Neurodermitis-Kinder haben es beim Lernen schwer

Kinder mit Atopischer Dermatitis haben, abhängig vom Schweregrad, häufiger Lernschwierigkeiten und erreichen nicht ganz so oft die gleichen Bildungsziele wie ihre hautgesunden Altersgenossen.

Kind Hausaufgaben

Früher galten Kinder mit Neurodermitis als besonders intelligent, zumindest wurde dies den besorgten Eltern quasi als Trost gesagt. Dabei liegt es auf der Hand, dass Pruritus, dadurch verursachter Schlafmangel oder die Nebenwirkungen der Medikation die Konzentration stören und damit die schulische Leistung vermindern.

Bedeuten diese Einschränkungen auch, dass die Kinder mit Atopischer Dermatitis (AD) nur niedrigere Schulabschlüsse erreichen? Das wollten dänische Wissenschaftler herausfinden (1).

Ausbildungsniveau mit 30 Jahren

Für ihre populationsbasierte Kohortenstudie nutzen sie die Registerdaten aller in Dänemark vor dem 1. Juli 1987 geborenen Kinder, die vor dem 13. Geburtstag als ambulante oder stationäre Patienten in einer Klinik die Diagnose einer AD erhalten hatten. Verglichen wurden diese Daten mit einer Vergleichskohorte nicht betroffener Altersgenossen. Zielkriterium der Studie war die geschätzte Wahrscheinlichkeit, bis zum Alter von 30 Jahren ein spezifisches Bildungsniveau zu erreichen.

Das Ausbildungsniveau wurde gemäß dem International Standard Classification of Education eingeteilt in unteren (Ebenen 1-2), oberen Sekundärabschluss (entsprechend Ebene 3) bzw. 3 oder höheren Bildungsabschluss wie Universität (Ebene 5-8).

In die Auswertung eingeschlossen wurden 5.927 Kinder in der AD-Kohorte und 55.226 Kinder aus der Allgemeinbevölkerung als Kontrolle.

AD-Kinder schneiden geringfügig schlechter ab

Das Risiko keinen unteren Sekundärabschluss zu erreichen, lag bei den AD-Patienten mit 2,5 % höher als in der Kontrollgruppe (1,7%). Das adjustierte Chancenverhältnis RR betrug 1,50 (95%-Konfidenzintervall KI 1,26 – 1,78).

Auch den oberen sekundären Bildungsabschluss verfehlten AD-Patienten mit 19,8 % häufiger als die Kontrolle, in der nur 16,4 % dieses mittlere Bildungsniveau nicht erreichten (RR 1,16; 95%-KI 1,09 – 1,24).

Keinen Unterschied gab es allerdings beim höheren Abschluss. Diesen verfehlten AD-Patienten mit 51,9 %, die hautgesunden Kontrollen mit 53,1 %. Hier betrug RR 0,95 bei einem 95%-KI von 0,91 – 1,00.

Damit ergab die bevölkerungsbasierte Analyse für AD-Kinder zwar ein höheres Risiko für eine schlechtere Bildung, doch die Unterscheide waren nur gering. Daher halten die dänischen Wissenschaftler weitere Studien zu dieser Fragestellung für nötig.

Lernbehinderung abhängig vom AD-Schweregrad?

Bereits jetzt haben sich andere Forschungsteams dem Thema „Lernen bei Kindern mit AD“ angenommen. US-amerikanische Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der AD und Lernproblemen (2).

Für ihre Querschnittsstudie filterten sie aus dem Pediatric Eczema Elective Registry (PEER) die Daten von AD-Kindern, die bei Aufnahme in das Register zwischen 2 bis 17 Jahren alt waren und zehn Jahre nahbeobachtet worden waren.

Der Schweregrad der atopischen Dermatitis wurde sowohl mit dem Patient-Oriented Eczema Measure (POEM) Score als auch durch Selbstauskunft gemessen. Die POEM-Scores reichten von 0 bis 28: symptomfreie oder fast symptomfreie Haut (0-2), mild (3-7), moderat (8-16), schwer (17-24) und sehr schwer (25-28). Der selbst angegebene Schweregrad der AD wurde in die Kategorien keine Symptome, leicht, mittelschwer oder schwer eingeteilt.

Ergebnis: Von den 2.074 Teilnehmern mit AD war bei 169 (8,2 %) die Diagnose Lernbehinderung (LB) gestellt worden. Diese Kinder hatten im Vergleich zu Kindern ohne LB mit höherer Wahrscheinlichkeit einen schlechteren AD-Schweregrad, gemessen am medianen (IQR) POEM-Gesamtscore (5; 95%KI 1-10) vs. IQR 2, 95%KI 0-6; P <0,001).

Statistisch bereinigt nach Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, jährlichem Haushaltseinkommen, Alter bei Beginn der AD, Familienanamnese der AD und komorbiden Erkrankungen, war das LB-Risiko (Odds Ratio OR) bei leichter AD um 72% erhöht im Vergleich zu Kindern mit annähernd symptomfreier Haut (Odds Ratio OR, 1,72; 95% KI 1,11-2,67). Bei moderater AD betrug das LB-Risiko fast das Doppelte (OR, 2,09; 95% KI, 1,32-3,30) und bei schwerer bis sehr schwerer AD sogar das Dreifache (OR, 3,10; 95% CI, 1,55-6,19) als bei Teilnehmern mit (fast) erscheinungsfreier Haut.

Ein höherer Schweregrad der Atopischen Dermatitis ist mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Lernbehinderung assoziiert, unabhängig von sozioökonomischen Merkmalen, dem Alter bei Beginn der AD und anderen damit verbundenen Faktoren. Nach Ansicht der Autoren legt dies nahe, dass Kinder mit schwerer AD auf Lernschwierigkeiten untersucht werden sollten - nicht zuletzt - um geeignete Maßnahmen einzuleiten, die die Folgen einer LB abmildern können.

Autor:
Stand:
11.06.2021
Quelle:
  1. Schmidt SAJ et al.: Association Between Atopic Dermatitis and Educational Attainment in Denmark. JAMA Dermatol. 2021 Apr 14. doi: 10.1001/jamadermatol.2021.0009.
  2. Wan J et al. (2021): Association of Atopic Dermatitis Severity With Learning Disability in Children. JAMA Dermatol. 2021 Apr 14. doi: 10.1001/jamadermatol.2021.0008.
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