Raloxifen
Raloxifen ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der selektiven Estrogenrezeptor-Modulatoren, der zur Behandlung und Prävention der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen eingesetzt wird.
Raloxifen: Übersicht

Anwendung
Der selektive Estrogenrezeptor-Modulator (SERM) Raloxifen (Evista) ist indiziert zur Behandlung und Prävention der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen.
In diesem Zusammenhang wurde eine signifikante Verminderung in der Inzidenz von vertebralen Frakturen, aber nicht von Hüftfrakturen, nachgewiesen.
Wenn bei einer postmenopausalen Frau eine Entscheidung zwischen Raloxifen und anderen Therapiemöglichkeiten (einschließlich einer Östrogenbehandlung) getroffen werden soll, sind im individuellen Fall klimakterische Symptome, Auswirkungen auf das Uterus- und Brustgewebe sowie kardiovaskuläre Risiken und Nutzen zu berücksichtigen.
Anwendungsart
Raloxifen ist als Filmtablette (60 mg) erhältlich. Die Einnahme kann zu jeder Tageszeit unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Gemäß der Natur des Krankheitsverlaufes ist Raloxifen für eine Langzeitbehandlung vorgesehen.
Frauen, die wenig Calcium bzw. Vitamin D mit der Nahrung zu sich nehmen, wird generell zu einer Substitution geraten.
Wirkmechanismus
Raloxifen ist ein selektiver Estrogenrezeptor-Modulator (SERM). Wirkstoffe dieser Gruppe üben selektiv agonistische oder antagonistische Effekte auf estrogenempfindliche Gewebe aus. Die gewebeabhängige Wirkung basiert auf dem individuellen Einfluss des jeweiligen SERMs auf den ligandenabhängigen Transaktivierungsbereich AF-2 in der Ligandenbindungsdomäne (LBD) der Estrogenrezeptoren. SERM-spezifisch wird der AF-2-Bereich in unterschiedlichen Konformationen stabilisiert, die wiederum unterschiedliche Affinitäten zu verschiedenen Co-Regulatoren aufweisen. In Abhängigkeit der gewebespezifischen Expression dieser Co-Regulatoren (Co-Aktivatoren oder Co-Repressoren) wird eine agonistische oder antagonistische Wirkung vermittelt.
Raloxifen wirkt agonistisch auf den Knochen- und teilweise den Cholesterinstoffwechsel (Abnahme des Gesamt- und LDL-Cholesterins) sowie antagonistisch auf Uterus- und Brustgewebe.
Pharmakokinetik
Resorption
- Raloxifen wird nach oraler Anwendung rasch resorbiert (ca. 60% einer oralen Dosis), wobei eine ausgeprägte präsystemische Glucuronidierung erfolgt.
- Die absolute Bioverfügbarkeit von Raloxifen beträgt 2%.
- Die Zeit, bis im Durchschnitt der maximale Plasmaspiegel und die maximale Bioverfügbarkeit erreicht werden, hängt von der systemischen Umwandlung und dem enterohepatischen Kreislauf des Wirkstoffs und der Glucuronidmetaboliten ab.
Verteilung
- Raloxifen wird umfassend im Körper verteilt.
- Das Verteilungsvolumen ist nicht dosisabhängig.
- Raloxifen wird zu 98-99% an Plasmaproteine gebunden.
Metabolismus
- Raloxifen unterliegt einem ausgeprägten First-Pass-Metabolismus zu den entsprechenden Glucuronidkonjugaten (Raloxifen-4’-glucuronid, Raloxifen-6-glucuronid und Raloxifen-6,4’-diglucuronid).
- Andere Metaboliten wurden nicht nachgewiesen.
- Der Anteil von Raloxifen an der Gesamtkonzentration aus Raloxifen und seinen Glucuronidmetaboliten beträgt weniger als 1%.
- Die Raloxifenblutspiegel bleiben durch den enterohepatischen Kreislauf erhalten, was zu einer Plasmahalbwertszeit von 27,7 Stunden führt.
- Aus den Ergebnissen nach Einzeldosen von Raloxifen lässt sich die Pharmakokinetik nach Mehrfachdosierung ableiten.
