Tipranavir
Tipranavir ist ein Protease-Inhibitor der zur Behandlung von mit HIV-1 infizierten Patienten angewendet wird. Der Wirkstoff sollte nur als Teil einer antiretroviralen Kombinationsbehandlung bei Patienten angewendet werden, für die es keine anderen therapeutischen Optionen gibt.
Tipranavir: Übersicht

Anwendung
Das HIV-Therapeutikum Tipranavir (Aptivus) ist in Kombination mit niedrig dosiertem Ritonavir indiziert zur antiretroviralen Kombinationsbehandlung der HIV-1-Infektion bei mehrfach vorbehandelten Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren mit Viren, die gegen mehrere Protease-Inhibitoren resistent sind.
Wirkmechanismus
Tipranavir ist ein nicht-peptidischer HIV-1-Proteaseinhibitor, der die Verarbeitung der viralen Gag- und Gag-Pol-Polyproteine in HIV-1-infizierten Zellen hemmt und so die Bildung reifer Virionen verhindert.
Protease-Inhibitoren werden als Teil der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) eingesetzt.
Die HAART umfasst eine Kombination aus drei oder vier antiretroviralen Wirkstoffen, die aus folgenden Wirkstoffgruppen stammen:
- zwei nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI)
- ein nicht-nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRTI) oder
- ein Protease-Inhibitor, der durch eine geringe Dosis Ritonavir oder Cobicistat geboostert wird oder
- ein Integrase-Inhibitor

Dosierung
Die empfohlene Dosis für Erwachsene und Jugendliche (von 12-18 Jahren) beträgt 500 mgTipranavir in Kombination mit 200 mg Ritonavir zweimal täglich.
Nebenwirkungen
Zu den häufigsten berichteten Nebenwirkungen zählen:
- Gastrointestinale Beschwerden, wie z. B. Diarrhoe und Übelkeit
- Hyperlipidämie
Schwerwiegendste Nebenwirkungen sind Leberfunktionsstörungen und Lebertoxizität.
Kontraindikationen
Tipranavir ist kontraindiziert bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Patienten mit mittelgradiger oder schwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klasse B oder C)
- Gleichzeitiger Anwendung von Rifampicin oder pflanzlicher Arzneimittel, die Johanniskraut (Hypericum perforatum) enthalten
- Anwendung zusammen mit Wirkstoffen, deren Clearance in hohem Maße von CYP3A abhängt und bei denen eine erhöhte Plasmakonzentration mit schwerwiegenden und/oder lebensbedrohlichen Nebenwirkungen einhergeht. Zu diesen Wirkstoffen zählen Antiarrhythmika (wie Amiodaron, Chinidin), Antihistaminika (wie Astemizol, Terfenadin), Mutterkorn-Derivate (wie Dihydroergotamin, Ergotamin), Mittel zur Beeinflussung der gastrointestinalen Motilität (wie Cisaprid), Antipsychotika (wie Pimozid, Sertindol, Quetiapin, Lurasidon), Sedativa/Hypnotika (wie Midazolam oral und Triazolam) sowie HMG-CoA-Reduktase-Hemmer (wie Simvastatin und Lovastatin)
- Anwendung des α1 -Adrenozeptor-Antagonisten Alfuzosin sowie von Sildenafil zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie
- Anwendung in Kombination mit Arzneimitteln, deren Clearance in hohem Maße von CYP2D6 abhängt, wie z. B. die Antiarrhythmika Flecainid, Propafenon sowie Metoprolol bei Herzinsuffizienz
- Patienten mit Nieren- oder Leberfunktionsstörungen die gleichzeitige Anwendung von Colchicin
Schwangerschaft
Es liegen keine ausreichenden Daten für die Anwendung von Tipranavir bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Das potenzielle Risiko für den Menschen ist nicht bekannt. Tipranavir sollte in der Schwangerschaft nur dann angewendet werden, wenn der mögliche Nutzen das mögliche Risiko für den Fetus rechtfertigt.
Stillzeit
HIV-infizierte Mütter sollten ihre Säuglinge unter keinen Umständen stillen, um das Risiko einer postnatalen HIV-Übertragung zu vermeiden.
Verkehrstüchtigkeit
Da es unter der Anwendung von Tipranavir zu Schwindel, Somnolenz und Müdigkeit kommen kann, ist bei der Teilnahme am Straßenverkehr oder dem Bedienen von Maschinen Vorsicht geboten. Wenn Patienten Müdigkeit, Schwindel oder Somnolenz bemerken, sollten sie potenziell gefährliche Tätigkeiten wie die Teilnahme am Straßenverkehr oder das Bedienen von Maschinen vermeiden.
Anwendungshinweise
Da Tipranavir in der Leber verstoffwechselt wird, kann eine Leberfunktionsstörung zu einer erhöhten Tipranavir-Exposition und einer Verschlechterung des Sicherheitsprofils führen. Aus diesem Grund soll Tipranavir bei Patienten mit leichter Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klasse A) mit Vorsicht und unter verstärkter Überwachung angewendet werden. Bei Patienten mit mittelgradiger oder schwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klasse B oder C) ist Tipranavir kontraindiziert.
Um eine effektive Tipranavir-Plasmakonzentration zu erreichen, ist eine zweimal tägliche Anwendung von Tipranavir in Kombination mit niedrig dosiertem Ritonavir nötig.
Alternativen
Weitere Protease-Inhibitoren sind:
- Atazanavir
- Darunavir
- Fosamprenavir
- Indinavir
- Lopinavir
- Saquinavir
- Ritonavir (meist als „Booster“, Kennzeichnung /r)
Wirkstoff-Informationen
- Fachinformation Aptivus
- Orman, Jennifer S., and Caroline M. Perry. "Tipranavir." Drugs 68.10 (2008): 1435-1463.
- Temesgen, Zelalem, Francesca Cainelli, and Sandro Vento. "Tipranavir." Drugs of Today (Barcelona, Spain: 1998) 41.11 (2005): 711-720.
Abbildung
Adapted from „HIV Sites for Therapeutic Intervention”, by BioRender.com