Piretanid

Piretanid gehört zur Wirkstoffgruppe der Schleifendiuretika und wird angewendet zur Ausscheidung von Ödemen, bei Herzinsuffizienz zur Herzentlastung, bei Hypertonie und bei Ödemen infolge einer Erkrankung der Nieren oder der Leber.

Piretanid

Anwendung

Das Schleifendiuretikum Piretanid ist zur Entlastung des Herzens bei Herzschwäche und die Ausschwemmung von Ödemen (Ansammlungen von Gewebewasser) zugelassen, außerdem für die Therapie von leichtem bis mittlerem Bluthochdruck. In der Behandlung von starkem Bluthochdruck wird Piretanid häufig mit ACE-Hemmern wie Ramipril kombiniert.

Wirkmechanismus

Schleifendiuretika greifen im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife ein. Sie hemmen reversibel den apikal gelegenen Na+/K+/2Cl- -Cotransporter (NKCC2). Dadurch werden weniger Chlorid, Natrium und Kalium aus dem Lumen resorbiert. Die Tonizität im Interstitium steigt an und die Ausscheidung von Flüssigkeit, Chlorid, Natrium und Kalium nimmt zu. Gleichzeitig sinkt das lumenpositive transepitheliale Potenzial. Da dies aber für die Reabsorption von Calcium und Magnesium notwendig ist, werden unter Schleifendiuretikagabe auch Ca2+ und Mg2+ vermehrt ausgeschieden.

Zusätzlich zum NKCC2-Cotransporter in der Henle-Schleife wird auch der Cotransporter in der Macula densa der Nieren gehemmt. Das tubuloglomeruläre Feedback wird unterbrochen und in der Folge mehr Renin ausgeschüttet. Die erhöhte Reninkonzentration sorgt dafür, dass die glomeruläre Filtrationsrate konstant bleibt und gleich viel Volumen ausgeschieden wird, obwohl die Na+-Konzentration an der Macula densa steigt. Über durch Schleifendiuretika ausgeschüttete Prostaglandine wird die Durchblutung der Nieren zusätzlich gesteigert.

Neben dem direkten Effekt auf die Niere wirken viele Schleifendiuretika auch peripher. Deshalb eignet sich zum Beispiel Furosemid zur Behandlung bei akuter Linksherzinsuffizienz, da es die Vorlast senkt – sogar bevor es diuretisch wirkt. Der genaue Wirkmechanismus dahinter wird noch erforscht. Möglich wäre, dass durch die Schleifendiuretika NO in venösen Blutgefäßen freigesetzt wird und die Gefäße so dilatieren. Auch der NKCC1-Cotransporter wird als daran beteiligt diskutiert, da er unter anderem in glattem Muskelgewebe, vaskulärem Endothelium und der Stria vascularis im Ohr exprimiert wird.

Die Wirkung von Schleifendiuretika tritt meist sehr schnell innerhalb einer Stunde nach oraler Gabe ein, intravenös bereits nach Minuten (High-ceiling-Effekt). Sie hält bei oraler Gabe vier bis sechs Stunden an, bei intravenöser zwei bis drei. Die Bioverfügbarkeit von Schleifendiuretika ist im Schnitt 65 bis 90% mit einer Plasma-Halbwertszeit von zwei bis vier Stunden. Eliminiert werden die Wirkstoffe renal durch glomeruläre Filtration und proximal tubuläre Sezernierung.

Schleifendiuretika

Dosierung

Bei der Behandlung von Ödemen wird eine Initialdosis von einmal täglich 6 mg Piretanid empfohlen. Die weitere Dosierung richtet sich nach dem Ansprechen des Patienten und liegt meist bei 3 bis 6 mg pro Tag.

Für die Dauerbehandlung älterer und empfindlicher Patienten reicht oft einmal täglich 3 mg Piretanid aus.

Bei der Behandlung von Bluthochdruck empfiehlt es sich die Therapie mit zweimal täglich 6 mg Piretanid einzuleiten. Nach 2 bis 4 Wochen sollte die Dosierung, je nach Ansprechen des Patienten, auf die Erhaltungsdosis, meist 6 mg Piretanid pro Tag, erniedrigt werden.

Kontraindikation

Für Piretanid sind folgende Gegenanzeigen zu beachten:

  • Überempfindlichkeit gegen Piretanid oder Sulfonamidderivate
  • Nierenversagen mit Anurie
  • Koma und Praekoma hepaticum
  • Schwere Hypokaliämie
  • Schwere Hyponatriämie
  • Hypovolämie
  • Stillzeit

Anwendungshinweise

Eine besonders sorgfältige Überwachung ist erforderlich bei:

  • Hypotonie
  • Patienten mit manifestem oder latentem Diabetes mellitus (regelmäßige Kontrolle des Blutzuckers)
  • Patienten mit Gicht (regelmäßige Kontrolle der Harnsäure im Serum)
  • Patienten mit einer Harnabflussbehinderung (z. B. Prostatahypertrophie, Hydronephrose, Ureterstenose)
  • Patienten mit Leberzirrhose und gleichzeitiger Nierenfunktionseinschränkung
  • Patienten mit Hypoproteinämie, z.B. bei nephrotischem Syndrom
  • fortgeschrittener Zerebral- und/oder Koronarsklerose

Alternativen

Piretanid  (ATC-Klasse C03CA03) gehört zu der Gruppe der stark wirksamen Diuretika („High-Ceiling- Diuretika“). Andere Vertreter dieser Klasse sind:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
362.4 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 1.0 H
Q0-Wert:
0.5
Quelle:

Fachinformation Piretanid STADA

Abbildung

Adapted from „Selective Reabsorption in the Nephron”, by BioRender.com

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1 Präparate mit Piretanid