
Die Fallzahlen an Affenpocken-Erkrankungen steigen weiter. Am 11. August meldet das Centers for Disease Control and Prevention (CDC) 31.799 Infektionen, davon 31.424 Erkrankungen an Orten, an denen in der Vergangenheit keine Affenpocken registriert wurden. Für Deutschland sind mit Stand 12. August 3.102 bestätigte Affenpockenfälle gemeldet. Bis auf elf Frauen sind alle Betroffenen Männer. Daneben wurden drei Fälle bei Jugendlichen und eine Affenpockeninfektion bei einem vierjährigen Kind bekannt.
Zielsetzung
Ein französisches Forscherteam untersuchte die Schutzwirkung und Verträglichkeit der postexpositionellen Impfung mit Imvanex gegen Affenpocken nach der ersten Dosis. Der Pockenimpfstoff der dritten Generation wird in Frankreich als frühe Postexpositions-Ringimpfung (EPRV) für Personen empfohlen, die einen Hochrisikokontakt mit einem PCR-bestätigten Affenpocken-Patienten hatten. Ein Hochrisikokontakt ist definiert als enger Haut- oder Schleimhautkontakt und/oder indirekter Kontakt über Textilien oder Oberflächen und/oder Tröpfchenexposition über weniger als zwei Meter während mindestens drei Stunden.
Methodik
Zwischen dem 27. Mai und 13. Juli 2022 erhielten 276 Personen am Pariser Hôpital Bichat eine Postexpositionsprophylaxe mit einer Einzeldosis des aktuellen Pockenimpfstoffs Imvanex. Die Impfung fand median elf Tage (IQR 8–14) nach Kontakt mit einem Affenpocken-Patienten statt. Bei 240 Patienten (91%) erfolgte die Exposition durch Tröpfcheninfektion, bei 189 (71%) durch indirekten Kontakt und bei 146 (54%) durch ungeschützten Geschlechtsverkehr. Die meisten Patienten waren Männer (91%, n=250), insbesondere Männer, die Sex mit Männern haben (88%, n=233).
Ergebnisse
Von den 276 geimpften Personen entwickelten zwölf (4%) eine Affenpocken-Durchbruchsinfektion mit einem milden Verlauf. Zehn von ihnen erkrankten innerhalb von fünf Tagen nach der Impfung. Innerhalb dieser Zeit kann sich kein ausreichender Schutz aufbauen. Die Wissenschaftler vermuten, dass hier die Impfung zu spät erfolgte.
Bei den anderen beiden kam es nach 22 und 25 Tagen zu einer Durchbruchsinfektion. Das spräche dafür, dass eine Einzeldosis keine ausreichende Immunität erzeugen könne und eine Auffrischungsimpfung (Boosterung), die regulär nach 28 Tagen vorgesehen ist, nötig sei, so die Studienautoren. Auffallend ist weiter, dass der Beginn der Erkrankung außerhalb der Inkubationszeit lag. Hier könnte es sich zwar um eine Ausnahme handeln, möglich wäre aber auch eine Ansteckung nach dem verdächtigen Erstkontakt. Sexuelle Aktivitäten gab es danach wohl keine, beide besaßen jedoch ein Haustier. Möglicherweise erfolgte die Infektion hierüber. Das sind allerdings nur theoretische Überlegungen.
Unter den zwölf Personen mit einer Durchbruchinfektion befand sich ein Mitarbeiter des Gesundheitswesens, der sich bei einer Nadelstichverletzung infiziert hat. Augenscheinlich erfolgte die Impfung noch am gleichen Tag. Die Durchbruchinfektion zeigt, dass eine Postexpositionsprophylaxe keine 100%ige Sicherheit bietet.
Gute Verträglichkeit
Insgesamt wurde der Impfstoff gut vertragen; schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten nicht auf. Von 101 Personen, die den elektronischen Fragebogen zur Impfstoffverträglichkeit ausgefüllt hatten, gaben 45 lokale Schmerzen und 13 Müdigkeit an. Fieber oder andere systemische Symptome wurden nicht beschrieben.