- Höhere Raloxifendosen führen zu einer Vergrößerung der AUC, die etwas geringer ausfällt als eine proportionale Vergrößerung.
Elimination
- Nach einer Einzeldosis wird der größte Teil von Raloxifen bzw. den Glucuronidmetaboliten innerhalb von 5 Tagen ausgeschieden (hauptsächlich über Fäzes, weniger als 6% werden renal ausgeschieden).
Dosierung
- Empfohlene Tagesdosis: 1x täglich 60 mg
- Eingeschränkte Nierenfunktion: Raloxifen darf nicht von Patientinnen mit stark eingeschränkter Nierenfunktion angewendet werden (auch bei Patientinnen mit mäßig und leicht eingeschränkter Nierenfunktion ist Raloxifen mit Vorsicht anzuwenden).
- Eingeschränkte Leberfunktion: Raloxifen darf nicht von Patientinnen mit eingeschränkter Leberfunktion angewendet werden.
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen umfassen:
- Kopfschmerzen (einschließlich Migräne)
- Vasodilatation (Hitzewallungen)
- Gastrointestinale Symptome wie Nausea, Emesis, Bauchschmerzen, Dyspepsie
- Hautausschlag
- Wadenkrämpfe
- leichte Brustbeschwerden wie Schmerzen, Vergrößerung und erhöhte Druckschmerzhaftigkeit
- Grippe-ähnliche Symptome
- Periphere Ödeme
- Blutdruckerhöhung
Die klinisch wichtigsten Nebenwirkungen sind venöse thromboembolische Ereignisse.
Wechselwirkungen
Folgende Wechselwirkungen können im Zusammenhang mit Raloxifen potenziell auftreten:
- Die gemeinsame Anwendung von Raloxifen und Warfarin verändert die Pharmakokinetik beider Substanzen nicht, wobei jedoch leichte Verkürzungen der Prothrombinzeit beobachtet werden, weshalb die Prothrombinzeit überwacht werden sollte, wenn Raloxifen gleichzeitig mit Warfarin oder anderen Kumarinderivaten verabreicht wird (Auswirkungen auf die Prothrombinzeit können sich über mehrere Wochen hinweg entwickeln, wenn mit einer Raloxifen-Behandlung bei Patientinnen begonnen wird, bei denen schon eine Antikoagulantien- Therapie mit Kumarinderivaten durchgeführt wird).
- Raloxifen soll nicht zusammen mit Colestyramin (oder anderen Anionen-Austauscherharzen) angewendet werden, da dieses die Resorption und den enterohepatischen Kreislauf von Raloxifen signifikant vermindert.
- Raloxifen führt zu einer mäßigen Konzentrationserhöhung hormonbindender Globuline, wie z.B. solcher, die steroidale Sexualhormone (SHBG), Thyroxin (TBG) und Kortikosteroide (CBG) binden (dies geht mit einem Anstieg der entsprechenden Gesamthormonkonzentrationen einher, wobei die Konzentrationen freier Hormone durch diese Veränderungen nicht beeinflusst werden).
Kontraindikationen
Raloxifen ist kontraindiziert bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels
- Gebärfähigen Frauen
- Bestehenden oder in der Vorgeschichte aufgetretenen venösen thromboembolischen Ereignissen (einschließlich tiefer Venenthrombose, Lungenembolie und Retina-Venenthrombose)
- Eingeschränkter Leberfunktion einschließlich Cholestase
- Schwerer Nierenschädigung
- Ungeklärter Uterusblutungen
- Patientinnen mit klinischen Zeichen oder Symptomen eines Endometriumkarzinoms (da die sichere Anwendung in dieser Patientinnengruppe bislang nicht ausreichend untersucht wurde)
Schwangerschaft
Raloxifen ist nur zur Anwendung bei postmenopausalen Frauen vorgesehen und darf nicht von gebärfähigen Frauen eingenommen werden.
Raloxifen kann bei Einnahme während der Schwangerschaft zur Schädigung des Fetus führen. Wenn der Wirkstoff dennoch irrtümlich während der Schwangerschaft eingenommen oder die Patientin während der Behandlung schwanger wird, ist sie über die Gefahr für den Fetus zu informieren.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Raloxifen/Raloxifenmetaboliten in die Muttermilch übergehen. Ein Risiko für die Neugeborenen/Säuglinge kann daher nicht ausgeschlossen werden. Die klinische Anwendung von Raloxifen während der Stillzeit wird nicht empfohlen werden, unter anderem weil Raloxifen die Entwicklung des Babys beeinträchtigen kann.
