Vindesin
Vindesin ist ein Vinca-Alkaloid, das als Zytostatikum zur Therapie verschiedener Krebsarten wie bspw. der akuten lymphatischen Leukämie eingesetzt wird. Seine Wirkung entfaltet Vindesin über eine Hemmung von Mikrotubuli.

Anwendung
Das Vinca-Alkaloid Vindesin wird innerhalb einer Kombinationschemotherapie angewendet:
- zur Remissionseinleitung und Konsolidierung bei akuter lymphatischer Leukämie
- bei Blastenschub bei chronisch myeloischer Leukämie
- bei Morbus Hodgkin nach Versagen der Standardtherapie (nicht vollständiges Ansprechen auf die Therapie bzw. Wiederauftreten der Erkrankung).
- bei lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Stadium IIIB oder IV)
- bei aggressivem Non-Hodgkin-Lymphom (Stadium I oder II)
Vindesin hat sich bei Patienten als vielversprechend erwiesen, die nach der Einnahme von Vincristin innerhalb eines Behandlungsschemas mit mehreren Wirkstoffen einen Rückfall erlitten.
Wirkmechanismus
Der Wirkstoff Vindesin ist ein Mikrotubuli-Inhibitor.
Mikrotubuli bestehen aus einer primären Skelettstruktur von Tubulin-Heterodimeren (α- und β-Tubulin-Untereinheiten). Während der Mitose wachsen Mikrotubuli und entwickeln sich zur mitotischen Spindel, die sich mit Chromosomen verbindet. Abhängig vom Wechsel zwischen langsamem Wachstum und schnellem Schrumpfen schieben oder ziehen Mikrotubuli Chromosomen zu den Zellpolen.
Vinca-Alkaloide binden an die β-Untereinheit des Tubulin-Dimers an der Vinca-Bindungsstelle im Äußeren der Mikrotubuli. Die Vinca-Bindungsdomäne auf β-Tubulin liegt nahe an der austauschbaren GTP-Bindungsstelle. Vinca-Alkaloide haben im Allgemeinen zwei unterschiedliche Bindungsstellen auf Mikrotubuli:
- Bindung mit hoher Affinität zu Tubulin an den Plus-Enden der Mikrotubuli und
- Bindung mit geringer Affinität zu Tubulin entlang der Seiten der Mikrotubuli-Oberfläche
Vinca-Alkaloide verursachen so eine Depolymerisation von Mikrotubuli, was zu einer Spiralisierung von Tubulin führt, die Polymerisation von Mikrotubuli unterbricht und schließlich die mitotische Progression blockiert.
Dosierung
- Bei normaler Knochenmarkfunktion beträgt die übliche Dosis für Kinder 4 mg Vindesinsulfat/m2 Körperoberfläche i.v. und für Erwachsene 3 mg Vindesinsulfat/m2 i.v. einmal wöchentlich.
- Die maximale Gesamtdosis ist 4 mg/m2 Körperoberfläche i.v./Woche.
Nebenwirkungen
Sehr häufig (≥ 1/10) kann es bei der Anwendung von Vindesin zu folgenden Nebenwirkungen kommen:
- Leukopenie
- Granulozytopenie
- Parästhesien, insbesondere Taubheit der Finger- und Zehenspitzen
- Verlust der tiefen Sehnenreflexe
- Unwohlsein, Schwäche, Fieber
- Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen
- reversible Alopezie
Kontraindikationen
Vindesin darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Patienten mit medikamentös induzierter erheblicher Granulozytopenie oder Thrombozytopenie
- Patienten mit schweren bakteriellen Infektionen
- Patienten mit neuraler Muskelatrophie mit segmentaler Entmarkung (demyelinisierende Form des Charcot-Marie-Tooth-Syndroms).
- Frauen, die stillen
Wirkstoff-Informationen
- Dhyani, Praveen, et al. "Anticancer potential of alkaloids: a key emphasis to colchicine, vinblastine, vincristine, vindesine, vinorelbine and vincamine." Cancer Cell International 22.1 (2022): 1-20.
- Fachinformation Eldisine