Allopurinol

Allopurinol ist ein Wirkstoff der zur Behandlung erhöhter Harnsäurewerte im Blut (Hyperurikämie) und somit der chronischen Gicht angewendet wird. Das Gichtmittel gehört zur Wirkstoffklasse der Xanthinoxidasehemmer und ist ein Urikostatikum.

Allopurinol

Anwendung

Allopurinol wird angewendet zur Behandlung von:

  • Hyperurikämie mit Serum-Harnsäurewerten im Bereich von 500 μmol/l (8,5 mg/100 ml) und darüber
  • Sekundärer Hyperurikämie unterschiedlicher Genese

Für Kinder bestehen folgende Indikationen für eine Anwendung von Allopurinol:

  • Sekundäre Hyperurikämie unterschiedlicher Genese
  • Harnsäurenephropathie bei Leukämie-Behandlung
  • Angeborene Enzymmangelkrankheiten Lesch-Nyhan-Syndrom (teilweise oder totale Defekte der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase) und Adenin-Phosphoribosyl-Transferasemangel

Anwendungsart

Allopurinol ist in Form von Tabletten auf dem deutschen Markt verfügbar. Die Tabletten werden unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit nach einer Mahlzeit eingenommen.

Wirkmechanismus

Allopurinol und sein Hauptmetabolit Oxipurinol hemmen das Enzym Xanthinoxidase, das bei der Oxidation von Hypoxanthin zu Harnsäure eine wichtige Rolle spielt. Durch die Hemmung wird die Harnsäurebildung verringert und somit Harnsäure- und Uratspiegel in den Körperflüssigkeiten und im Urin gesenkt. Durch Hemmung der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase kann bei einigen Patienten zudem neben der Hemmung des Purinabbaus auch die De-novo-Purinbiosynthese unterdrückt werden.

Pharmakokinetik

Allopurinol wird schnell aus dem Gastrointestinaltrak resorbiert und ist nach nach 30 bis 60 Minuten nach oraler Einnahme im Plasma nachweisbar. Eineinhalb Stunden nach Einnahme werden Allopurinol-Plasmaspitzenspiegel erreicht, wohingegen nach ca. 6 Stunden kaum noch Allopurinol im Plasma nachweisbar ist. Etwa 3 bis 5 Stunden nach der oralen Allopurinol-Einnahme werden Oxipurinol-Plasmaspitzenwerte erreicht.  Die günstigsten Absorptionsbedingungen herrschen im Duodenum und im oberen Jejunum. Die Allopurinol-Serum-Maximalwerte betragen bei der therapeutisch üblichen Dosis von 300 mg (in Abhängigkeit vom Ausmaß und der Geschwindigkeit der individuellen First-pass-Umwandlung in Oxipurinol) durchschnittlich 1,8 μg/ml. Die korrespondierenden Oxipurinol-Werte liegen im Durchschnitt bei 8,4 μg/ml.

Unter standardisierten Bedingungen mit Probanden wurden nach Einmalgabe von 300 mg Allopurinol Plasmaspitzenwerte von durchschnittlich 5,24 μg Oxipurinol/ml gemessen.
24 Stunden nach der einmaligen oralen Gabe von 300 mg Allopurinol betrug die mittlere Konzentration von Oxipurinol im Plasma 3,78 μg/ml.

Bei Einleitung der Therapie tritt aufgrund der langen Halbwertszeit von Oxipurinol eine Kumulation auf. Nach etwa 1 Woche ist ein Gleichgewicht erreicht. Das Verteilungsvolumen von Allopurinol beträgt etwa 1,6 l/kg, was für eine relativ große Aufnahme in das Gewebe spricht.

Allopurinol wird durch die Xanthinoxidase und Aldehydoxidase schnell zu Oxipurinol (Alloxanthin) oxidiert, das die Xanthinoxidase ähnlich stark hemmt, aber langsamer an das Enzym bindet.
Weder Allopurinol noch sein Hauptmetabolit Oxipurinol werden stark an Plasmaproteine gebunden. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend renal, wobei weniger als 10 % des Arzneimittels unverändert ausgeschieden werden. Etwa 20 % des verabreichten Allopurinols wird nach 48 bis 72 Stunden in den Faeces gefunden. Oxipurinol wird nach tubulärer Rückresorption unverändert mit dem Urin ausgeschieden.

Die Eliminationshalbwertszeit von Oxipurinol unterliegt großen individuellen Schwankungen. Bei gesunden Personen beträgt sie zwischen 18 bis 43 Stunden, in Einzelfällen, während einer purinfreien Ernährung, bis zu 70 Stunden. Nierenfunktionseinschränkungen führen zu einer Verlängerung der Oxipurinol-Eliminationshalbwertszeit.

Bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von 10-20 ml/min wurden nach Gabe von 300 mg Allopurinol/Tag über einen längeren Zeitraum Oxipurinol-Plasmakonzentrationen gemessen, die in etwa der Konzentration entsprechen, die nach Gabe von 600 mg Allopurinol/Tag bei Patienten mit normaler Nierenfunktion erreicht wird. Die absolute Bioverfügbarkeit von 100 und 300 mg Allopurinol beträgt zwischen 67 und 90 Prozent.

Dosierung

Üblicherweise werden zwischen 100 und 300 mg Allopurinol täglich eingenommen. Die Dosierung ist hierbei abhängig von den gemessenen Serum-Harnsäurewerten.
In Einzelfällen kann die Dosis auf täglich 600 bis 800 mg Allopurinol gesteigert werden. Eine Einzeldosis von 300 mg sollte nicht überschritten werden.

Kinder

Die Tagesdosis beträgt 10 mg Allopurinol/kg Körpergewicht (bis max. 400 mg/Tag), verteilt auf 3 Einzeldosen.