Verkehrstüchtigkeit
Raloxifen hat keinen oder einen zu vernachlässigenden Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.
Anwendungshinweise
Thromboembolische Ereignisse
- Die Einnahme von Raloxifen ist mit einem erhöhten Risiko für venöse thromboembolische Ereignisse verbunden (dieses ist mit dem Risiko unter der üblichen Hormonersatztherapie vergleichbar).
- Eine Risiko-Nutzen-Analyse ist notwendig bei Patientinnen, bei denen ein Risiko für venöse thromboembolische Ereignisse jedweder Ätiologie besteht.
- Raloxifen soll abgesetzt werden, wenn entweder durch unvorhergesehene Krankheit oder durch eine andere Situation eine längere Phase der Immobilisierung eintritt (dies sollte im Falle der Krankheit unmittelbar, ansonsten 3 Tage vor dem Eintreten der Immobilisierung erfolgen).
- Die Therapie sollte nicht wieder begonnen werden, bevor die Gründe für das Absetzen beseitigt sind und die volle Mobilität der Patientin wiederhergestellt ist.
- In einer Studie mit postmenopausalen Frauen mit manifester koronarer Herzkrankheit (KHK) oder dokumentierten Risikofaktoren für eine KHK bzw. koronare Ereignisse hatte Raloxifen im Vergleich zu Placebo keinen Effekt auf die Inzidenz von Myokardinfarkten, Hospitalisierungen wegen akuten Koronarsyndroms, auf die Gesamtmortalität (einschließlich der Mortalität aufgrund kardiovaskulärer Komplikationen) oder die Inzidenz von Schlaganfällen (bei Patientinnen der Raloxifen-Gruppe verlief ein Schlaganfall jedoch häufiger tödlich).
- Die Inzidenz tödlich verlaufender Schlaganfälle liegt unter Raloxifen bei 2,2 pro 1.000 Frauen und Jahr im Vergleich zu 1,5 pro 1.000 Frauen und Jahr unter Placebo (diese Studienergebnisse sollten bei der Verordnung von Raloxifen für postmenopausale Frauen mit signifikanten Schlaganfall-Risikofaktoren, wie Schlaganfall oder TIA (transitorische ischämische Attacke) in der Vorgeschichte oder Vorhofflimmern berücksichtigt werden).
Einfluss auf Uterus oder Endometrium
- Es gibt keine Anzeichen für eine Proliferation des Endometriums.
- Jede Uterusblutung unter Raloxifen ist daher unerwartet und bedarf einer vollständigen Abklärung durch einen Facharzt.
- Die zwei häufigsten Ursachen für unter Raloxifen-Behandlung auftretende Uterusblutungen waren Endometriumsatrophie bzw. gutartige Endometriumspolypen.
- Nach einer 4-jährigen Raloxifen-Behandlung wurde bei 0,9% der postmenopausalen Patientinnen ein Auftreten gutartiger endometrialer Polypen berichtet (bei mit Placebo behandelten Frauen betrug die Häufigkeit 0,3%).
Einfluss auf die Leber
- Raloxifen wird hauptsächlich in der Leber metabolisiert.
- Einzeldosen von Raloxifen führten bei Patientinnen mit einer Zirrhose und einer geringen Leberfunktionsstörung (Child-Pugh Klassifizierung A) zu Raloxifen-Plasmaspiegeln, die etwa 2,5-fach über denen der Kontrollgruppe lagen (der Anstieg korrelierte mit der Gesamt-Bilirubin-Konzentration), weshalb die Anwendung von Raloxifen bei Patientinnen mit Leberinsuffizienz nicht empfohlen wird.
- Das Gesamtbilirubin im Serum, die Gammaglutamyltransferase, die alkalische Phosphatase, die ALT sowie die AST sollten bei Auftreten erhöhter Werte während der Behandlung sorgfältig überwacht werden.
