Propranolol

Propranolol ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Betablocker und der Klasse-II-Antiarrhythmika und wird zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere bei Bluthochdruck (Hypertonie) und Herzrhythmusstörungen angewendet. Es handelt sich um den ältesten klinischen Vertreter der Betablocker.

Propranolol

Anwendung

Propranolol wird in der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere bei Bluthochdruck (Hypertonie), koronarer Herzkrankheit (KHK) oder tachykarden Herzrhythmusstörungen eingesetzt, um erhöhten Blutdruck zu senken und den Herzschlag zu normalisieren.

Weitere Indikationen von Propranolol sind primäres Angstsyndrom, Migräneprophylaxe, essenzieller Tremor und Hyperthyreose.

Anwendungsart

Propranolol gibt es zur oralen Einnahme in Form von Filmtabletten, Retardtabletten oder als Lösung und zur parenteralen Zubereitung in Form von Ampullen.

Die Filmtabletten sind vor den Mahlzeiten und die Retardtabletten (morgens) unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit einzunehmen. Die orale Lösung sollte während oder unmittelbar nach einer Nahrungsaufnahme mittels einer graduierten Oralspritze direkt in den Mund des Kindes gegeben werden, um das Risiko einer Hypoglykämie vorzubeugen.

Die intravenöse Injektion soll langsam, entsprechend 1 ml Injektionslösung pro Minute, unter fortlaufender Kontrolle von Puls, Blutdruck und EKG erfolgen. Die Injektionslösung darf nur so lange angewendet werden, bis die Herzrhythmusstörungen unter Kontrolle sind. So bald als möglich sollte die Therapie mit oralen Darreichungsformen fortgesetzt werden.

Wirkmechanismus

Propranolol gehört zur Wirkstoffgruppe der nicht-kardioselektiven Beta-Adrenozeptor-Antagonisten, die auch als Betablocker bezeichnet werden. Der Blutdruck im Gefäßsystem wird durch verschiedene körpereigene Substanzen, unter anderem die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin, reguliert.

Propranolol hemmt die Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin, indem der Wirkstoff an den Rezeptoren für diese Botenstoffe bindet und sie so blockiert. Dadurch werden Blutdruck und Herzfrequenz gesenkt und das Herz entlastet. Die Wirkung von Propranolol tritt frühestens nach einigen Stunden ein.

Betablocker

Pharmakokinetik

Nach oraler Applikation wird Propranolol zu mehr als 90% aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert, dabei liegt die Bioverfügbarkeit bei 34 - 46%. Propranolol unterliegt einem ausgeprägten „First-pass-Effekt“. Maximale Plasmaspiegel werden nach ca. 1 - 2 Stunden erreicht. Die Plasmaproteinbindung beträgt ca. 90%, das relative Verteilungsvolumen beträgt 3,6 l/kg. Beim Abbau von Propranolol in der Leber entsteht unter anderem der Metabolit 4-Hydroxypropranolol, der ebenfalls betablockierende Wirkung besitzt, jedoch in geringer Konzentration und Halbwertszeit. Propranolol und seine Metabolite werden zu über 90% (<1% unverändert) renal eliminiert. Die Eliminationshalbwertszeit liegt zwischen 3 und 4 Stunden.

Dosierung

Oral

Arterielle Hypertonie

  • Initial werden 80 – 120 mg Propranololhydrochlorid pro Tag, aufgeteilt in zwei bis drei Einzeldosen als Filmtabletten, empfohlen.
  • Wird damit keine ausreichende Wirkung erzielt, kann die Tagesdosis auf 160 – 240 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in zwei bis drei Einzeldosen als Filmtabletten bzw. einmal morgens 160 mg Propranololhydrochlorid Retardkapseln, erhöht werden.
  • Falls erforderlich kann die Dosierung auf 320 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in zwei Einzeldosen als Filmtablette oder eine Eizeldosis morgens als Retardkapsel, gesteigert werden.

Koronare Herzkrankheit, tachykarde Herzrhythmusstörungen

  • Die Anfangsdosis beträgt 120 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in drei Einzeldosen.
  • Falls erforderlich kann die Tagesdosis auf 160 – 240 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in zwei bis drei Einzeldosen als Filmtabletten bzw. einmal morgens oder abends 160 mg Propranololhydrochlorid Retardkapseln, erhöht werden. Die optimale Erhaltungsdosis muss individuell eingestellt werden.

