Erhöhter Schulungsbedarf bei AID-Systemen

Aufgrund der steigenden Nutzung sowie der rasanten technischen Weiterentwicklung von Systemen zur automatischen Insulinabgabe, werden vermehrt Schulungen in diesem Bereich nötig. Das betrifft sowohl die Patienten als auch das Fachpersonal in Diabetespraxen.

Arzt_Insulinpumpe

Systeme zur automatischen Insulinabgabe (automated insulin delivery, AID) werden in der Therapie des Typ-1-Diabetes immer häufiger eingesetzt. Sie bestehen aus einer Insulinpumpe, einem Gerät zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) und einem Algorithmus, der die Insulinzufuhr steuert. Man spricht auch von der sogenannten künstlichen Bauspeicheldrüse. Die AID-Systeme ermöglichen eine längere Zeit im Blutzucker-Zielbereich und vermindern insbesondere nachts gefährliche Hyper- und Hypoglykämien. Der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD) weist nun in einer Pressemeldung darauf hin, dass insbesondere bei solchen Systemen der Schulungsaufwand steigt, da sich die Technik kontinuierlich weiterentwickelt.

AID-Nutzung steigt

AID-Systeme erleichtern den Alltag vor allem für junge Diabetespatienten durch die automatische Regulierung von Blutzuckermessung und Insulinabgabe. Derzeit nutzen etwa 12% der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes die künstliche Bauchspeicheldrüse. „Dieses System ist ein Meilenstein in der Diabetestherapie.“, so Theresia Schoppe, Vorstandsmitglied des VDBD und Diabetes- und Ernährungsberaterin. Der Verband schätze, dass in den nächsten zehn Jahren etwa die Hälfte aller Menschen mit Typ-1-Diabetes ein AID-System nutzt oder nutzen wird, in rund 15 Jahren bereits 90%.

Mehr Schulungen notwendig

Insbesondere die steigende Anzahl der Nutzer von AID-Systemen bedingt auch eine erhöhte Notwendigkeit an Schulungsprogrammen sowohl vor als auch in regelmäßigen Abständen während der Anwendung. Je mehr Technologie in die Diabetestherapie Einzug hält und je komplexer deren Anwendung wird, desto größer sei auch die Eigenverantwortung der Patienten und damit auch der Schulungsbedarf, heißt es in der Pressemitteilung.

„Es ist für die Betroffenen nicht nur wichtig, die Technik zu verstehen, die Grenzen des eigenen AID-Systems zu kennen und ein Verständnis für den jeweiligen Algorithmus des AID-Systems zu haben“, erklärt Schoppe. „Sie müssen auch kompetent in der Kohlenhydrat-Einschätzung sein, um sich im Falle eines technischen Ausfalls selbst zu helfen zu wissen.“ Gerade auch die schnelle Weiterentwicklung der integrierten Software mache eine regelmäßige Unterweisung notwendig.

Kein Mehrwert ohne Schulung

Dies zeige auch eine Studie aus den USA, die trotz zunehmender Nutzung technischer Hilfsmittel bei Diabetespatienten eine Verschlechterung der Stoffwechselziele verzeichnete. Das Ergebnis lasse sich durch eine fehlende therapeutische Patientenschulung in den USA erklären, erläutert VDBD-Vorsitzende Dr. rer. medic. Nicola Haller. „Die Technologie ist eben nur so gut wie ihre Anwendung.“

Fortbildungen für Fachpersonal

Der VDBD weist darauf hin, dass sich nicht nur die Anforderungen an Patienten veränderten. Auch strukturierte und regelmäßige Fortbildungen des Fachpersonals in Diabetespraxen müssten vermehrt angeboten werden.

Keine vollständige Erstattung

Es sind bislang vier zugelassene Produkte im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes aufgeführt und damit von den Krankenkassen erstattungsfähig. „Aufgrund der Regularien kann es [allerdings] passieren, dass eine AID-fähige Insulinpumpe keine Kostenzusage für das dazugehörige CGM-System erhält. Somit kann die Algorithmussteuerung nicht genutzt werden“, erklärt Haller.

Die verfügbaren Systeme sind zudem erst ab dem Vorschulalter zugelassen. Die Deutsche Diabetesgesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -Diabetologie (DGKED) hatten daher beispielsweise im Oktober 2021 die Verordnungsfähigkeit aller Systeme zur automatischen Insulinabgabe für Kinder und Jugendliche gefordert.

Autor:
Stand:
22.06.2022
Quelle:
  1. VDBD: Pressemitteilung – Diabetestechnologien sind nur so gut wie ihre Anwendung; VDBD warnt vor Alleingängen im Diabetesmanagement (14.06.2022)
  2. DDG & DGKED: Stellungnahme zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit automatischen Insulindosierungssystemen (18.10.2021)

 

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