- Einige klinische Daten weisen darauf hin, dass bei Patientinnen mit anamnestischer, durch orale Östrogengabe induzierter Hypertriglyceridämie (> 5,6 mmol/l) eine Raloxifen-Behandlung mit einem deutlichen Anstieg der Serum-Triglyceride assoziiert sein kann.
- Die Triglycerid-Serumspiegel solcher Patientinnen sollten bei Raloxifen-Gabe kontrolliert werden.
Brustkrebs
- Die Sicherheit einer Raloxifen-Gabe bei Patientinnen mit Brustkrebs wurde nicht ausreichend untersucht.
- Daten über die gleichzeitige Anwendung von Raloxifen und Substanzen, die zur Therapie oder zur adjuvanten Behandlung von frühem oder fortgeschrittenem Brustkrebs eingesetzt werden, liegen nicht vor.
- Deshalb soll Raloxifen zur Osteoporose-Behandlung oder Prävention erst eingesetzt werden, wenn die Behandlung des Brustkrebses, einschließlich der adjuvanten Therapie, abgeschlossen ist.
Östrogene
- Da nur begrenzte Informationen zur Sicherheit von Raloxifen bei gleichzeitiger Anwendung mit systemisch wirkenden Östrogenen vorliegen, wird der kombinierte Einsatz nicht empfohlen.
- Raloxifen ist nicht wirksam bei vasomotorischen Beschwerden (Hitzewallungen) oder anderen menopausalen Symptomen, die durch Östrogenmangel hervorgerufen werden.
Alternativen
Die medikamentösen Therapiealternativen richten sich nach dem Indikationsgebiet und sind darüber hinaus abhängig von patientenindividuellen Faktoren wie dem Alter der Patienten, Komorbiditäten oder dem Schweregrad der Erkrankung.
Insbesondere im Zusammenhang mit Osteoporose ist bei Frauen der Menopausenstatus von Bedeutung.
Osteoporose
- Calcium und Vitamin D
- Bisphosphonate wie Alendronat und Ibandronat
- Derivate des Parathormons (PTH) wie Teriparatid
- Estrogene oder andere SERMs wie Bazedoxifen
- Anti-RANKL-Antikörper wie Denosumab
Weitere Informationen können der jeweiligen Fachinformation entnommen werden.
Wirkstoff-Informationen
- EMA: Fachinformation Raloxifen
- Freissmuth et al., Pharmakologie und Toxikologie, 2020, Springer
- Mutschler et al., Mutschler Arzneimittelwirkungen, 2019, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
- AWMF: Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern (2017, in Überarbeitung)
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Evista 60 mg 101 Carefarm Filmtabletten
1 0 1 Carefarm GmbH
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Evista 60 mg Abacus Filmtabletten
Abacus Medicine A/S
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Evista 60 mg ACA Filmtabletten
A.C.A. Müller ADAG Pharma AG
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Evista 60 mg axicorp Filmtabletten
axicorp Pharma GmbH
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Evista 60 mg BB Farma Filmtabletten
BB Farma S.R.L.
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Evista 60 mg CC Pharma Filmtabletten
CC Pharma GmbH
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Evista 60 mg docpharm Filmtabletten
Docpharm GmbH
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Evista 60 mg Emra Filmtabletten
Emra-Med Arzneimittel GmbH
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Evista 60 mg Eurim Filmtabletten
Eurim-Pharm Arzneimittel GmbH
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Evista 60 mg Filmtabletten
Substipharm SAS
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Evista 60 mg Gerke Filmtabletten
Pharma Gerke Arzneimittelvertriebs GmbH
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Evista 60 mg kohlpharma Filmtabletten
kohlpharma GmbH
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Evista 60 mg Orifarm Filmtabletten
Orifarm GmbH
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Evista 60 mg Originalis Filmtabletten
Originalis B.V.
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Optruma 60 mg Emra Filmtabletten
Emra-Med Arzneimittel GmbH
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Optruma 60 mg Eurim Filmtabletten
Eurim-Pharm Arzneimittel GmbH
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Raloxifen AL 60 mg Filmtabletten
ALIUD PHARMA® GmbH
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Raloxifen Teva 60 mg BB Farma Filmtabletten
BB Farma S.R.L.
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Raloxifen Teva 60 mg Filmtabletten
ratiopharm GmbH