Reinfarktprophylaxe

  • Die Behandlung sollte zwischen dem 5. und 21. Tag nach dem Myokardinfarkt 120 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in drei Einzeldosen, über 2 – 3 Tage begonnen werden.
  • Danach kann die Therapie mit 80 – 160 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in zwei bis drei Einzeldosen in Form von Filmtabletten oder in einer Einzeldosis in Form von Retardkapseln, fortgesetzt werden.

Hyperkinetisches Herzsyndrom (so genannte funktionelle Herzbeschwerden)

  • Die empfohlene Dosis liegt bei 30 – 120 mg Propranololhydrochlorid), aufgeteilt in drei Einzeldosen.

Essentieller Tremor, Migräneprophylaxe, Symptomatische Therapie des primären Angstsyndroms

  • Die übliche Anfangsdosis 80 – 120 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in zwei bis drei Einzeldosen. Die Dosierung und das Dosierungsintervall sind individuell zu ermitteln.

Hyperthyreose (symptomatische Therapie als Ergänzung oder bis zum Wirksamwerden spezifischer Maßnahmen)

  • Die empfohlene Dosis liegt bei 30 – 160 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in drei bis vier Einzeldosen.

Arrhythmien bei Kindern und Jugendlichen

  • Die Dosierung ist individuell festzulegen. Die Orientierungsdosis liegt bei 0,25 – 0,5 mg/kg Körpergewicht drei- bis viermal täglich.
  • Die Maximaldosis pro Tag liegt bei 1 mg/kg Körpergewicht viermal täglich, eine Dosis  von 160 mg Propranololhydrochlorid pro Tag darf nicht überschritten werden.

Eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion

  • Bei stark eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion ist die Elimination von Propranolol reduziert. Eine Reduzierung der Dosis kann erforderlich sein.

Orale Lösung

Proliferative infantile Hämangiome, die eine systemische Therapie erfordern:

  • Die Therapie ist bei Säuglingen im Alter zwischen 5 Wochen und 5 Monaten zu beginnen.
  • Die Initialdosis beträgt in der ersten Woche zweimal täglich 0,5 mg/kg Propranolol (Base).
  • Dabei sollten zwischen den einzelnen Dosierungen mindestens 9 Stunden Abstand eingehalten werden.
  • Die Dosiserhöhung bis zur therapeutischen Dosis sollte nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
  • In der zweiten Woche wird zweimal täglich 1 mg/kg und ab der dritten Woche zweimal 1,5 mg/kg als Erhaltungsdosis empfohlen.
  • Bei Ausspucken, Erbrechen bzw. nicht vollständiger Aufnahme einer Dosis sollte bis zur nächsten vorgesehenen Dosis keine weitere Einnahme erfolgen. 
  • Mindestens einmal im Monat sollten Säuglinge klinisch überwacht werden. Die Behandlungsdauer beträgt mindestens 6 Monate.

Intravenöse Applikation

Akut bedrohliche supraventrikuläre und ventrikuläre Arrhythmien

  • Erwachsene: Initial werden in der Regel 1 mg Propranololhydrochlorid (entspricht 1 ml Injektionslösung, also 1 Ampulle) langsam intravenös über 1 Minute injiziert.
  • Falls erforderlich kann die Injektion mit der gleichen Dosis in Intervallen von 2 Minuten bis zum Wirkungseintritt bzw. bis zum Erreichen der Maximaldosis wiederholt werden.
  • Die Maximaldosis liegt bei Erwachsenen mit erhaltenem Bewusstsein bei 10 mg und bei Erwachsenen in Narkose bei 5 mg.
  • Kinder und Jugendliche: Die intravenöse Injektion ist ausschließlich für die Notfallbehandlung kardialer Arrhythmien vorgesehen. Die empfohlene Dosierung beträgt 0,025 – 0,05 mg/kg. Falls erforderlich kann die Dosis alle 6 – 8 Stunden wiederholt werden.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen von Propranolol gehen von der Wirkung auf das vegetative Nervensystem aus. Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden mit Durchfall, Erbrechen, Übelkeit oder Verstopfung sowie Müdigkeit, Schwindel und Schwitzen sind Beispiele für diese unerwünschten Wirkungen. Dazu kommen auch Unruhe, Nervosität, Verwirrtheit oder Schlafstörungen (zuweilen mit Albträumen).

