
Im Zuge der COVID-19-Pandemie trauen sich immer weniger Patienten wegen einer potenziellen Ansteckungsgefahr in die Wartezimmer der Dermatologen. Da kommen der Aufschwung der Teledermatologie und die Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) für das Melanom-Screening gerade recht. Auch bisher schon wurde versucht mittels Fotos und Computerprogrammen Aufnahmen von Pigmentflecken als gut- oder bösartig zu bestimmen – allerdings nur mit mäßigem Erfolg.
Vielen Nävi screenen
Jetzt haben US-Dermatologen zusammen mit IT-Fachleuten ein KI-System unter Verwendung von Deep Convolutional Neural Networks (DCNNs) so weiterentwickelt, dass es auch mit handelsüblichen Kameras gemachte Weitwinkelfotos beurteilen kann. Der Unterschied zu den bisherigen Systemen liegt in der Weitwinkelaufnahme, also Fotos, auf denen gleich mehrere Läsionen zu sehen sind.
Kriterium des hässlichen Entleins
Um die Unterscheidung mehrere Läsionen auf einem Bild in „verdächtig“ oder „harmlos“ zu treffen, wurden in das System auch das „Kriterium des hässlichen Entleins“ eingespeist. Dieses 1998 erstmal eingeführte Kriterium basiert darauf, dass sich Muttermale eines Patienten meist ähneln und ein malignes Melanom durch seine Andersartigkeit hervorsticht wie ein häss¬liches Entlein.
Spezifität mehr als 90%
Das KI-System wurde mit 20.388 Weitwinkelaufnahmen trainiert, die von 133 Patienten stammten. Die Bilder wurden typischerweise mit einer Vielzahl von Verbraucher-Kameras aufgenommen und die Läsionen visuell durch die Übereinstimmung von drei spezialisierten Dermatologen klassifiziert.
Insgesamt erreichte das neue System
- eine Sensitivität von mehr als 90,3 % (95 % Konfidenzintervall 90,0– 90,6)
- eine Spezifität von 89,9 % (95 % KI 89,6–90,2 %)
- und eine Genauigkeit von 86,56%
bei der Unterscheidung von suspekten von unverdächtigen Läsionen, Haut und komplexen Hintergründen.
Grobes Screening der Pigmentläsionen beim Hausarzt
Durch diese Kombination aus KI und Weitwinkelfotos entfällt die Notwendigkeit einer umständlichen individuellen Läsionsaufnahme. Daher könnte diese Methode eine schnelle und genaue Beurteilung des Verdachts auf eine pigmentierte Läsion innerhalb eines Hausarztbesuches ermöglichen. Dies wiederum könnte schnelle eine weitere, den Verdacht bestätigende Diagnostik und eine frühere Behandlung des Melanoms einleiten. Dies könne auch bedeuten, dass Ressourcen im Gesundheitssystem besser genutzt werden, so die Autoren in ihrem Fazit.