Nebenwirkungen

Häufige Nebenwirkungen unter der Anwendung von Allopurinol sind Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Erbrechen und Übelkeit. Von den beobachteten Nebenwirkungen sind Hautreaktionen am häufigsten (ca. 4 %). In Einzelfällen wurde über Blutbildveränderungen wie Leukopenie, Leukozytose, Granulozytose und Eosinophilie berichtet. Das Auftreten von Nebenwirkungen ist häufiger bei Bestehen einer Nieren- und/oder Leberinsuffizienz oder bei gleichzeitiger Ampicillin- oder Amoxicillin-Therapie, was die Notwendigkeit einer besonders sorgfältigen Überwachung dieser Patientengruppe nahelegt.

Wechselwirkungen

  • Probenecid ► Allopurinol verlangsamt die Elimination von Probenecid
  • Arzneimittel, die eine vermehrte Harnsäureausscheidung bewirken, wie Probenecid, Benzbromaron, Sulfinpyrazon oder Salicylaten in hohen Dosen ► Die Ausscheidung von Allopurinol wird durch die gleichzeitige Gabe von beschleunigt und somit die Wirksamkeit herabgesetzt.
  • 6-Mercaptopurin oder Azathioprin ► Dosis muss auf 25 % der sonst üblichen Dosis gesenkt werden, da der Metabolismus dieser Wirkstoffe bei Xanthinoxidase-Hemmung verlangsamt und somit ihre Wirkung verlängert ist.
  • Ampicillin oder Amoxicillin ► Auftreten allergischer Reaktionen (Hautausschläge) ist bei gleichzeitiger Allopurinol-Gabe häufiger zu rechnen.
  • Captopril ► insbesondere bei chronischem Nierenversagen kann die Gefahr von Hautreaktionen erhöht werden.
  • Antikoagulantien vom Cumarin-Typ ► Wirkung kann verstärkt werden. Es ist daher eine häufigere Kontrolle der Blutgerinnung erforderlich und ggf. eine entsprechende Dosisreduktion des Cumarin-Derivates notwendig.
  • Chlorpropamid ► Insbesondere bei eingeschränkter Nierenfunktion kann die hypoglykämische Wirkung des Antidiabetikums Chlorpropamid durch die gleichzeitige Gabe von Allopurinol verlängert werden, was eine Dosisreduktion erforderlich macht.
  • Theophyllin ► Allopurinol hemmt bei hoher Dosierung den Theophyllin-Stoffwechsel. Zu Beginn der Behandlung mit Allopurinol oder bei Erhöhung der Allopurinol-Dosis sollten deshalb die Theophyllin-Plasmaspiegel bestimmt werden.
  • Zytostatika (z. B. Cyclophosphamid, Doxorubicin, Bleomycin, Procarbazin, Alkylhalogenide) ► Blutbildveränderungen treten häufiger auf als bei Einzelgabe der Wirkstoffe.
  • Vidarabin ►die Plasmahalbwertszeit von Vidarabin kann in Gegenwart von Allopurinol verlängert sein.
  • Ciclosporin ►die Plasmakonzentration von Ciclosporin kann unter Allopurinol-Gabe erhöht sein.
  • Phenytoin ► Allopurinol kann die Metabolisierung von Phenytoin in der Leber beeinträchtigen. Eine klinische Bedeutung ist bisher nicht bekannt.
  • Didanosin ► Allopurinol kann bei gleichzeitiger Anwendung die Exposition von Didanosin steigern und somit das Potenzial für Didanosin-assoziierte Nebenwirkungen erhöhen, da die Xanthinoxidase an der Metabolisierung von Didanosin beteiligt ist.
  • Aluminiumhydroxid ► Allopurinol kann bei gleichzeitiger Einnahme von Aluminiumhydroxid eine eingeschränkte Wirkung haben. Zwischen der Einnahme beider Arzneimittel sollten mindestens 3 Stunden liegen.

Kontraindikation

Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff

Schwangerschaft

Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Da Allopurinol in den Purinstoffwechsel eingreift und das potenzielle Risiko für den Menschen unbekannt ist, sollte Allopurinol nicht während der Schwangerschaft verwendet werden, es sei denn, dies ist eindeutig erforderlich.

Stillzeit

Allopurinol und sein Metabolit Oxipurinol gehen in die Muttermilch über. Allopurinol sollte während der Stillzeit nicht angewendet werden.

Verkehrstüchtigkeit

Unter der Behandlung mit Allopurinol kann es zu Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Schwindel und Ataxie kommen. Patienten sollten deshalb vor dem Fahren eines Kraftfahrzeuges, dem Bedienen von Maschinen oder der Teilnahme an gefährlichen Aktivitäten Vorsicht walten lassen, bis sie sich ausreichend sicher sind, dass Allopurinol ihre Leistungsfähigkeit nicht einschränkt.

Alternativen

Febuxostat zählt wie Allopurinol zur Wirkstoffklasse der Xanthinoxidase-Hemmer und kann als Alternative in Erwägung gezogen werden. Allerdings hat die von der FDA geforderte Sicherheitsstudie CARES für Verunsicherung gesorgt: Im Vergleich zu Allopurinol ging Febuxostat mit einer um 22 % erhöhten Sterblichkeit und einer um 34 % erhöhten kardiovaskulären Mortalität einher. Die Indikation von Febuxostat wird deshalb auf die Behandlung von Patienten eingeschränkt, bei denen Allopurinol nicht ausreichend gut wirkt oder auf Patienten die unter Allopurinol schwere Nebenwirkungen haben.

Hinweise

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
136.11 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 25.0 H
Q0-Wert:
0.1
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20 Präparate mit Allopurinol