Clonidin

Der Wirkstoff Clonidin wird angewendet zur Behandlung des Bluthochdrucks (arterielle Hypertonie) und in Form von Augentropfen zur Behandlung eines erhöhten Augeninnendrucks (okulare Hypertension). Der Arzneistoff wirkt als zentraler alpha-2-Rezaptoragonist und gehört zur Arzneistoffgruppe der Antisympathotonika.

Clonidin

Anwendung

Bei oraler Applikation wird Clonidin angewendet zur Behandlung:

  • Arterieller Hypertonie, sofern sie nicht durch ein Phäochromozytom bedingt ist.

In Form von Augentropfen wird Clonidin angewendet zur Behandlung von:

  • Okularer Hypertension sowie allen Formen des Glaukoms.
  • Eine Senkung des Augeninnendrucks tritt 15 bis 30 Minuten nach Eintropfen von Clonidin-Augentropfen ein, ist nach ca. 2 Stunden voll ausgeprägt und hält 8 bis 12 Stunden an.

Als Injektion wird Clonidin angewendet zur Behandlung:

  • der Symptome sympathoadrenerger Hyperaktivität (Tremor, Tachykardie, Hypertonie, Schwitzen, Unruhe, Tachypnoe) im Rahmen des akuten Alkoholentzugssyndroms.

Anwendungsart

Clonidin ist in Form von Tabletten, Retardkapseln, Augentropfen, Ampullen und Injektionslösung auf dem deutschen Markt verfügbar.

Wirkmechanismus

Das Imidazolidin-Derivat Clonidin wirkt als zentraler alpha-2-Rezeptoragonist, wodurch es zu einer Verminderung der Sympathikus-Aktivität und zu einer Steigerung des Vagotonus kommt. Beides führt zuerst durch Senkung der Herzfrequenz zu einer Reduzierung des Herzzeitvolumens und dann zu einer Herabsetzung des peripheren Widerstandes. Auch die Blockade peripherer präsynaptischer alpha-2-Rezeptoren führt zu einer Verminderung der Noradrenalinausschüttung.

Bei lokaler Anwendung am Auge senkt Clonidin den intraokularen Druck über eine Verbesserung des Kammerwasserabflusses durch Kontraktion der Muskelfasern des Ziliarmuskels. Hierdurch wird der Schlemmsche Kanal geöffnet und das Kammerwasser kann besser abfließen. Weiterhin führen Clonidin-Augentropfen zusätzlich zu einer leichten Reduktion der Kammerwasserproduktion.

Pharmakokinetik

Clonidin wird oral gut resorbiert mit einer oralen Bioverfügbarkeit von 75 bis 100 Prozent. Bei Tabletteneinnahme werden maximale Plasmakonzentrationen nach 1 bis 2 Stunden, nach Einnahme von Retardtabletten nach 4 bis 6 Stunden erreicht. Clonidin wird rasch ins Gewebe verteilt und passiert wegen seiner hohen Lipophilie die Blut-Hirn-Schranke. Nach oraler Gabe von 0,3 mg Clonidin beträgt das Verteilungsvolumen 3,2 bis 5,6 l/kg KG. Die Eliminationshalbwertzeit unterliegt erheblichen interindividuellen Schwankungen; sie beträgt 8 bis 15 Stunden und kann je nach Nierenfunktion bis zu 30 Stunden betragen. Die Plasmaproteinbildung beträgt in vitro 30 bis 40 Prozent. Innerhalb von 96 Stunden werden ca. 70 Prozent des oral verabreichten Clonidins renal eliminiert, wovon 60 Prozent der Dosis unmetabolisiert vorliegen. Ein geringer Teil wird in der Leber metabolisiert, der Hauptmetabolit p-Hydroxy-Clonidin ist pharmakologisch inaktiv und macht 7 bis 10 Prozent der ausgeschiedenen Menge aus. 20 Prozent der Gesamtmenge werden in den Fäzes ausgeschieden.

Dosierung

Je nach Anwendungsart bestehen unterschiedliche Dosierungsempfehlungen die der jeweiligen Fachinformation entnommen werden können.

