Tretinoin

Tretinoin ist ein Vitamin-A-Derivat und gehört zur Wirkstoffgruppe der Retinoide. In Form von Salben, Cremes oder Lotionen wird der Wirkstoff gegen Akne angewendet. Besondere Vorsicht ist bei Frauen im gebährfähigen Alter geboten da Tretinoin teratogen ist.

Tretinoin

Anwendung

Tretinoin, auch bekannt als all-trans-Retinsäure (ATRA), ist ein natürlich vorkommendes Derivat von Vitamin A (Retinol). das in Form von Salben, Cremes oder Lotionen zur Behandlung von Akne angewendet wird.

Darüber hinaus ist Tretinoin zur oralen Anwendung in Kombination mit Arsentrioxid oder Zytostatika zur Behandlung der akuten Promyelozyten Leukämie (APL), einer bestimmten Form der akuten myeloischen Leukämie (AML), indiziert. Hierbei können sowohl Patienten mit neu diagnostizierter APL, mit Rezidiv als auch Patienten, die refraktär gegenüber einer Chemotherapie sind, mit Tretinoin behandelt werden.

Wirkmechanismus

Tretinoin gehört zur Wirkstoffgruppe der Retinoide. Der Wirkstoff ist ein Derivat von Vitamin A und wird als Vitamin-A-Säure bezeichnet.

Tretinoin bindet an Alpha-, Beta- und Gamma-Retinsäurerezeptoren (RARs). RAR-alpha und RAR-beta wurden mit der Entwicklung von akuter Promyelozytenleukämie bzw. Plattenepithelkarzinomen in Verbindung gebracht. RAR-gamma wird mit Retinoidwirkungen auf Schleimhautgewebe und Knochen assoziiert. Der genaue Wirkungsmechanismus von Tretinoin ist unbekannt. Aktuelle Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass die Wirksamkeit von Tretinoin bei Akne hauptsächlich auf seiner Fähigkeit beruht, die abnormale follikuläre Keratinisierung zu modifizieren.

Komedonen bilden sich in Follikeln mit einem Überschuss an verhornten Epithelzellen. Tretinoin fördert die Ablösung verhornter Zellen und die verstärkte Ausscheidung von Korneozyten aus dem Follikel. Durch Erhöhung der mitotischen Aktivität von Follikelepithelien erhöht Tretinoin auch die Ablöse-Rate von dünnen, lose anhaftenden Korneozyten. Durch diese Maßnahmen wird der Komedoneninhalt extrudiert und die Bildung des Mikrokomedos, der Vorläuferläsion der Akne vulgaris, reduziert.

Tretinoin ist kein zytolytisches Medikament, sondern induziert stattdessen die Zytodifferenzierung und verringerte Proliferation von APL-Zellen in Kultur und in vivo. Wenn Tretinoin APL-Patienten systemisch verabreicht wird, führt die Tretinoin-Behandlung zu einer anfänglichen Reifung der primitiven Promyelozyten, die aus dem leukämischen Klon stammen, gefolgt von einer Neubesiedelung des Knochenmarks und des peripheren Blutes durch normale, polyklonale hämatopoetische Zellen bei Patienten, die eine vollständige Remission (CR) erreichen. Der genaue Wirkungsmechanismus von Tretinoin bei APL wurde jedoch noch nicht aufgeklärt.

Dosierung

Bei der systemischen Tretinoin-Therapie wird für Erwachsene und ältere APL-Patienten in allen Therapiephasen eine Dosis von 45 mg/m2 Körperoberfläche, aufgeteilt auf zwei gleiche Einzeldosen, empfohlen.

Zur Behandlung von Akne wird empfohlen das Produkt einmal täglich vor dem Schlafen gehen auf die betroffenen Stellen aufzutragen. Um einen befriedigenden therapeutischen Effekt zu erzielen, muss Tretinoin zwischen 8 und 12 Wochen angewendet werden.

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen von Tretinoin beschränken sich bei der äußerlichen Anwendung in aller Regel auf Hautreizungen am Ort der Anwendung.

