Das diabetische Fußsyndrom (DFS) ist eine Komplikation des Diabetes mellitus. Die Ursachen sind multifaktoriell, in den meisten Fällen liegt eine sensomotorische Neuropathie vor. Der Verlust des Schmerzempfindens begünstigt die Entstehung von Wunden, die unbemerkt bleiben und sich durch fortbestehende Belastung weiter verschlechtern und infizieren können. In den schlimmsten Fällen ist eine Amputation nötig. Etwa zwei Drittel aller Amputationen der unteren Extremitäten in Deutschland gehen auf ein diabetisches Fußsyndrom zurück.
Nageltherapie kann Amputationen vorbeugen
Auch eingewachsene Zehennägel können eine Ursache für eine solche Wunde sein. Sie entstehen durch ungeeignetes Schuhwerk, Fußfehlstellungen, falsche Schneidetechnik bei der Bearbeitung des Nagels oder eine genetische Veranlagung. Eine professionelle podologische Behandlung mit Nagelkorrekturspangen (Orthonyxiespange) kann Komplikationen und operativen Eingriffen vorbeugen.
Nagelkorrekturspangen werden verordnungsfähig
Bisher war diese Therapie eine ärztliche Leistung. Nun kann sie durch einen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), der am 7. Aprill 2022 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, zum 1. Juli 2022 zusätzlich auch von Podologen übernommen werden. Der Beschluss gründet sich auf der vom G-BA erweiterten Verordnungsfähigkeit der medizinischen Fußpflege aus dem Jahr 2020.
Behandlung mit Nagelkorrekturspangen
Ziel der Behandlung mit individuell angepassten Nagelkorrekturspangen ist eine mechanische Druckentlastung, die ermöglicht, dass der Nagel wieder in natürlicher Form nachwächst. „Mit dieser Behandlung verringert sich die Gefahr für einen Entzündungsprozess oder das weitere Einwachsen des Nagels in umliegendes Gewebe“, so Elisabeth Dalick, Diabetesberaterin und Podologin aus Aachen. Auf diese Weise kann Amputationen und darauffolgenden Wundheilungskomplikationen vorgebeugt werden.
Vor Amputation konservative Therapien ausschöpfen
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) erklärt in einer Pressemitteilung, sie begrüße diesen Beschluss als einen weiteren wichtigen Schritt, konservative Fußbehandlungen von Hochrisikopatienten zur Kassenleistung zu machen. Ein Grund für die hohen Amputationszahlen in Deutschland sei nicht zuletzt, dass konservative Therapieoptionen aufgrund finanzieller Hürden noch zu wenig ausgeschöpft würden.
Die AG Diabetischer Fuß der DDG fordere seit Jahren, die vielen Möglichkeiten der konservativen sanften Maßnahmen auszuschöpfen, bevor Gliedmaßen amputiert werden. „Es gibt leider keine Heilung des DFS – aber rezidivfreie Phasen, die wir so lange wie möglich erhalten wollen“, erklärt Sybille Wunderlich, Chefärztin an der Klinik für Innere Medizin an den DRK Kliniken Berlin. Umso wichtiger sei daher eine professionelle, präventive und Gliedmaßen erhaltende Therapie.
Förderung interprofessioneller Zusammenarbeit
„Es ist erfreulich, dass die Gesundheitspolitik offenbar die Bedeutung von Wundmanagement und Podologie in der Behandlung des DFS erkannt hat und wertschätzt“, ergänzt Dalick. Der Beschluss fördere die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Podologen und Diabetologen, die besonders in der Versorgung des diabetischen Fußsyndroms notwendig sei.