„Scharlach – das ist doch eine Kinderkrankheit, die heute nicht mehr so häufig auftritt, und die sich leicht durch Antibiotika heilen lässt.“ Diese verbreitete Meinung über die von β-hämolysierenden Streptokokken ausgelöste Infektion stimmt nicht mehr so ganz.
Seit fünf Jahren steigt die Inzidenz von Scharlach in England und Wales deutlich an. Vor allem schwer verlaufende, invasive Infektionen mit Streptococcus pyogenes nehmen zu. Ursache ist ein neuer Erreger mit vermehrter Bildung eines pyrogenen Exotoxins.
GAS produzieren Streptokokken-Exotoxins A (Strep A)
Am häufigsten wird Scharlach durch Streptokokken der Gruppe A (GAS) ausgelöst. Die Symptome – u.a. Angina, Fieber, scarlatiniformes Exanthem – werden durch pyogenen Streptokokken-Exotoxins A (Strep A) ausgelöst. Eine generalisierte Infektion kann dabei zur Sepsis führen. Und diese schweren Infektionen, die übrigens nicht auf Kinder beschränkt sind, treten seit 2014 in Großbritannien immer häufiger auf.
Daher hat ein Forscherteam im Auftrag des britischen Gesundheitsrats die Genome von nicht-invasiven und von invasiven S. pyogenes-Stämmen von 2009 bis 2016 untersucht und mit den Daten internationaler Genbibliotheken verglichen.
Genotypen von über 600 S.pyogenes-Stämmen charakterisiert
Die Bakteriologen charakterisierten den Genotyp von 135 nicht-invasiven S. pyogenes-Stämmen und von 552 invasiven S. pyogenes-Isolaten, die aus England oder Wales stammten.
Die S. pyogenes-Stämme wurden der internationalen Klassifikation nach den Gengruppen „emm“ eingeteilt, wobei vier emm-Gengruppen für die Expression von StrepA relevant sind.
Steptokokken-Klon M1UK1 produziert viel Strep A
Im Hinblick auf die invasiven Infektionen war ab Frühjahr 2016 der Genotyp emm1 der dominante Erreger. Des Weiteren fanden die britischen Bakteriologen beim Vergleich mit internationalen Gendatenbanken heraus, dass sich in England ein emm1-Klon mit 27 spezifischen Mutationen entwickelt hatte. Sie nannten den Klon M1UK, und er ist mit einer besonders starken Expression von Strep A assoziiert. Im Jahr 2016 machte M1UK 84 % der emm1-Isolate aus. Dieser Stamm ist nicht nur pathogener als die emm3- und emm4-Stämme, sondern auch als die früheren emm1-Isolate.
Internationale Surveillance gefordert
Da dieser GAS-Stamm, der vermehrt invasive S. pyogenes-Infektionen verursacht, bereits auch in Dänemark und in den USA aufgetaucht ist, befürchten die Wissenschaftler, dass es zu einer weltweiten Bedrohung kommen könnte. Sie raten daher dringend, ein globales Surveillance-Projekt – die fortlaufende systematische Sammlung, Analyse, Bewertung und Verbreitung von Gesundheitsdaten – für diesen hochpathogenen Streptokokken-Stamm zu etablieren.