Tibolon
Tibolon ist ein Abkömmling des Hormons Testosteron und wird innerhalb einer Hormonersatztherapie zur Behandlung von Estrogenmangelsymptomen bei Frauen in der Menopause angewendet
Tibolon : Übersicht

Anwendung
Tibolon ist ein synthetisches Steroidhormon und wird angewendet zur Behandlung von Estrogenmangelsymptomen bei postmenopausalen Frauen, bei denen die Menopause mehr als ein Jahr zurückliegt.
Wirkmechanismus
Tibolon verhindert Knochenschwund und behandelt postmenopausale Symptome, ohne jedoch das Endometriumgewebe zu stimulieren, was zu Malignität führen kann. Typischerweise haben Medikamente zur Behandlung postmenopausaler Symptome wie Estrogen eine proliferative Wirkung auf das Endometrium und erhöhen somit auch das Risiko für die Entstehung eines Endometriumkarzinoms. Seine Auswirkungen auf Knochen, Gehirn und Vaginalgewebe können durch seine östrogene Aktivität erklärt werden.
Die knochenerhaltenden Wirkungen beruhen auf einer Östradiolrezeptoraktivierung. Hierbei sind weder die Progesteron- noch die Androgenrezeptoren beteiligt. Im Uterus verhindert die progestogene Aktivität des Delta(4)-Metaboliten und die Wirkung auf östrogeninaktivierende Enzyme eine östrogene Stimulation.
Darüber hinaus moduliert Tibolon die zelluläre Homöostase in der Brust, indem es die Proliferation des Brustgewebes verhindert und die Zellapoptose stimuliert. Tibolon stimuliert aufgrund der Wirkung seines hochstabilen progestogenen Metaboliten (Delta(4)-Isomer) in Kombination mit einer Wirkung auf das Sulfatase (Hemmung)-Sulfotransferase (Stimulation)-System nicht das Endometrium.
Die Spiegel der Tibolon-Metaboliten und die hormonellen Aktivitäten variieren je nach Gewebetyp. Im Gewebe des Endometriums fungiert das Δ4-Isomer als Gestagen, zeigt jedoch in Gehirn und in der Leber androgene Wirkungen. Im Brustgewebe wirkt Tibolon primär über eine starke Hemmung der Sulfatase-Aktivität und über eine schwache Hemmung der 17β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-Aktivität, was zur Blockierung der Umwandlung von Östronsulfat in Estradiol (E2) führt.
Pharmakokinetik
Bei der Einnahme wird Tibolon schnell in drei Hauptmetaboliten umgewandelt: 3-Alpha- und 3-Beta-Hydroxy-Tibolon, die östrogene Wirkungen haben und das Delta(4)-Isomer, das progestogene und androgene Wirkungen besitzt.
Nebenwirkungen
Häufig (≥ 1/100 bis <1/10) kommt es bei der Anwendung von Tibolon zu folgenden Nebenwirkungen:
- Unterbauchschmerz
- Abnormes Haarwachstum
- Scheidenausfluss
- Zunahme der Endometriumdicke
- postmenopausale Blutung
- Brustspannen
- genitaler Pruritus
- vaginale Candidiasis
- Vaginalblutung
- Beckenschmerz
- zervixale Dysplasie
- Genitalausfluss
- Vulvovaginitis
- Gewichtszunahme
- abnormer Zervix-Abstrich
Wechselwirkungen
Bei der Anwendung von Tibolon sind folgende Interaktionen möglich:
- Erhöhung der fibrinolytischen Aktivität im Blut und damit Verstärkung der Wirkung von Antikoagulanzien
- CYP3A4-Substrate: Eine In-vivo-Studie zeigte, dass die gleichzeitige Behandlung mit Tibolon die Pharmakokinetik des Cytochrom-P450-3A4-Substrates Midazolam in mäßigem Ausmaß beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund können Arzneimittelwechselwirkungen mit anderen CYP3A4-Substraten erwartet werden.
