
Hintergrund
Beim diabetischen Fußsyndrom leiden Patienten an schlecht heilenden Wunden am Fuß. Bundesweit sind Experten zufolge etwa drei Prozent der Diabetiker betroffen. Zur Standardtherapie gehören medikamentöse Behandlung, Wunddebridement, Verbände, Druckentlastung und chirurgische Maßnahmen.
Die topische Sauerstofftherapie (topical oxygen therapy [TOT]) wurde als Behandlung für diabetesbedingte Fußulzera (diabetes‐related foot ulcer [DFU]) vorgeschlagen, wird seit Langem kontrovers diskutiert und ist im Gegensatz zur hyperbaren Sauerstofftherapie nicht in Behandlungsleitlinien eingegangen. Im Jahr 2017 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, dass unter bestimmten Voraussetzungen hyperbare Sauerstofftherapie in der vertragsärztlichen Versorgung angewendet werden darf [1, 2].
Metaanalysen von randomisierten klinischen Studien (randomized controlled trials [RCT]) zur TOT lagen bisher nicht vor.
Zielsetzung
Ein Wissenschaftlerteam um Dr. Shivshankar Thanigaimani von der James Cook University in Townsville, Australien, untersuchte in einem systematischen Review mit Metaanalyse die Evidenz für den Nutzen der TOT bei der Heilung von DFU aus hochqualitativen kontrollierten klinischen Studien. Die Ergebnisse wurden aktuell in der Fachzeitschrift Diabetic Medicine veröffentlicht [3].
Methodik
Die Wissenschaftler durchsuchten öffentlich zugängliche Datenbanken nach RCT, in denen die Wirkung der TOT auf die Wundheilung bei Teilnehmern mit einem DFU untersucht wurde. Der primäre Ergebnisparameter war die Heilung des DFU, die als vollständige Epithelialisierung definiert wurde.
Die Metaanalysen wurden mit Random-Effects-Modellen durchgeführt und die Ergebnisse als Risikoverhältnisse (RR) mit 95%-Konfidenzintervallen (KI) dargestellt. Die Studienqualität und das Verzerrungspotenzial der Veröffentlichungen wurden anhand einer modifizierten Version der Instrumente der Cochrane Collaboration bewertet.
Ergebnisse
Sechs RCT mit insgesamt 530 Teilnehmern mit einem DFU, die sich der Anwendung einer TOT unterzogen, wurden für die Analyse berücksichtigt. Die Metaanalyse ergab, dass eine TOT die Wahrscheinlichkeit einer Geschwürheilung im Vergleich zu Kontrollen signifikant erhöhte (RR 1,94; 95%-KI 1,19 - 3,17; I2 = 57%; NNT = 5,33). Die Ergebnisse zeigten sich in Sensitivitätsanalysen als robust. Das Risiko einer Verzerrung war in zwei Studien hoch, in einer mäßig und in drei Studien niedrig.
Wurden nur die Daten aus den drei Studien mit niedrigem Verzerrungsrisiko in die Analyse aufgenommen, erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit für eine Heilung eines DFU durch eine TOT im Vergleich zu Kontrollen (RR 2,37; 95%-KI 1,52 - 3,68; I2 = 0%).
Amputationen und schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten selten und in beiden Gruppen in vergleichbaren Raten auf.
Trichterdiagramme deuteten auf die Möglichkeit einer Veröffentlichungsverzerrung hin. Die Daten zu Amputationen waren für eine Metaanalyse zu begrenzt.
Fazit
Diese Metaanalyse legt nahe, dass TOT die Wahrscheinlichkeit der Heilung eines DFU verbessert. Die Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden sollten, da die berücksichtigten Studien sehr heterogen waren und nur kleine Probandenzahlen eingeschlossen waren. Die Auswirkungen auf Amputationen und die Kosteneffizienz sei unklar und die TOT sollte in größeren Studien weiter evaluiert werden.
Die Arbeit wurde von der James Cook University (Strategic Research Investment Fund) und von der Regierung von Queensland finanziell unterstützt.