oGTT bei Gestationsdiabetes besser als HbA1c

Derzeit wird ein Gestationsdiabetes (GDM) mittels oralem Glukosetoleranztest diagnostiziert. Ein einfacher Bluttest über den HbA1c wäre zwar wünschenswert, dabei würde jedoch ein Großteil der GDM-Fälle übersehen werden.

Gestationsdiabetes

Während einer Schwangerschaft werden die werdenden Mütter engmaschig betreut und verschiedeneWerte vorsorglich kontrolliert. Das ist notwendig, denn eine Schwangerschaft ist für den Körper anstrengend und birgt Risiken. Gleichzeitig kann in der embryonalen Entwicklung viel schief gehen. Je früher darauf reagiert werden kann, umso besser ist meist das Outcome.

Teil einer solchen Vorsorgeuntersuchung sind die Tests auf Gestationsdiabetes mellitus (GDM). Üblicherweise wird dafür ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) mit 75 g Glukose durchgeführt. Dies geschieht meist im zweiten Trimenon und ist zeitintensiv. Ein einfacher Bluttest könnte hier besser sein. Deshalb hat eine britische Studie (Meek et al.) nun in drei britischen Kohorten untersucht, ob sich der Langzeitblutzuckerwert (HbA1c) auch eignen würde, um einen GDM zu diagnostizieren. Als Konsequenz aus den Daten schlug das Team vor, am Ende der 28. Schwangerschaftswoche einen Grenzwert für den HbA1c von 39 mmol/moL (5,72%) anzusetzen.

Ein Forscherteam um Louise Fritsche vom Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen hat sich nun angeschaut, wie das für Deutschland aussehen könnte. Die Ergebnisse wurden im Deutschen Ärzteblatt International veröffentlicht.

Zielsetzung

Mit der Studie wollte das Team überprüfen, ob ein ähnliches Vorgehen in Deutschland möglich wäre, und ob sich die Daten aus Großbritannien auf die Versorgung Schwangerer in Deutschland übertragen ließe.

Methodik

Als Grundlage für die Analyse wurden Daten aus der laufenden Deutschen Studie Gestationsdiabetes (PREG-Studie, NCT04270578) herangezogen. In dieser noch bis 2027 laufenden Studie werden Schwangere zum Zeitpunkt 24+0 und 31+6 in der Schwangerschaft auf GDM getestet. Dies geschieht mittels venöser Plasma-Glukosekonzentration in nüchternem Zustand und eine bzw. zwei Stunden nach Glukoseaufnahme. Bei diesen Blutabnahmen wird ebenfalls der HbA1c-Wert ermittelt. Gemäß Leitlinien besteht dann ein Gestationsdiabetes mellitus, wenn mindestens einer dieser drei Blutzuckerwerte zu hoch ist.

Ergebnisse

In die Analyse wurden 440 Schwangerschaften mit insgesamt 118 Fällen von GDM eingeschlossen.

Von diesen würden mit einem Grenzwert für den HbA1c von 39 mmol/moL (5,72%) gerade einmal 12 Frauen erkannt werden. Die restlichen 106 wären nicht als GDM diagnostiziert worden. Zusätzlich fielen acht Frauen auf, die zwar einen erhöhten HbA1c-Wert hatten, sonst aber einen normalen Zuckerstoffwechsel aufwiesen.

Die Spezifität des HbA1c als Grenzwert und diagnostisches Tool für einen GDM liegt bei den zugrundeliegenden Daten damit bei 97,5%, die Sensitivität hingegen nur bei 10,2%. Würde der Grenzwert auf 32 mmol/moL herabgesetzt, stiege zwar die Sensitivität auf 78%. Die Spezifität läge dann aber nur noch bei 51,2%.

Passte das Forscherteam die Diagnosekriterien generell etwas ans - die britischen NICE-Kriterien unterscheiden sich etwas von den deutschen Diagnosekriterien - würden 104 der 118 GDM-Betroffenen richtig diagnostiziert. Auch hier hatten aber gerade einmal acht Schwangere einen HbA1c größer als 39 mmol/moL.

Eine Auffälligkeit hinsichtlich des HbA1c-Grenzwertes von 39 mmol/moL fiel noch auf: Lag der HbA1c oberhalb des Grenzwertes, war auch die Nüchternglukose um 0,5 mmol/L (± 0,04) erhöht. Die Werte nach oraler Glukosaufnahme hingegen waren wieder vergleichbar. Bei diesen Frauen waren zusätzlich auch andere Parameter anders: Die Schwangeren mit niedrigem HbA1c bei bestehendem GDM hatten höhere Blutzuckerwerte vor und während des 0GTTs, waren älter und schwerer.

Fazit

Weder im zweiten noch im dritten Trimenon konnte mittels eines HbA1c >39 mmol/moL (5,72%) ein Gestationsdiabetes zuverlässig diagnostiziert werden. Würde nur der HbA1c zugrunde gelegt, würden bei diesem Grenzwert 89,9% der GDM-Patientinnen übersehen. Bei einem niedrigeren Grenzwert von 32 mmol/moL wären es immer noch ein Fünftel.

„Die alleinige Bestimmung des HbA1c im 2. oder 3. Trimenon kann den oralen Glukosetoleranztest zur Diagnose eines GDM nicht ersetzen“, schreiben die Forschenden.

Autor:
Stand:
18.08.2021
Quelle:
  1. Fritsche L. Et al. HbA1c-Messung kann den oralen Glukosetoleranztest zur Diagnose des Gestationsdiabetes nicht ersetzen. Deutsches Ärzteblatt 2021; 118:432-4. DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0159
  2. ClinicalTrials.gov.: Gestational Diabetes (PREG). NCT04270578 23.04.2021 [zuletzt aufgerufen am 17.08.2021].
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