Herz-Kreislauf-Beschwerden mit Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen oder verstärkter Herzschwäche sind weitere Nebenwirkungen von Propranolol, ebenso Hautreaktionen mit Ausschlag, Juckreiz oder Rötungen sowie Haarausfall.

Wechselwirkungen

Bei der Anwendung von Propranolol kann es mit folgenden Verbindungen zu Wechselwirkungen kommen:

  • MAO-Hemmer: überschießender Blutdruckabfall
  • Calcium-Antagonisten vom Verapamil- oder Diltiazemtyp:  Hypotonie, Bradykardie oder andere Herzrhythmusstörungen
  • Amiodaron: Verstärkte kardiodepressive Wirkungen
  • Insuline und orale Antidiabetika: Verstärkte und verlängerte Hypoglykämien
  • Andere blutdrucksenkende Arzeimittel: Verstärkte Blutdrucksenkung
  • Alphamethyldopa, Guanfacin, Herzglykosiden, Clonidin: Stärkeres Absinken der Herzfrequenz bzw. Verzögerung der Überleitung Überschießender Blutdruckanstieg
  • Cimetidin: Verstärkung der Propranolol-Wirkung
  • Rizatriptan: Erhöhte Rizatriptan-Plasmakonzentrationen

Kontraindikation

Propranolol darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegenüber Propranolol
  • AV-Block II. und III. Grades und Sick-Sinus-Syndrom bei Patienten ohne Herzschrittmacher
  • höhergradiger sinuatrialer Block
  • Bradykardie
  • Nicht behandelte Herzinsuffizienz (NYHA III und IV)
  • Prinzmetal-Angina
  • Schock
  • Hypotonie
  • pulmonale Hypertonie
  • Asthma bronchiale oder Bronchospasmus
  • chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen
  • gleichzeitige Behandlung mit MAO-Hemmern und anderen adrenerge Impulse verstärkenden Medikamenten
  • gleichzeitiger Behandlung mit Calciumkanalantagonisten mit negativ inotroper Wirkung wie Verapamil und Diltiazem
  • nach langer Nahrungskarenz
  • Urämie
  • Metabolischer Azidose
  • schwere periphere Durchblutungsstörungen
  • Patienten mit Hypoglykämieneigung oder Patienten, die längere Zeit gefastet haben
  • unbehandeltes Phäochromozytom.
  • Säuglinge unter 5 Wochen

Schwangerschaft

Propranolol darf in der Schwangerschaft nur nach strenger Indikationsstellung und Abwägen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses gegeben werden. Es muss dabei auf eine mögliche Wehenauslösung und auf unerwünschte Wirkungen auf den Fötus (intrauterine Wachstumsretardierung, Bradykardie) geachtet werden. Deshalb ist die Therapie mindestens 48 – 72 Stunden vor dem errechneten Geburtstermin zu beenden. Ist dies nicht möglich, müssen die Neugeborenen in den ersten 48 – 72 Stunden nach der Geburt sorgfältig zu überwachen.

Stillzeit

Da Propranolol zu den lipophilen Betablockern gehört, kann es in die Muttermilch gelangen. Das Stillen wird daher nicht empfohlen.

Verkehrstüchtigkeit

Insbesondere zu Behandlungsbeginn kann durch individuell auftretende unterschiedliche Reaktionen das Reaktionsvermögen soweit verändert sein, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr, zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Anwendungshinweise

Bei der Anwendung von Propranolol ist eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung erforderlich bei:

  • AV-Block I. Grades
  • Diabetes mellitus mit stark schwankenden Blutzuckerwerten
  • Hypoglykämieneigung, z.B. längeres Fasten und schwere körperliche Belastung
  • Phäochromozytom: Propranolol erst nach vorheriger Alphablockade verabreichen
  • eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion
  • Patienten mit Psoriasis in der Eigen- oder Familienanamnese

Alternativen

Weitere nichtselektive Betablocker sind:

  • Alprenolol
  • Oxprenolol
  • Pindolol
  • Timolol
  • Sotalol
  • Nadolol
  • Mepindolol
  • Carteolol
  • Tertatolol
  • Bopindolol
  • Metipranolol
  • Bupranolol
  • Penbutolol
  • Cloranolol
  • Carazolol
  • Bunitrolol

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
259.34 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 3.5 H
Q0-Wert:
0.99
Kindstoff(e):
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