Ibrutinib

Ibrutinib ist ein Bruton-Tyrosinkinase-(BTK-)Inhibitor, der zur Behandlung der Blutgkrebserkrankungen Mantelzell-Lymphom, chronisch lymphatische Leukämie (CLL) und Morbus Waldenström indiziert ist.

Ibrutinib

Anwendung

Ibrutinib (Imbruvica) ist ein Arzneimittel zur Behandlung erwachsener Patienten mit den folgenden Blutkrebsarten:

  • Mantelzell-Lymphom (MCL) bei Patienten, deren Erkrankung nicht anspricht oder nach einer vorherigen Behandlung wieder aufgetreten ist
  • Chronische lymphatische Leukämie (CLL) sowohl bei zuvor behandelten als auch bei unbehandelten Patienten
  • Morbus Waldenström (auch bekannt als lymphoplasmatisches Lymphom)

Zur Behandlung von MCL wird Ibrutinib allein eingenommen. Bei CLL kann Ibrutinib allein oder zusammen mit Bendamustin und Rituximab oder entweder mit Obinutuzumab oder Venetoclax angewendet werden.

Zur Behandlung von Morbus Waldenström ist Ibrutinib als Einzelsubstanz zur Behandlung erwachsener Patienten indiziert, die mindestens eine vorangehende Therapie erhalten haben, oder zur Erstlinien-Therapie bei Patienten, die für eine Chemo-Immuntherapie nicht geeignet sind. Darüber hinaus ist Ibrutinib in Kombination mit Rituximab indiziert zur Behandlung erwachsener Patienten mit MW.

Wirkmechanismus

Der B-Zell-Rezeptor (BCR)-Weg reguliert mehrere zelluläre Prozesse (wie Proliferation, Differenzierung und Apoptose), die für das Funktionieren und Überleben sowohl normaler als auch bösartiger B-Zellen unerlässlich sind.

Bei bösartigen B-Zell-Erkrankungen wie CLL spielt eine abweichende BCR-Signalgebung eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese der Krankheit. Der BCR-Weg ist für die Phosphorylierung zahlreicher Proteintyrosinkinasen (PTKs) verantwortlich, einschließlich Lyn, Syk und Brutons Tyrosinkinase (Btk). Es wurde festgestellt, dass diese PTKs bei CLL konstitutiv aktiv sind und überexprimiert werden, was zu einer unkontrollierten Proliferation und einem Überleben maligner B-Zellen führt. Folglich gab es eine schnelle klinische Entwicklung von Inhibitoren, die auf diese PTKs abzielen.

Unter den vielen PTKs, die an der BCR-Signalübertragung beteiligt sind, ist Btk, ein Tyrosinkinase-Mitglied der Tec-Kinase-Familie, ein markantes therapeutisches Ziel. Bei der BCR-Aktivierung wird Btk durch andere PTKs wie Lyn und Syk aktiviert, was zur Aktivierung nachgeschalteter Transkriptionsfaktoren führt, die für die Proliferation und Differenzierung von B-Zellen erforderlich sind

Ibrutinib ist ein Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase (BTK). Es bildet eine kovalente Bindung mit einem Cysteinrest im aktiven Zentrum von BTK (Cys481), was zu dessen Hemmung führt.

BCR, BTK Signalweg

Pharmakokinetik

  • Ibrutinib ist oral bioverfügbar und hat eine kurze Halbwertszeit von etwa 2 Stunden.
  • Obwohl die Plasmahalbwertszeit von Ibrutinib kurz ist, bleibt die BTK-Belegung durch das Medikament 24 Stunden nach der Einnahme bestehen.
  • Ibrutinib wird in der Leber durch CYP3A und CYP2D6 zu seinem aktiven Metaboliten verstoffwechselt, was zu Arzneimittelwechselwirkungen mit Induktoren oder Inhibitoren von CYP3A führen kann.
  • brutinib hemmt auch andere Kinasen mit homologen Cysteinresten, einschließlich TEC, ITK, JAK3, EGFR, HER2, HER4, BLK und BMX.
  • Die Off-Target-Hemmung dieser Kinasen kann für Ibrutinib-assoziierte Toxizitäten verantwortlich sein.

Dosierung

MCL

Die empfohlene Dosis zur Behandlung des MCL beträgt 560 mg Ibrutinib einmal täglich.

CLL und MW

Die empfohlene Dosis zur Behandlung der CLL und MW, entweder als Einzelsubstanz oder in Kombination, beträgt 420 mg Ibrutinib einmal täglich (für Details zu den Kombinationsregimen,
siehe Fachinformation).

