Tigecyclin
Tigecyclin ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Glycylcycline mit breitem Wirkspektrum gegen grampositive, gramnegative und atypische Bakterien. Es wird zur Behandlung von komplizierten Haut- und Weichgewebsinfektionen sowie komplizierten intraabdominellen Infektionen eingesetzt.
Tigecyclin: Übersicht

Anwendung
Tigecyclin ist ein Antibiotikum, das zur Behandlung von komplizierten Haut- und Weichgewebsinfektionen sowie komplizierten intraabdominellen Infektionen bei Erwachsenen und Kindern ab 8 Jahren zugelassen ist. Es sollte nur verwendet werden, wenn andere Antibiotika nicht geeignet sind und die allgemein anerkannten Richtlinien für den Gebrauch von antimikrobiellen Wirkstoffen berücksichtigt wurden.
Wirkmechanismus
Tigecyclin ist ein Glycyclin-Antibiotikum, das zur Gruppe der Tetracycline gehört. Es bindet an die 30S-Untereinheit der bakteriellen Ribosomen und hemmt dadurch die Proteinbiosynthese in Bakterien. Im Vergleich zu anderen Tetracyclinen hat Tigecyclin eine erweiterte Wirksamkeit gegenüber vielen grampositiven, gramnegativen und anaeroben Bakterien, einschließlich solchen, die gegenüber anderen Antibiotika resistent sind.
Tigecyclin bindet an die A-Stelle des Ribosoms und verhindert die Bindung von Aminoacyl-tRNA an die akzeptorstelle (A-Stelle) auf der 30S-Untereinheit. Dies hemmt die Elongation der Peptidkette und somit die Proteinbiosynthese. Tigecyclin ist in der Lage auch gegen Tetrazyklin-resistente Stämme wirksam zu sein. Das liegt daran, dass Tigecyclin eine andere Bindungsstelle auf den Ribosomen nutzt als Tetracycline, die nicht durch die üblichen Resistenzmechanismen beeinflusst wird.
Pharmakokinetik
Resorption
- Tigecyclin wird intravenös verabreicht und hat somit eine Bioverfügbarkeit von 100%.
Verteilung
- Tigecyclin verteilt sich gut in den Geweben und reichert sich in ihnen an.
- Es gibt keine Daten darüber, ob Tigecyclin die Blut-Hirn-Schranke passiert.
Metabolisierung
- Tigecyclin wird zu weniger als 20% metabolisiert.
- Die primäre Ausscheidung erfolgt durch die biliäre Ausscheidung von unverändertem Tigecyclin.
Elimination
- Nach Mehrfachgabe zeigt Tigecyclin eine polyexponentielle Ausscheidung aus dem Serum und hat eine durchschnittliche terminale Eliminationshalbwertszeit von 42 Stunden.
- Tigecyclin ist kein P-gp Inhibitor, jedoch ein P-gp Substrat.
- Die Pharmakokinetik von Tigecyclin kann durch die gleichzeitige Gabe von P-gp Inhibitoren oder P-gp Induktoren beeinflusst werden.
Dosierung
- Erwachsenen wird empfohlen, mit einer Anfangsdosis von 100 mg zu beginnen und dann alle 12 Stunden eine Dosis von 50 mg über einen Zeitraum von 5 bis 14 Tagen einzunehmen.
- Für Kinder im Alter von 8 bis unter 12 Jahren beträgt die Dosierung 1,2 mg/kg alle 12 Stunden, bis maximal 50 mg alle 12 Stunden.
- Jugendliche im Alter von 12 bis unter 18 Jahren nehmen 50 mg alle 12 Stunden ein.
- Bei älteren Patienten oder solchen mit leichten bis mittelschweren Leberfunktionsstörungen ist keine Dosisanpassung erforderlich. Bei Patienten mit schweren Leberfunktionsstörungen sollte die Dosis um 50% reduziert werden.
- Bei Kindern unter 8 Jahren soll Tigecyclin aufgrund einer möglichen Zahnverfärbung nicht angewendet werden.
Nebenwirkungen
Häufig vorkommende Nebenwirkungen in klinischen Studien waren vorübergehende Übelkeit (21%) und Erbrechen (13%), die typischerweise zu Beginn der Behandlung (am 1. und 2. Behandlungstag) auftraten und meist mild bis moderat ausgeprägt waren.
