Selinexor

Selinexor ist der erste XPO1-Hemmer zur Behandlung von stark vorbehandeltem Multiplen Myelom. Der Wirkstoff ist der erste Vertreter der selektiven Inhibitoren des nukleären Exports (SINE) und hemmt spezifisch das Schlüsselprotein des Kernexports Exportin 1 (XPO1).

Selinexor

Anwendung

Selinexor (Nexpovio) ist ein oraler, niedermolekularer Exportin-1 (XPO1)-Hemmer, der in Kombination mit dem Proteasom-Inhibitor Bortezomib und Dexamethason für die Behandlung des Multiplen Myeloms bei erwachsenen Patienten indiziert ist, die zuvor mindestens eine Therapie erhalten haben.

In Kombination nur mit Dexamethason (ohne Bortezomib) ist Selinexor für die Behandlung des Multiplen Myeloms bei erwachsenen Patienten zugelassen, die zuvor mindestens vier Therapien erhalten haben und deren Erkrankung gegenüber mindestens zwei Proteasom-Inhibitoren, zwei immunmodulatorischen Arzneimitteln sowie einem monoklonalen Anti-CD38-Antikörper refraktär ist und bei denen es unter der letzten Therapie zu einer Progression der Erkrankung kam.

Anwendungsart

Selinexor ist als Filmtablette (20 mg) erhältlich und an den Tagen 1 und 3 jeder Woche ungefähr zur gleichen Uhrzeit einzunehmen. Die Tablette ist ganz mit Wasser zu schlucken. Sie darf nicht zerdrückt, zerkaut, zerbrochen oder geteilt werden, um das Risiko einer Hautreizung durch den Wirkstoff zu vermeiden.

Die Einnahme erfolgt nahrungsunabhängig.

Wirkmechanismus

Selinexor ist ein reversibler, kovalenter und selektiver nukleärer Export Inhibitor (SINE), der spezifisch das Schlüsselprotein für den Kernexport, Exportin 1 (auch XPO1 oder CRM1), inhibiert. Exportin 1 spielt eine essenzielle Rolle beim Ausschleusen einer Reihe von sogenannten „Cargoes“ (Frachten) aus dem Zellkern.

Zu den „Cargoes“, dessen Export XPO1 reguliert, gehören unter anderem Tumorsuppressorproteine (TSPs) wie p53 und Wachstumsregulatoren sowie mRNAs von onkogenen Proteinen. Eine Hemmung von Exportin 1 durch Selinexor führt dementsprechend zu einer Ansammlung von TSPs im Zellkern, zur Reduzierung verschiedener Onkoproteine wie c-Myc und Cyclin D1, zur Apoptose von Tumorzellen und zum Stillstand des Zellzyklus.

Pharmakokinetik

Resorption

  • Nach oraler Einnahme wird die maximale Plasmakonzentration (cmax) innerhalb von 4 Stunden erreicht.
  • Die gleichzeitige Einnahme mit fettreichen Mahlzeiten hat keinen klinisch signifikanten Einfluss auf die Pharmakokinetik.

Verteilung

  • Selinexor ist zu 95% an Plasmaproteine gebunden.
  • Bei Krebspatienten beträgt das scheinbare Verteilungsvolumen 133 L.

Metabolismus (Biotransformation)

  • Selinexor wird über CYP3A4, mehrere UDP-Glucuronosyltransferasen (UGTs) und Glutathion-S-Transferasen (GSTs) metabolisiert.

Elimination

  • Nach einer Einzeldosis von 80 mg ist die mittlere Halbwertszeit 6-8 Stunden.
  • Bei Krebspatienten beträgt die scheinbare Gesamt-Clearance 18,6 L/h.

Pharmakokinetik bei besonderen Patientenpopulationen

  • Das Geschlecht, das Alter und die Herkunft scheinen keinen pharmakokinetischen Einfluss zu haben.
  • Für Patienten mit Nierenfunktionsstörungen sind keine klinisch relevanten pharmakokinetischen Veränderungen zu erwarten, die eine Dosisanpassung erfordern.
  • Bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen sind keine klinisch relevanten pharmakokinetischen Veränderungen beobachtet worden, die eine Dosisanpassung erfordern.

Dosierung

Anfangsdosis

  • Selinexor: 80 mg an Tag 1 und 3 jeder Woche
  • Dexamethason: 20 mg oral an Tag 1 und 3 jeder Woche

Bis zur Progression der Erkrankung oder einer inakzeptablen Toxizität sollte die Behandlung fortgesetzt werden.

Wenn eine Selinexor-Dosis vergessen oder verzögert wird oder ein Patient nach einer Selinexor-Dosis erbricht, sollte der Patient die Dosis nicht wiederholen. Der Patient sollte die nächste Dosis am nächsten regulär geplanten Tag einnehmen.

Dosisanpassung

Je nach Art der unerwünschten Arzneimittelwirkung werden unterschiedliche Dosisanpassungen empfohlen.

Nach einer empfohlenen Startdosis von 160 mg pro Woche (80 mg an Tag 1 und 3 jeder Woche) können folgende Dosisreduktionen vorgenommen werden:

  1. 100 mg 1x wöchentlich
  2. 80 mg 1x wöchentlich
  3. 60 mg 1x wöchentlich

Wenn die Symptome nicht abklingen, muss die Behandlung abgesetzt werden.

Bei leichter, mäßiger oder schwerer Nierenfunktionsstörung ist keine Dosisanpassung erforderlich.

