Vancomycin

Vancomycin ist ein Antibiotikum zur Behandlung einer Reihe bakterieller Infektionen. Der Wirkstoff wird zur intravenösen Behandlung komplizierter Hautinfektionen, Sepsis, Endokarditis, Knochen- und Gelenkinfektionen sowie Meningitis empfohlen, die durch Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus verursacht wird.

Vancomycin

Anwendung

Vancomycin ist ein Antibiotikum aus aus der Gruppe der Glykopeptide und kann bei intravenöser Applikation zur Behandlung folgender Infektionen angewendet werden:

  • Komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektionen (cSSTI)
  • Infektionen der Knochen und ambulant erworbene Pneumonie (CAP)
  • im Krankenhaus erworbene Pneumonie (HAP), einschließlich beatmungsassoziierter Pneumonie (VAP)
  • infektiöse Endokarditis

Darüber hinaus ist Vancomycin für die perioperative antibakterielle Prophylaxe bei Patienten mit hohem Risiko für die Entwicklung einer bakteriellen Endokarditis bei großen chirurgischen Eingriffen indiziert. Ein weiteres Indikationsgebiet von Vancomycin ist die Behandlung von Clostridioides-difficile-Infektionen (CDI) bei oraler Anwendung.

Wirkmechanismus

Die bakterizide Wirkung von Vancomycin beruht auf dessen hemmendem Effekt auf die Zellwandsynthese Gram-positiver Bakterien. Aufgrund des unterschiedlichen Mechanismus, durch den Gram-negative Bakterien ihre Zellwände produzieren und der verschiedenen Faktoren, die mit dem Eindringen in die äußere Membran von Gram-negativen Organismen zusammenhängen, ist Vancomycin gegen sie nicht wirksam (außer einigen Nicht-Gonokokken-Arten von Neisseria).

Das große hydrophile Molekül ist in der Lage durch Wasserstoffbrückenbindungen mit den terminalen D-Alanyl-D-Alanin-Einheiten des bakteriellen Zellwandbestandteils Murein einen Komplex zu bilden. Diese Bindung von Vancomycin an D-Ala-D-Ala verhindert verhindert insbesondere den Einbau von N-Acetylmuraminsäure (NAM)- und N-Acetylglucosamin (NAG)-Peptid-Untereinheiten in die Peptidoglycan-Matrix, die die Hauptstrukturkomponente von Gram-positiven Zellwänden bildet. Darüber hinaus verändert Vancomycin die Permeabilität der Bakterienzellmembran und die RNA-Synthese.

Pharmakokinetik

Resorption

Vancomycin wird aus dem Gastrointestinaltrakt schlecht resorbiert, kann jedochnach intraperitonealer Applikation eine systemische Resorption (bis zu 60%) erreichen.

Verteilung

  • Das Verteilungsvolumen variiert, wie in der Literatur diskutiert, zwischen 0,4-1 l/kg.
  • Bei Früh- und Neugeborenen variiert das Vancomycin-Verteilungsvolumen bei der intravenösen Verabreichung zwischen 0,38 und 0,97 l/kg, ähnlich den Werten bei Erwachsenen, während die Clearance zwischen 0,63 und 1,4 ml/kg/min variiert.
  • Bei Säuglingen und älteren Kindern liegt das Verteilungsvolumen zwischen 0,26-1,05 l/kg und die Clearance variiert zwischen 0,33-1,87 ml/kg/min.
  • Die Proteinbindung beträgt ungefähr 50%.

Metabolisierung

  • Da fast 75-80% des Arzneimittels 24 Stunden nach der ersten Applikation unverändert mit dem Urin ausgeschieden werden, wird Vancomycin offensichtlich kaum metabolisiert. 
  • Die Konzentration von Vancomycin im Lebergewebe und in der Galle 24 Stunden nach der Verabreichung liegt ebenfalls bei oder unter der Nachweisgrenze.