Bei der systemischen Anwendung von Tretinoin kann es sehr häufig (≥1/10) zu folgenden Nebenwirkungen kommen:

  • verminderter Appetit
  • Verwirrtheit, Angstzustände, Depression
  • Schlaflosigkeit
  • Kopfschmerzen, erhöhter intrakranieller Druck (Pseudotumor cerebri)
  • Schwindel
  • Parästhesien
  • Visuelle Störungen, Erkrankungen der Bindehaut
  • Hypoakusis
  • Arrythmien
  • Rötungen und Hitzegefühl
  • respiratorische Insuffizienz, trockene Nasenschleimhäute, Asthma
  • Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen
  • Abdominalschmerz, Diarrhoe, Obstipation
  • Pankreatitis, Cheilitis
  • Erythem, Ausschlag, Pruritus, Alopezie
  • Hyperhidrosis
  • Knochenschmerzen
  • Brustkorbschmerz, Schüttelfrost, Unwohlsein
  • Erhöhung der Serumwerte für Triglyzeride, Kreatinin, Cholesterin, Transaminasen

Wechselwirkungen

Folgende Interaktionen sind vor der systemischen Anwendung von Tretinoin zu beachten:

  • CYP450-Induktoren oder -Inhibitoren: Da Tretinoin vom P450 Enzymsystem in der Leber metabolisiert wird, besteht die Gefahr einer Veränderung der pharmakokinetischen Parameter.
  • Antifibrinolytika: Es gibt Berichte über seltene Fälle von tödlich verlaufenden thrombotischen Komplikationen bei Patienten, die gleichzeitig mit Tretinoin und Antifibrinolytika wie Tranexamsäure, Aminocapronsäure oder Aprotinin behandelt wurden.
  • Es liegen keine Daten über eine pharmakokinetische Interaktion zwischen Tretinoin und Daunorubicin, Idarubicin und Cytarabin (AraC) vor.
  • Nahrung: Da die Bioverfügbarkeit von Retinoiden durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme erhöht wird, wird empfohlen, Tretinoin während oder kurz nach einer Mahlzeit einzunehmen.

Folgende Kombinationen sind kontraindiziert:

  • Andere Retinoide: erhöhtes Risiko von Symptomen einer Hypervitaminose A.
  • Vitamin A: erhöhtes Risiko von Symptomen einer Hypervitaminose A bei täglicher Dosis > 10.000 UI.
  • Tetracycline: gesteigertes Risiko für eine intrakranielle Druckerhöhung (Pseudotumor cerebri).

Kontraindikation

Tretinoin besitzt folgende Kontraindikationen:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Rosacea, akutes Ekzem, akute Entzündungen der Haut, insbesondere periorale Dermatitis (bei lokaler Anwendung)
  • Schwangerschaft
  • Frauen, die eine Schwangerschaft planen

Schwangerschaft

Tretinoin ist teratogen und es besteht ein sehr hohes Risiko schwerer Missbildungen des Fötus, vor allem bei Verwendung von Tretinoin im ersten Trimester. Aus diesem Grund darf der Wirkstoff nicht während der Schwangerschaft, im Besonderen im ersten Trimester, sowie bei Frauen, die keine Verhütung betreiben, angewendet werden.

Erfordert der Zustand der Patientin (Schwere der Erkrankung, Notwendigkeit der Behandlung) eine Behandlung, muss die Patientin auf die mögliche Teratogenität und auf die Gefahr schwerer Missbildungen für den Fötus hingewiesen werden.

Stillzeit

Tretinoin darf während der Stillzeit nicht angewendet werden.

Verkehrstüchtigkeit

Tretinoin hat keinen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Bei oraler Anwendung kann es bei Auftreten von Schwindel zu einer beeinträchtigung kommen.

Alternativen

Weitere Retinoide zur topischen Anwendung bei Akne sind:

Folfende Retinoide sind zur Krebsbehandlung indiziert:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
300.44 g·mol-1
Autor:
Stand:
10.09.2022
Quelle:
  1. Fachinformation Vesanoid
  2. Fachinformation Airol
  3. Sanz MA: Treatment of acute promyelocytic leukemia. Hematology Am Soc Hematol Educ Program. 2006:147-55.
  4. Mao JT, Goldin JG, Dermand J, Ibrahim G, Brown MS, Emerick A, McNitt-Gray MF, Gjertson DW, Estrada F, Tashkin DP, Roth MD: A pilot study of all-trans-retinoic acid for the treatment of human emphysema. Am J Respir Crit Care Med. 2002 Mar 1;165(5):718-23.
  5. Roth MD, Connett JE, D'Armiento JM, Foronjy RF, Friedman PJ, Goldin JG, Louis TA, Mao JT, Muindi JR, O'Connor GT, Ramsdell JW, Ries AL, Scharf SM, Schluger NW, Sciurba FC, Skeans MA, Walter RE, Wendt CH, Wise RA: Feasibility of retinoids for the treatment of emphysema study. Chest. 2006 Nov;130(5):1334-45.
  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden
7 Präparate mit Tretinoin