Die Behandlung  soll bis zur Krankheitsprogression oder bis zur Unverträglichkeit fortgesetzt werden. In Kombination mit Venetoclax zur Behandlung der CLL soll Ibrutinib als Einzelsubstanz für drei Zyklen (1 Zyklus entspricht 28 Tagen) verabreicht werden, gefolgt von 12 Zyklen Ibrutinib plus Venetoclax.

In Kombination mit einer Anti-CD20-Therapie wird empfohlen, Ibrutinib vor der Anti-CD20-Therapie anzuwenden, wenn beides am gleichen Tag gegeben wird.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen (≥20%) in Zulassungsstudien waren:

  • Diarrhö
  • Neutropenie
  • muskuloskelettale Schmerzen
  • Blutungen (z.B. Blutergüsse)
  • Hautausschlag
  • Übelkeit
  • Thrombozytopenie
  • Arthralgie
  • Infektion der oberen Atemwege

Die häufigsten Nebenwirkungen vom Grad 3/4 (≥5%) waren: Neutropenie, Lymphozytose, Thrombozytopenie, Hypertonie und Pneumonie.

Wechselwirkungen

Ibrutinib wird überwiegend durch CYP3A4 metabolisiert. Die gleichzeitige Anwendung von Ketoconazol, einem starken CYP3A4-Inhibitor, erhöhte die Cmax und AUC von Ibrutinib um das 29-Fache bzw. 24-Fache bei gesunden Probanden. Daher wird empfohlen, die gleichzeitige Einnahme von Ibrutinib mit mittelstarken oder starken CYP3A4-Inhibitoren zu vermeiden.

Wenn ein moderater CYP3A4-Hemmer eingesetzt werden muss, empfiehlt der Hersteller, die Ibrutinib-Dosis auf 140 mg/Tag zu reduzieren. Wenn eine Kurzzeittherapie (sieben Tage oder weniger) mit einem starken CYP3A4-Inhibitor (Ketoconazol, Itraconazol, Voriconazol, Posaconazol, Clarithromycin, Telithromycin) erforderlich ist, kann sorgfältig erwogen werden, die Ibrutinib-Therapie während der Dauer der Anwendung des Inhibitors zu unterbrechen, basierend auf Risiko versus Nutzen.

Eine Dauertherapie mit starken CYP3A4-Inhibitoren sollte vermieden werden. Den Patienten sollte geraten werden, Grapefruit und Sevilla-Orangen während der Ibrutinib-Therapie zu vermeiden, da diese mittelstarke Inhibitoren von CYP3A4 enthalten.

Die gleichzeitige Anwendung von Ibrutinib mit starken CYP3A4-Induktoren verringert die Ibrutinib-Plasmakonzentrationen um fast das 10-Fache. Eine Therapie mit starken CYP3A-Induktoren (z. B. Carbamazepin, Rifampicin, Phenytoin, Johanniskraut) sollte vermieden werden. Alternative Wirkstoffe mit geringeren CYP3A4-Induktionseigenschaften sollten hier in Betracht gezogen werden.

Kontraindikation

Ibrutinib darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder bei Anwendung von Präparaten, die Johanniskraut enthalten.

Schwangerschaft

Ibrutinib darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Da bisher keine Erfahrungen mit der Anwendung von Ibrutinib bei Schwangeren vorliegen und tierexperimentelle Studien  eine Reproduktionstoxizität gezeigt haben.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Ibrutinib oder seine Metabolite in die Muttermilch übergehen. Da ein Risiko für gestillte Kinder nicht ausgeschlossen werden kann, soll das Stillen während der Behandlung mit Ibrutinib unterbrochen werden.

Verkehrstüchtigkeit

Ibrutinib hat einen geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, da unter der Anwendung Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel und Asthenie
auftreten können.

Hinweise

Rote-Hand-Brief vom 3.11.2022

Alternativen

Weitere zugelassene Bruton-Tyrosinkinasen sind neben Ibrutinib:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
440.5 g·mol-1
Autor:
Stand:
21.11.2022
Quelle:
  1. EMA: Fachinformation Imbruvica
  2. Parmar, Sapna, Khilna Patel, and Javier Pinilla-Ibarz. "Ibrutinib (imbruvica): a novel targeted therapy for chronic lymphocytic leukemia." Pharmacy and Therapeutics 39.7 (2014): 483.

Abbildung

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