  • Asthenie
  • Dysgeusie
  • periphere Neuropathie
  • Hypomagnesiämie
  • Diarrhö

Zu Patienten > 75 Jahre liegen nur begrenzte Daten vor.

Wechselwirkungen

In einer Substudie der randomisierten Zulassungsstudie CLEOPATRA bei metastasiertem Brustkrebs mit 37 Patienten wurden keine pharmakokinetischen (PK) Wechselwirkungen zwischen Pertuzumab und Trastuzumab oder zwischen Pertuzumab und Docetaxel beobachtet. Zusätzlich ergab die populationspharmakokinetische Analyse keine Anzeichen für Arzneimittelwechselwirkungen zwischen Pertuzumab und Trastuzumab oder zwischen Pertuzumab und Docetaxel.

Das Fehlen von Arzneimittelwechselwirkungen wurde durch pharmakokinetische Daten aus der NEOSPHERE- und APHINITY-Studie bestätigt. In fünf Studien wurde die Wirkung von Pertuzumab auf die PK gleichzeitig verabreichter zytotoxischer Substanzen (Docetaxel, Paclitaxel, Gemcitabin, Capecitabin, Carboplatin und Erlotinib) evaluiert. Sie ergaben keine Hinweise auf pharmakokinetische Wechselwirkungen zwischen Pertuzumab und einer dieser Substanzen. Die PK von Pertuzumab war in diesen Studien mit der in Monotherapie-Studien beobachteten vergleichbar.

Kontraindikation

Pertuzumab darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des jeweiligen Arzneimittels.

Schwangerschaft/Stillzeit

Schwangerschaft

Zur Anwendung von Pertuzumab bei Schwangeren liegen limitierte Daten vor. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Pertuzumab wird deshalb nicht zur Anwendung während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine Kontrazeption durchführen, empfohlen.

Stillzeit

Da menschliches IgG in die Muttermilch übergeht und das Potenzial zur Resorption und Schädigung des Säuglings nicht bekannt ist, muss, unter Berücksichtigung des Nutzens des Stillens für das Kind und des Nutzens der Behandlung mit Pertuzumab für die Mutter, die Entscheidung getroffen werden, entweder das Stillen oder die Behandlung abzubrechen.

Verkehrstüchtigkeit

Auf Grundlage von berichteten Nebenwirkungen hat Pertuzumab einen geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Während der Behandlung mit Pertuzumab kann es zu Schwindelgefühl kommen. Patienten mit infusionsbedingten Reaktionen sollen angewiesen werden, bis zum Abklingen der Symptome kein Fahrzeug zu führen und keine Maschinen zu bedienen.

Anwendungshinweise

Infusionsreaktionen

Wenn der Patient bei der Anwendung von Pertuzumab eine Infusionsreaktion entwickelt, kann die Infusionsrate verlangsamt oder die Infusion unterbrochen werden. Sobald die Symptome abklingen, kann die Infusion wieder aufgenommen werden. Zur Linderung der Symptome kann eine Behandlung mit Sauerstoff, Beta-Agonisten, Antihistaminika, schnelle i.v.-Flüssigkeitszufuhr und Antipyretika erfolgen.

Überempfindlichkeitsreaktionen/Anaphylaxie

Wenn der Patient eine schwere Reaktion vom Grad 4 gemäß NCI-CTCAE-Kriterien (Anaphylaxie), Bronchospasmus oder ein akutes respiratorisches Distresssyndrom entwickelt, sollte die Infusion sofort und dauerhaft abgebrochen werden.

Alternativen

Zur adjuvanten Therapie von HER2-positivem Brustkrebs stehen die Wirkstoffe Cyclophosphamid, Docetaxel, Doxorubicin, Epirubicin, 5-Fluorouracil, Methotrexat, Paclitaxel, Vincristin und Trastuzumab zur Verfügung.

Wirkstoff-Informationen

Mittlere Halbwertszeit:
ca. 18.0 D
Q0-Wert:
0.0
Quelle:
  1. Fachinformation: Perjeta
  2. EMA: Fachinformation Phesgo
  3. The Lancet Oncology: Results from the FeDeriCa trial: are we reducing the burden of breast cancer treatment? DOI:https://doi.org/10.1016/S1470-2045(20)30636-7
  4. ESMO: FDA Approves Combination of Pertuzumab, Trastuzumab, and Hyaluronidase-zzxf for HER2-positive Breast Cancer
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17 Präparate mit Pertuzumab