Wechselwirkungen
- Es gibt eine Wechselwirkung mit Warfarin, einem Antikoagulans, welche zu einer Abnahme der Clearance von R-Warfarin und S-Warfarin führt. Eine signifikante Veränderung der INR ist jedoch unwahrscheinlich.
- Tigecyclin wird nur geringfügig metabolisiert und wird daher nicht von Wirkstoffen beeinflusst, die die Aktivität von CYP-450-Isoenzymen hemmen oder induzieren.
- Tigecyclin beeinflusst die Wirksamkeit von Digoxin nicht und umgekehrt.
- Die gleichzeitige Anwendung von Antibiotika und oralen Kontrazeptiva kann die Wirksamkeit der oralen Kontrazeptiva reduzieren.
- Bei gleichzeitiger Anwendung von Tigecyclin und Calcineurin-Inhibitoren kann es zu einem Anstieg der Serum-Talspiegel der Calcineurin-Inhibitoren kommen.
- Tigecyclin ist ein P-gp-Substrat, dessen Pharmakokinetik von P-gp-Inhibitoren oder -Induktoren beeinflusst werden kann
Kontraindikationen
Tigecyclin darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Patienten mit einer Überempfindlichkeit gegen Antibiotika der Tetracyclin-Gruppe
Schwangerschaft
Es gibt keine ausreichenden Daten zur Anwendung von Tigecyclin bei schwangeren Frauen. Tierstudien haben auf eine Reproduktionstoxizität hingewiesen. Wie andere Antibiotika der Tetracyclin-Gruppe kann Tigecyclin bei Kindern unter 8 Jahren und im Fötus in der letzten Hälfte der Schwangerschaft zu dauerhaften Zahnschäden und Verzögerungen bei der Knochenbildung führen.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Tigecyclin in die Muttermilch übergeht, daher müssen bei der Entscheidung, ob gestillt werden soll oder nicht, der Nutzen des Stillens für das Kind und der Nutzen der Therapie für die Frau berücksichtigt werden.
Verkehrstüchtigkeit
Bei der Anwendung von Tigecyclin kann Schwindel auftreten, so dass die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt sein können.
Anwendungshinweise
- In klinischen Studien wurde bei mit Tigecyclin behandelten Patienten eine numerisch höhere Mortalitätsrate als unter der Vergleichsmedikation beobachtet
- Superinfektionen können auftreten, Patienten mit Wundheilungsstörungen sollten überwacht werden
- Anaphylaxie und anaphylaktoide Reaktionen können auftreten
- Leberschäden mit tödlichem Ausgang wurden berichtet
- Tigecyclin kann zu ähnlichen Nebenwirkungen wie andere Tetracycline führen, wie z.B. Photosensitivität, Pankreatitis, und Hyperphosphatämie
- Tigecyclin kann die Prothrombinzeit und die aktivierte partielle Thromboplastinzeit verlängern und Hypofibrinogenämie verursachen
- Erfahrungen mit einer Anwendung bei Patienten mit schweren Grunderkrankungen sind begrenzt
- Bei Kindern und Jugendlichen können Übelkeit und Erbrechen auftreten, Bauchschmerzen können ein Anzeichen für Pankreatitis sein.
Alternativen
Folgende Wirkstoffe können für die Behandlung von komplizierten Haut- und Weichgewebsinfektionen sowie komplizierten intraabdominellen Infektionen in Frage kommen:
- Carbapeneme wie Imipenem/Cilastatin, Meropenem oder Ertapenem
- Cephalosporine der dritten Generation wie Cefotaxim, Ceftriaxon oder Ceftazidim
- Daptomycin
- Fluorchinolone wie Levofloxacin, Ciprofloxacin oder Moxifloxacin
- Glykopeptid-Antibiotika wie Vancomycin oder Teicoplanin
- Linezolid
Wirkstoff-Informationen
- Fachinformation Tygacil
- Stein, Gary E., and Timothy Babinchak. "Tigecycline: an update." Diagnostic microbiology and infectious disease 75.4 (2013): 331-336.
- Stein, Gary E., and William A. Craig. "Tigecycline: a critical analysis." Clinical infectious diseases 43.4 (2006): 518-524.
- Frampton, James E., and Monique P. Curran. "Tigecycline." Drugs 65 (2005): 2623-2635.
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Tigecyclin Hikma 50 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung
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