Bendamustin

Bendamustin ist ein Stickstofflost-Derivat, das zur Wirkstoffgruppe der Zytostatika gehört und zur Behandlung von sehr unterschiedlichen Krebserkrankungen eingesetzt wird. Durch seine Funktion als Alkylierungsmittel verursacht Bendamustin intra- und intersträngige Vernetzungen zwischen DNA-Basen, was zum Zelltod führt.

Bendamustin

Anwendung

Das hauptsächliche Anwendungsgebiet ist die chronische lymphatische Leukämie (Binet-Stadium B oder C), wenn eine Fludarabin-Kombinations-Chemotherapie ungeeignet ist

Des Weiteren stellt Bendamustin eine Option in der Behandlung von indolenten Non-Hodgkin-Lymphomen (Krebserkrankung des lymphatischen Systems) dar, wenn dieser Lymphdrüsenkrebs trotz Behandlung mit Rituximab weiter wächst.

Darüber hinaus wird Bendamustin in fortgeschrittenen Stadien von multiplem Myelom (Stadium II nach Durie-Salmon mit Progression oder Stadium III) in Kombination mit Prednison, bei Patienten, die älter als 65 Jahre und nicht für eine autologe Stammzellen-Transplantation (HDT/ASCT) geeignet sind und die bereits bei Diagnosestellung eine klinische Neuropathie aufweisen, wodurch eine Behandlung mit Thalidomid oder Bortezomib ausgeschlossen ist, angewendet.

Wirkmechanismus

Bendamustin ist ein bifunktionelles Mechlorethamin-Derivat, das elektrophile Alkylgruppen bilden kann, die sich kovalent an andere Moleküle binden. Durch diese Funktion als Alkylierungsmittel verursacht Bendamustin intra- und intersträngige Vernetzungen zwischen DNA-Basen, was zur Apoptose der Zelle führt. Bendamustin ist sowohl gegen aktive als auch gegen ruhende Zellen aktiv. Der exakte Wirkungsmechanismus ist jedoch nicht vollständig aufgeklärt.

Pharmakokinetik

Resorption

  • Nach einer intravenösen Einzeldosis Bendamustinhydrochlorid trat die Cmax typischerweise am Ende der Infusion auf.
  • Die Dosisproportionalität von Bendamustin wurde nicht untersucht.

Verteilung

  • Das mittlere Steady-State-Verteilungsvolumen (Vss) von Bendamustin beträgt ca. 20-25 l.
  • Das Steady-State-Verteilungsvolumen für die Gesamtradioaktivität betrug ca. 50 l, was darauf hinweist, dass weder Bendamustin noch die Gesamtradioaktivität extensiv in die Gewebe verteilt werden.
  • In vitro lag die Bindung von Bendamustin an Humanserumplasmaproteine ​​im Bereich von 94-96%.
  • Die Daten deuten darauf hin, dass Bendamustin wahrscheinlich nicht durch stark proteingebundene Arzneimittel verdrängt wird.

Metabolismus

  • In-vitro-Daten weisen darauf hin, dass Bendamustin hauptsächlich durch Hydrolyse zu Monohydroxy- (HP1) und Dihydroxy-Bendamustin (HP2)-Metaboliten mit geringer zytotoxischer Aktivität metabolisiert wird.
  • Zwei aktive Nebenmetaboliten, M3 und M4, werden hauptsächlich über CYP1A2 gebildet.
  • Die Konzentrationen dieser Metaboliten im Plasma betragen jedoch 1/10 bzw. 1/100 der Ausgangssubstanz, was darauf hindeutet, dass die zytotoxische Aktivität hauptsächlich auf Bendamustin zurückzuführen ist.
  • Die Ergebnisse einer Massenbilanzstudie beim Menschen bestätigen, dass Bendamustin umfassend über hydrolytische, oxidative und konjugative Stoffwechselwege metabolisiert wird.