Elimination

  • Die Halbwertszeit bei Patienten mit normaler Nierenfunktion beträgt etwa 6 Stunden (Bereich 4 bis 11 Stunden).
  • Bei anephrischen Patienten beträgt die durchschnittliche Eliminationshalbwertszeit 7,5 Tage.
  • Bei Frühgeborenen und Neugeborenen variiert die Halbwertszeit zwischen 3,5 und 10 Stunden und ist länger als bei Erwachsenen, was die üblichen niedrigeren Werte für die Clearance bei Neugeborenen widerspiegelt.
  • In den ersten 24 Stunden werden etwa 75-80% einer verabreichten Vancomycin-Dosis durch glomeruläre Filtration im Urin ausgeschieden.

Dosierung

Intravenöse Anwendung

Die Initialdosis von Vancomycin richtet sich nach dem Gesamtkörpergewicht des Patienten und die nachfolgenden Dosierungen nach den ermittelten Serumkonzentrationen. Darüber hinaus muss die Nierenfunktion berücksichtigt werden.

Patienten im Alter ab 12 Jahre

Die empfohlene Dosis beträgt 15 bis 20 mg/kg Körpergewicht alle 8 bis 12 Stunden (nicht mehr als 2 g pro Dosis). Bei schwer erkrankten Patienten kann eine Dosis von 25-30 mg/kg Körpergewicht verwendet werden, um das schnelle Erreichen des Ziel-Talspiegels der Vancomycin-Serumkonzentration zu erleichtern.

Kleinkinder und Kinder im Alter von einem Monat bis 12 Jahre

Die empfohlene Dosis beträgt 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht alle 6 Stunden. Neugeborene (von der Geburt bis zu 27 Tage nach der Entbindung) und Frühgeborene (von der Geburt bis zum erwarteten Entbindungstag plus 27 Tage). Für die Festlegung der Dosierungsregime für Neugeborene sollte ein Arzt hinzugezogen werden, der Erfahrung im Umgang mit Neugeborenen hat. Eine
Möglichkeit, Vancomycin bei Neugeborenen zu dosieren, ist in der jeweiligen Fachinformation dargestellt.

Perioperative Prophylaxe der bakteriellen Endokarditis in allen Altersgruppen

Die empfohlene Initialdosis beträgt 15 mg/kg vor der Einleitung der Anästhesie. Abhängig von der Dauer der Operation kann eine zweite Vancomycin-Dosis erforderlich sein.

Dauer der Behandlung

Die Behandlungsdauer richtet sich nach der jeweiligen Indikation:

  • Komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektionen, nicht nekrotisierend: 7 bis 14 Tage
  • Komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektionen, nekrotisierend: 4 bis 6 Wochen und ist so lange fortzusetzen, bis eine weitere Wundausschneidung nicht mehr notwendig ist, der Zustand des Patienten sich klinisch verbessert hat und der Patient für 48 bis 72 Stunden fieberfrei ist.
  • Infektionen der Knochen und Gelenke: 4 bis 6 Wochen; Bei prothetischen Gelenkinfektionen sollten längere Verläufe einer oralen Suppressionstherapie mit geeigneten Antibiotika in Betracht gezogen werden.
  • Ambulant erworbene Pneumonie: 7 bis 14 Tage
  • Im Krankenhaus erworbene Pneumonie, einschließlich beatmungsassoziierter Pneumonie: 7 bis 14 Tage
  • Infektiöse Endokarditis: 4 bis 6 Wochen; Die Dauer und die Notwendigkeit einer Kombinationstherapie basiert auf dem Herzklappentyp und dem Organismus

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen bei einer zu schnellen intravenösen Infusion von Vancomycin sind Phlebitis, pseudoallergische Reaktionen und Rötung des Oberkörpers ("Red-Neck-Syndrom"). Darüber hinaus kann es häufig (≥ 1/100 bis < 1/10) zu folgenden Nebenwirkungen kommen:

  • Blutdruckabfall
  • Dyspnoe, Strido
  • Rötung des Oberkörpers ("Red-Man-Syndrom")
  • Exanthem und Schleimhautentzündung
  • Juckreiz, Nesselfieber
  • Nierenschädigung, manifestiert vor allem durch erhöhte Serumkreatinin- und Serumharnstoff-Konzentrationen
  • Venenentzündung
  • Rötung von Oberkörper und Gesicht

Wechselwirkungen

Folgende Wechselwirkungen müssen bei der Anwendung von Vancomycin beachtet werden:

  • Bei Patienten mit einer entzündlichen Darminfektion können auch nach oraler Anwendung von Vancomycin klinisch bedeutsame Serumkonzentrationen auftreten, vor allem, wenn gleichzeitig eine Nierenfunktionseinschränkung besteht. Hierbei sind Wechselwirkungen wie nach intravenöser Infusion möglich.
  • Gleichzeitige Anwendung mit anderen potenziell oto- oder nephrotoxischen Medikamenten: Oto- und/oder Nephrotoxizität kann verstärkt werden. Besonders bei gleichzeitiger Gabe von Aminoglykosiden ist eine sorgfältige Überwachung notwendig. In diesen Fällen ist die Maximaldosis von Vancomycin auf 500 mg alle 8 Stunden zu begrenzen.
  • Narkosemittel: Es gibt Berichte, dass die Häufigkeit der im zeitlichen Zusammenhang mit der intravenösen Vancomycin-Infusion möglichen Nebenwirkungen [(wie z. B. Hypotonie, Hautrötung, Erythem, Nesselsucht und Juckreiz) bei gleichzeitiger Gabe von Vancomycin und Narkosemitteln zunimmt.
  • Muskelrelaxanzien: Wird Vancomycin unter oder unmittelbar nach Operationen verabreicht, kann bei gleichzeitiger Anwendung von Muskelrelaxanzien (wie z.B. Succinylcholin) deren Wirkung (neuromuskuläre Blockade) verstärkt und verlängert sein.

Kontraindikationen

Vancomycin darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des jeweiligen Präparates.

Schwangerschaft

Zu einer Anwendung von Vancomycin in der Schwangerschaft und Stillzeit beim Menschen liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor, weshalb der Wirkstoff nur nach einer eingehenden Nutzen-Risiko-Abwägung gegeben werden sollte. Tierversuche haben keine Hinweise auf Missbildungen ergeben.

Stillzeit

Vancomycin geht in die Muttermilch über und sollte daher in der Stillzeit nur bei Versagen anderer Antibiotika angewendet werden. Beim Säugling kann es zu Störungen der Darmflora mit Durchfällen, Sprosspilzbesiedlung und möglicherweise auch zu einer Sensibilisierung kommen.

Verkehrstüchtigkeit

Vancomycin hat keinen oder vernachlässigbaren Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.

Anwendungshinweise

Ototoxizität

Bei der Anwendung von Vancomycin kann es bei übermäßigen intravenösen Dosen oder gleichzeitiger Behandlung mit Aminoglykosiden zu einer Ototoxizität kommen, die dauerhaft sein kann. (Der Taubheit kann ein Tinnitus vorausgehen. Die Erfahrung mit anderen Antibiotika deutet darauf hin, dass die Taubheit trotz Beendigung der Behandlung progressiv sein kann. Um das Risiko einer Ototoxizität zu reduzieren, sollte der Blutspiegel regelmäßig kontrolliert werden. Vor allem ältere Menschen sind anfällig für Hörschäden, weshalb bei diesen Patienten während und nach der Behandlung eine Kontrolle der vestibulären und auditiven Funktion durchgeführt werden sollte.

Alternativen

Weitere Glycopeptid-Antibiotika sind:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
1449.25 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 6.0 H
Q0-Wert:
0.05
Kindstoff(e):
Autor:
Stand:
19.07.2022
Quelle:
  1. Steinhilber, Schubert, Zsilavecz, Roth; Medizinische Chemie
  2. Mutschler Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, Begründet von Ernst Mutschler, 11. Auflage 2020
  3. Fachinformation Vanco-saar
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