Nebenwirkungen

Sehr häufig (≥ 1/10) kommt es unter der Anwendung von Clonidin zu:

  • Schwindel
  • Sedierung
  • Orthostatische Hypotonie
  • Mundtrockenheit

Häufig (≥ 1/100 bis < 1/10) sind die Nebenwirkungen:

  • Depression
  • Schlafstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Obstipation, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen in den Speicheldrüsen
  • erektile Dysfunktion
  • Müdigkeit

Wechselwirkungen

Für Clonidin bestehen folgende Wechselwirkungen:

  • Neuroleptika vom Phenothiazin- oder Butyrophenon Typ ► kardiotoxische Wirkung des Neuroleptikums (z. B. Verlängerung der QT Zeit, Kammerflimmern) kann verstärkt werden und zu bedrohlichen ventrikulären Arrhythmien vor allem bei vorgeschädigtem Myokard führen.
  • Antihypertonika, Vasodilatanzien oder Diuretika ► Verstärkung der blutdrucksenkenden Wirkung möglich.
  • Beta-Blocker ► Bradykardien und Herzrhythmusstörungen (AV Block) möglich. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine periphere Gefäßerkrankung ausgelöst oder verstärkt wird.
  • Herzglykoside ► Bradykardien und AV Dissoziationen möglich.
  • Trizyklische Antidepressiva, blutdrucksteigernde oder Natrium und Wasser retinierenden Substanzen, wie z. B. nicht-steroidalen Antirheumatika ► Abschwächung der blutdrucksenkenden Wirkung möglich.
  • Zentral dämpfende Pharmaka (Hypnotika, Sedativa) ► Wirkung wird wechselseitig verstärkt oder unvorhersehbar verändert.
  • Alpha-2-Rezeptorenblocker wie Tolazolin oder Phentolamin ► blutdrucksenkende Wirkung von Clonidinhydrochlorid wird durch Tolazolin oder Phentolamin abgeschwächt oder aufgehoben.
  • pharmakologisch ähnlich wirkende Stoffe wie α-Methyldopa, Guanfacin, Guanabenz oder Reserpin

Kontraindikation

Clonidin darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Bestimmte Erregungsbildungs- und Erregungsleitungsstörungen des Herzens, z. B. Sinusknotensyndrom oder AV Block II. und III. Grades
  • Herzfrequenz unter 50 Schlägen pro Minute (Bradykardie)
  • Major Depression (depressive Störung)
  • Ausgeprägte Hypotonie; eine hypovolämiebedingte Hypotonie ist vor Therapiebeginn auszugleichen
  • Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft/Stillzeit

Clonidin darf in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden. Clonidin passiert die Plazenta. Beim Feten kann es zu einer Senkung der Herzfrequenz kommen. In Einzelfällen wurde ein vorübergehender Blutdruckanstieg beim Neugeborenen post partum beobachtet. Es liegen keine hinreichenden Erfahrungen zu den Langzeitauswirkungen einer pränatalen Exposition vor.

Clonidin darf während der Stillzeit nicht angewendet werden, da Clonidin in die Muttermilch übergeht und nur unzureichende Daten über die Anwendung in der Stillzeit vorliegen.

Verkehrstüchtigkeit

Während der Anwendung von Clonidin können Schwindel, Sedierung und Akkomodationsstörungen auftreten. Beim Führen von Fahrzeugen, Bedienen von Maschinen oder Arbeiten ohne sicheren Halt sollte deshalb zur Vorsicht geraten werden. Falls derartige Nebenwirkungen auftreten, sollten Patienten diese Tätigkeiten vermeiden.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.
 

Hinweise

Nutzenbewertungen

Nach Einschätzung der Stiftung Warentest sollte Clonidin nur in Kombination mit anderen Mitteln zur Therapie von Bluthochdruck eingesetzt werden, da für die Monotherapie besser verträgliche Medikamente verfügbar seien.

Alternativen

Zur Behandlung der Hypertonie stehen als weitere alpha-2-Rezeptoragonisten noch Moxonidin und Guanfacin zur Verfügung. Letzteres wird auch zur Behandlung der ADHS angewendet.

Ein weiterer alpha-2-Rezeptoragonist zur Senkung des Augeninnendrucks ist Brimonidin.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
230.09 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 15.0 H
Q0-Wert:
0.4
Kindstoff(e):
Autor:
Stand:
09.05.2019
Quelle:
  • Fachinformation Paracefan-i-v
  • Fachinformation Catapresan
  • Fachinformation Clonid-Ophtal
  • Medizinische Chemie: Targets und Arzneistoffe, Steinhilber, Schubert-Zsilavecz, Roth
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