Elimination

  • Die mittlere Wiederfindung der Gesamtradioaktivität bei Krebspatienten nach intravenöser Infusion von [14C]-Bendamustinhydrochlorid betrug etwa 76% der Dosis.
  • Etwa 50% der Dosis wurden im Urin und etwa 25% der Dosis im Stuhl wiedergefunden.
  • Die Ausscheidung über den Urin wurde als relativ unbedeutender Eliminationsweg von Bendamustin bestätigt, wobei ungefähr 3,3% der Dosis als Muttersubstanz im Urin wiedergefunden wurden.
  • Weniger als 1% der Dosis wurde im Urin als M3 und M4 und weniger als 5% der Dosis als HP2 im Urin wiedergefunden.
  • Die Halbwertzeit liegt bei etwa 40 Minuten, die Clearance bei 700 ml/min.

Dosierung

Ein typisches Dosierungsschema von Bendamustin ist die intravenöse Applikation von 100-150 mg/m2 Körperoberfläche an den Tagen 1 und 2 alle vier Wochen.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen von Bendamustin sind:

  • hämatologische Nebenwirkungen (Leukopenie, Thrombopenie)
  • dermatologische Toxizität (allergische Reaktionen)
  • konstitutionelle Symptome (Fieber)
  • gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen)

Wechselwirkungen

Mit folgenden Verbindungen können bei der gleichzeitigen Anwendung mit Bendamustin Wechselwirkungen auftreten:

  • Myelosuppressive Arzneimittel: Wirkverstärkung von Bendamustin und/oder der gleichzeitig verabreichten Arzneimittel auf das Knochenmark.
  • Ciclosporin oder Tacrolimus: Exzessive Immunsuppression mit dem Risiko einer Lymphoproliferation möglich.
  • Impfung: Zytostatika können die Antikörperbildung nach einer Impfung mit einem Lebendimpfstoff vermindern und das Infektionsrisiko erhöhen.
  • CYP1A2-Inhibitoren wie z. B. Fluvoxamin, Ciprofloxacin, Aciclovir und Cimetidin: CYP1A2 ist am Stoffwechsel von Bendamustin beteiligt.

Kontraindikation

Bendamustin darf in folgenden Fällen nicht angewendet werden:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Stillzeit
  • Schwere Leberfunktionsstörung (Serumbilirubin > 3,0 mg/dl)
  • Gelbsucht
  • Schwere Knochenmarksuppression und starke Veränderungen des Blutbilds (Abfall der Leukozyten- und/oder Thrombozytenwerte auf < 3.000/μl bzw. < 75.000/μl)
  • Größere chirurgische Eingriffe innerhalb 30 Tagen vor Behandlungs beginn
  • Infektionen, insbesondere einhergehend mit einer Leukozytopenie
  • Gelbfieberimpfung

Schwangerschaft

In nicht-klinischen Studien hat Bendamustin embryo-/fetoletale, teratogene und genotoxische Wirkungen gezeigt. Das Zytostatikum darf deshalb während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, dies ist eindeutig erforderlich.

Stillzeit

Da nicht bekannt ist, ob Bendamustin in die Muttermilch übergeht, ist Bendamustin in der Stillzeit kontraindiziert.

Verkehrstüchtigkeit

Bendamustin hat großen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen, da es unter der Anwendung des Medikaments zu Ataxie, periphere Neuropathie und Somnolenz kommen kann.

Anwendungshinweise

Die Anwendung von Bendamustin ist mit einem Risiko für ein Tumorlyse-Syndrom behaftet und kann zudem zu schweren/fortschreitenden Hautreaktionen führen. Darüber hinaus wurden auch hämatologische Malignome verschiedener Formen berichtet. Bei schweren Infusionsreaktionen muss die Anwendung abgebrochen werden.

Bendamustin kann außerdem eine leichte bis mäßige Nierenfunktionsstörung, Leberfunktionsstörung und Sepsis verursachen.

Alternativen

Weitere Stickstofflost-Analoga sind:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
358.26 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 34.0 MIN
Q0-Wert:
0.9
Quelle:
  1. Steinhilber, Schubert, Zsilavecz, Roth; Medizinische Chemie 2. Auflage 2010
  2. Mutschler Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, Begründet von Ernst Mutschler, 11., Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  3. Fachinformation Bendamustin Accord

 

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