Bei leichter Leberfunktionsstörung ist ebenfalls keine Dosisanpassung erforderlich. Für andere Leberfunktionsstörungen liegen aktuell nicht ausreichend Daten vor.

Nebenwirkungen

Zu den am häufigsten aufgetretenen Nebenwirkungen zählen:

  • Infektionen (Pneumonie, Infektion der oberen Atemwege)
  • Blutbildveränderungen (Thrombozytopenie, Anämie, Neutropenie, Leukopenie, Lymphopenie)
  • Hyponatriämie und –kaliämie
  • Dehydratation
  • Verwirrtheit, Schwindel und verschwommenes Sehen
  • Dyspnoe und Ermüdung
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Gewichtsverlust und verminderter Appetit
  • Diarrhö

Folgende schwerwiegende Nebenwirkungen können auftreten:

  • Pneumonie
  • Sepsis
  • Akute Nierenschädigung
  • Starke Thrombozytopenie und Anämie

Wechselwirkungen

Es wurden keine speziellen klinischen Studien zu Arzneimittelinteraktionen durchgeführt. Die gleichzeitige Anwendung starker CYP3A4-Induktoren könnte zu einer geringeren Selinexor-Exposition führen.

Kontraindikationen

Der Wirkstoff sollte nicht eingenommen werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels

Schwangerschaft

Wenn die Patientin während der Einnahme von Selinexor schwanger wird, sollte Selinexor sofort abgesetzt werden. Die Patientin sollte über die mögliche Gefährdung des Fötus aufgeklärt werden, denn es liegen bisher noch keine Erfahrungen bei Schwangeren vor. Demnach ist eine Schwangerschaft zu vermeiden.

Stillzeit

Es ist unbekannt, ob Selinexor oder seine Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Ein Risiko für gestillte Kinder kann nicht ausgeschlossen werden. Das Stillen sollte während der Behandlung mit Selinexor und für 1 Woche nach der letzten Dosis unterbrochen werden.

Verkehrstüchtigkeit

Selinexor kann aufgrund seiner Nebenwirkungen wie Ermüdung, Verwirrtheitszustände und Schwindelgefühl großen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen haben.

Den Patienten ist aus diesem Grund davon abzuraten, ein Fahrzeug zu führen oder schwere Maschinen zu bedienen.

Anwendungshinweise

Begleittherapien

  • Eine angemessene Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr (siehe Nebenwirkungen wie Gewichtsverlust oder Elektrolytmangel) ist aufrechtzuerhalten.
  • Bei erhöhtem Dehydratationsrisiko ist eine intravenöse Hydratation in Betracht zu ziehen.
  • Eine Prophylaxe mit 5-HT3-Antagonisten (Setronen) und/oder anderen Antiemetika wird empfohlen.

Hämatologie

  • Vor und während der Behandlung sind große Blutbilder anzufertigen, um Thrombozytopenien, Neutropenien und Anämien beobachten und entsprechend intervenieren zu können.

Gastrointestinale Toxizität

  • Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö sind häufige Nebenwirkungen, die mitunter sehr schwerwiegend sein können und eine Begleittherapie erfordern.

Gewichtsverlust und Anorexie

  • Aufgrund von möglichem Gewichtsverlust muss vor und während der Behandlung das Körpergewicht, der Ernährungszustand und das Nahrungsvolumen überprüft werden.
  • Eine Ernährungsberatung oder Dosisänderung kann notwendig werden.

Verwirrtheitszustand und Schwindelgefühl

  • Selinexor kann Verwirrtheitszustände und Schwindelgefühl verursachen.
  • Die Patienten sind anzuweisen, Situationen zu vermeiden, in denen Schwindelgefühl oder Verwirrtheitszustände ein Problem darstellen können, und andere Arzneimittel, die Schwindelgefühl oder Verwirrtheitszustände verursachen können, nicht ohne angemessenen ärztlichen Rat einzunehmen.
  • Den Patienten ist davon abzuraten, ein Fahrzeug zu führen oder schwere Maschinen zu bedienen, solange die Symptome nicht abgeklungen sind.

Hyponatriämie

  • Vor und während der Behandlung sind die Natriumspiegel zu überprüfen.
  • Eine Hyponatriämie ist nach medizinischen Richtlinien beispielsweise mit einer Natriumchloridlösung (i.v.) und/oder Salztabletten zu behandeln.

Tumorlysesyndrom

  • Bei Patienten, die eine Therapie mit Selinexor erhielten, wurde von Tumorlysesyndrom (TLS) berichtet.
  • Patienten mit einem hohen TLS-Risiko sollten genau überwacht werden.

Frauen im gebärfähigen Alter/Verhütung bei Männern und Frauen

  • Frauen im gebärfähigen Alter sollten angewiesen werden, während der Behandlung mit Selinexor und für mindestens 1 Woche nach der letzten Selinexor-Dosis eine Schwangerschaft zu vermeiden oder auf Geschlechtsverkehr zu verzichten.
  • Frauen im gebärfähigen Alter und männlichen zeugungsfähigen Patienten ist zu raten, während der Behandlung mit Selinexor und mindestens 1 Woche nach der letzten Selinexor-Dosis wirksame empfängnisverhütende Maßnahmen zu ergreifen oder auf sexuelle Aktivitäten zu verzichten, um eine Schwangerschaft zu verhindern.

Alternativen

Alternative Wirkstoffe, die üblicherweise angewendet werden, bevor Selinexor indiziert ist, sind:

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
443.31 g·mol-1
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1 Präparate mit Selinexor