- CYP3A4-Induktoren wie Barbiturate, Carbamazepin, Hydantoinderivate, Johanniskraut und Rifampicin: Beschleunnigung des Metabolismus von Tibolon möglich
Kontraindikationen
Tibolon besitzt folgende Gegenanzeigen:
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Bestehender oder früherer Brustkrebs bzw. ein entsprechender Verdacht (Tibolon erhöhte das Risiko des Wiederauftretens der Brustkrebserkrankung in einer Placebo-kontrollierten Studie)
- Bestehender estrogenabhängiger maligner Tumor bzw. ein entsprechender Verdacht (v. a. Endometriumkarzinom)
- Nicht abgeklärte Blutung im Genitalbereich
- Unbehandelte Endometriumhyperplasie
- Frühere oder bestehende venöse thromboembolische Erkrankungen (v. a. tiefe Venenthrombose, Lungenembolie)
- Bekannte thrombophile Erkrankungen (z. B. Protein-C-, Protein-S- oder Antithrombin-Mangel)
- Jegliche bestehende oder zurückliegende arterielle thromboembolische Erkrankung (v. a. Angina pectoris, Myokardinfarkt, Schlaganfall, transitorische ischämische Attacke)
- Akute Lebererkrankung oder zurückliegende Lebererkrankungen, solange sich die relevanten Leberenzym-Werte nicht normalisiert haben
- Porphyrie
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
Anwendungshinweise
Brustkrebs
- Bei Frauen, die eine kombinierte Estrogen-Gestagen-Therapie über mehr als 5 Jahre durchgeführt hatten, war das Risiko für eine Brustkrebsdiagnose bis zu 2fach erhöht.
- Bei Anwenderinnen, die eine Östrogen-Monotherapie und eine Therapie mit Tibolon erhalten, ist das erhöhte Risiko geringer als bei Patientinnen, die Östrogen-Gestagen-Kombinationen erhalten.
- Die Höhe des Risikos ist abhängig von der Anwendungsdauer.
Endometriumkarzinom
- Ungefähr 5 von 1.000 Frauen mit intaktem Uterus, die keine HRT oder Tibolon anwenden, entwickeln ein Endometriumkarzinom.
- Eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie mit Frauen, die zu Beginn nicht auf Anomalien des Endometriums hin untersucht wurden, und somit die klinische Praxis widerspiegelte, zeigte das höchste Risiko für Endometriumkrebs (LIFT-Studie, Durchschnittsalter 68 Jahre).
- In dieser Studie wurde nach 2,9 Jahren kein Endometriumkrebs in der Placebo-Gruppe (n=1.773) diagnostiziert, verglichen mit 4 Diagnosen von Endometriumkrebs in der Tibolon-Gruppe (n=1.746).
- Dies entspricht 0,8 zusätzlichen Diagnosen von Endometriumkrebs bei 1.000 Frauen, die im Rahmen dieser Studie ein Jahr lang Tibolon einnahmen.
Ovarialkarzinom
- Die Anwendung von Estrogen-Monoarzneimitteln oder kombinierten Estrogen-Gestagen-Arzneimitteln zur HRT ist mi einem geringfügig erhöhten Risiko verbunden, dass ein Ovarialkarzinom diagnostiziert wird.
- Bei Frauen im Alter zwischen 50 und 54 Jahren, die eine HRT 5 Jahre lang anwenden, tritt ein zusätzlicher Fall pro 2000 Anwenderinnen auf.
- Bei Frauen im Alter zwischen 50 und 54 Jahren, die keine HRT anwenden, werden über einen 5-Jahres-Zeitraum etwa 2 Fälle von Ovarialkarzinom pro 2000 Frauen diagnostiziert.
- In der „Million Women Study“ ergab sich bei 5 jähriger Einnahme von Tibolon ein zusätzlicher Fall pro 2500 Anwenderinnen.
Schlaganfall
- Das relative Risiko für einen ischämischen Schlaganfall ist unabhängig vom Alter oder von der Anwendungsdauer.
- Da das Ausgangsrisiko jedoch stark vom Alter abhängt, erhöht sich das Gesamtrisiko bei Frauen unter einer HRT oder Tibolon mit zunehmendem Alter.
- In einer randomisierten, kontrollierten Studie über 2,9 Jahre war das Schlaganfallrisiko bei Frauen mit einem Durchschnittsalter von 68 Jahren, die 1,25 mg Tibolon einnahmen, im Vergleich zu Placebo schätzungsweise um das 2,2-Fache erhöht (28/2.249 im Vergleich zu 13/2.257).
- Die Mehrzahl (80%) der Schlaganfälle war ischämisch.
- Das Grundrisiko für einen Schlaganfall ist stark altersabhängig. So beträgt die Grundinzidenz für einen Zeitraum von 5 Jahren schätzungsweise 3 pro 1.000 Frauen im Alter von 50 – 59 Jahren und 11 pro 1.000 Frauen im Alter von 60 – 69 Jahren.
- Die Anzahl zusätzlicher Fälle bei Frauen, die Tibolon über 5 Jahre anwenden, beträgt schätzungsweise 4 pro 1.000 Frauen im Alter von 50 – 59 Jahren und 13 pro 1.000 Frauen im Alter von 60 – 69 Jahren.
Wirkstoff-Informationen
- Fachinformation Tibolon Aristo
- Modelska, Katharina, and Steven Cummings. "Tibolone for postmenopausal women: systematic review of randomized trials." The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism 87.1 (2002): 16-23.
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