
„Schmieren und Salben hilft allenthalben“− dieser alte Spruch aus der Dermatologie gilt zwar für Patienten mit Neurodermitis, schließlich sollte ihre Hautbarriere durch die blanden Externa gestärkt werden. Doch zur Vorbeugung taugt häufiges Eincremen mit Emollenzien offenbar nicht. Selbstverständlich sollte bei Babys eine gute Hautpflege erfolgen, nur übertreiben sollte man es nicht.
Hautbarriere mit Emollenzien stärken
Natürlich wollen frische gebackene Eltern ihre Kinder vor Krankheiten schützen. Das gilt besonders für Familien, in denen bereits mehrere Mitglieder unter einer atopischen Dermatitis leiden. Um nun die Neugeborenen vor einer AD zu bewahren, wird hier Hautpflege großgeschrieben. Schließlich haben alle AD-Patienten gelernt, dass die Emollienzien die Hautbarriere stärken und so Ekzem-Schübe mildern können.
Extra-Creme für 700 Kinder mit AD-Risiko
Ob häufiges Eincremen tatsächlich auch vor der Entwicklung einer AD schützt, wollten Dermatologen der Universität Nottingham (Großbritannien) wissen. Dazu untersuchten sie in einer Parallelgruppen-Studie 1394 Kinder, für die ein großes Risiko für eine AD bestand, weil bei mindestens einen Verwandten ersten Grades eine Neurodermitis, Heuschnupfen oder Asthma diagnostiziert worden war. Die Kinder wurden in zwei Gruppen eingeteilt: In der Emollenzien-Gruppe waren 693 Babys, die zusätzlich zur Standard-Hautpflege mit einem Feuchtigkeitspräparat (Diprobase-Creme oder DoubleBase Gel) eingecremt wurden, die Kontrollgruppe mit 701 erhielt nur die Standardpflege. Primäres Studienziel war der Nachweis eine Neurodermitis im Alter von zwei Jahren.
Kaum weniger Ekzeme in der Creme-Gruppe…
Waren die Kinder zwei Jahre alt, wurde ausgewertet: In der Emollenzien-Gruppe hatten 139 von den in der Studie verbliebenen 598 Kindern (23 %) ein Ekzem entwickelt, in der Kontrollgruppe waren es 150 von 612 Kindern (25 %) − ein Unterschied von nur 1,2 Prozentpunkten. Das adjustierte Relative Risiko wurde mit 0,95 (95%-Konfidenzintervall von 0,78 – 1,16) zugunsten der Emollienz-Gruppe berechnet, was keinen signifikanten Unterschied darstellt (p = 0,61).
…aber mehr Hautinfektionen
Erfasst wurde auch die mittlere Zahl von Hautinfektionen − z.B. Impetigo − pro Kind im Alter von einem Jahr. Sie betrug mit Extra-Hautcreme 0,23, in der Kontrollgruppe aber nur 0,15. Das entspricht einer adjustierten Inzidenzrate von 1,55 zuungunsten der Emollienz-Gruppe (95%-KI 1,15 – 2,09).
Pilotstudien ließen anderes Ergebnis erwarten
Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass eine zusätzliche tägliche Anwendung von Emollienzen im ersten Lebensjahr Kindern mit AD-Risiko kaum nutzt. Vielmehr scheint sich durch das vermehrte Eincremen das Risiko für Hautinfektionen zu steigern. Dieses Ergebnis war für die britischen Dermatologen überraschend, hatten doch kleinere Pilotstudien einen gegenteiligen Effekt erwarten lassen.