
Chronisch wiederkehrende Bauchbeschwerden, sogenannte funktionelle Bauchschmerzen, sind ein häufiges Krankheitsbild in der Pädiatrie. Betroffene Kinder leiden unter gastrointestinalen Beschwerden, ohne dass eine kausale Ursache gefunden werden kann. Die Diagnose wird gestellt, sobald drei oder mehr Schmerzepisoden, die das alltägliche Leben beeinträchtigen, innerhalb von drei Monaten auftreten.
Symptomatische Therapie
Die Therapie basiert zunächst darauf, das Essverhalten der Kinder zu analysieren und mögliche Unverträglichkeiten zu detektieren. Außerdem können Medikamente zur Schmerzlinderung eingenommen werden.
Neuerdings wird mit der Einnahme von Probiotika und Prebiotika eine positive Auswirkung auf die Darmflora assoziiert. Diese lebensfähigen Mikroorganismen (Probiotika) oder Nahrung für die bereits im Darm befindlichen Bakterien (Prebiotika) sollen die Darmflora regenerieren und ausbalancieren. Dies soll wiederum antiinflammatorisch wirken und die Darmmotilität sowie die Sekretion beeinflussen. Die Kombination von Pro- und Prebiotika wird Synbiotikum genannt.
Probiotika in der Pädiatrie
Der Gebrauch von Pro- und Prebiotika bei Kindern mit funktionellen Bauchschmerzen ist noch nicht ausreichend untersucht. Forscher um Prof. M. Gordon der Medizinischen Fakultät der Universität in Central Lancashire, UK, führten ein Update einer im Jahr 2017 veröffentlichten Cochrane-Metaanalyse durch. Diese sollte seitdem veröffentliche Studien miteinbeziehen und den Fokus auf die Wirksamkeit und Sicherheit einer Probiotika-Therapie bei betroffenen Kindern setzten.
Inkludierte Studien
Untersucht wurden ausschließlich randomisierte kontrollierte Studien (RCT). Die Studien mussten Kinder von vier bis 18 Jahren einschließen, die anhand der in dem jeweiligen Studienjahr geltenden Rom-Kriterien diagnostizierte, funktionelle Bauchschmerzen hatten. Ausgeschlossen wurden Studien, die Kinder mit Morbus Hirschsprung, vorherigen abdominalen Operationen oder angeborenen Fehlbildung inkludierten.
Die Probiotika durften in jeglicher Form eingenommen worden sein und konnten entweder mit einer Placebo-Gruppe, keiner Therapie oder einer anderen Therapie verglichen worden sein.
Endpunkte
Als primäre Endpunkte wählten die Forscher ein allgemein besseres Wohlbefinden der Kinder bzw. einen Therapieerfolg, komplette Schmerzfreiheit, eine Änderung der Schmerzintensität und eine Veränderung der Häufigkeit der Schmerzen.
Weitere Endpunkte waren zum einen (schwere) unerwünschte Nebenwirkungen und die Beendigung der Studien aufgrund dieser. Zum anderen sollten die schulische Leistung, die soziale und psychologische Funktionalität sowie die Lebensqualität der Kinder untersucht werden.
18 randomisierte kontrollierte Studien
Von 757 möglichen Veröffentlichungen wurden 18 Studien mit insgesamt 1.309 Patienten inkludiert. Alle Patienten waren zwischen vier und 18 Jahren und wurden entweder anhand der Rom II oder Rom III Kriterien diagnostiziert.
Die Interventionen dauerten zwischen vier und zwölf Wochen und alle, bis auf zwei Studien, basierten auf zwei Interventionsarmen. Insgesamt untersuchten zwölf Studien Probiotika, fünf Synbiotika und eine beides im Vergleich zu einer Placebo-Therapie. Prebiotika allein wurden als Placebo gewertet. Verwendet wurden z. B. Lactobacillus reuteri, Lactobacillus rhamnosus oder Bifidobacterium lactis.
Möglicher Effekt von Probiotika und Synbiotika
Die Metaanalyse zeigte, dass sowohl Probiotika als auch Synbiotika im Vergleich zu Placebo bei funktionellen Bauschmerzen möglicherweise wirksam sind. Es erreichten 167 von 325 Kindern, die Probiotika erhielten einen Therapieerfolg, in der Placebogruppe waren es 118 von 325 Kindern (Risk Ratio [RR] 1,49; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,23 bis 1,8]. Ebenso konnte dieser Effekt bei 74 von 154 Patienten beobachtet werden, die Synbiotika einnahmen. Im Vergleich dazu verzeichneten 36 von 113 Patienten der Placebogruppe einen Therapieerfolg (RR 1,36; 95%-KI: 1,04 bis 1,77). Diese Ergebnisse weisen jedoch nur einen geringen Evidenzgrad auf, da zwischen den Studien eine große Heterogenität der Ergebnisse herrschte und in manchen Studien das Risiko eines Bias entdeckt wurde.
Es konnte weder eine Überlegenheit der Pro- und Synbiotika-Therapie in Bezug auf eine absolute Schmerzfreiheit, noch auf die Schmerzintensität und Frequenz erkannt werden.
Es wurden keine schweren unerwünschten Ereignisse verzeichnet und wenige Teilnehmer brachen die Studien aufgrund von unerwünschten Nebenwirkungen ab. Die Forscher konnten daraus aber aufgrund von zu niedriger Evidenz keine Schlussfolgerung zwischen Probiotika und Placebo ziehen.
Für die Beurteilung der schulischen Leistungen und sozialen Interkationen waren zu wenige Daten vorhanden.
Weitere Interventionsstudien sind nötig
In dieser Metaanalyse konnte, mit geringer Evidenz, eine mögliche Überlegenheit des Therapieerfolges einer Pro- und Synbiotika-Therapie gegenüber einer Placebo-Therapie gezeigt werden. Alle weiteren Endpunkte konnten entweder nicht signifikant bestätigt oder aufgrund mangelnder Daten nicht untersucht werden. Dies lag nicht zuletzt an der starken Heterogenität der zugrundeliegenden Studien.
Weitere interventionelle Studien sind nötig, diese Therapieoption weiterführend zu untersuchen. Diese sollten eine einheitliche Diagnose wählen, eine größere Teilnehmerzahl beinhalten und spezifisch die Ergänzungsmittel auf ihre Wirksamkeit untersuchen. Außerdem müssten sie ein längeres Follow-Up für die Untersuchung der Sicherheit und des Nebenwirkungsspektrums der Therapie einplanen.
Nichtsdestotrotz könnten Pro- und Synbiotika Kindern mit wiederkehrenden abdominalen Schmerzen eine Linderung verschaffen und so ihre Lebensqualität verbessern, weswegen ein großes Interesse an weiterer Forschung bestehen sollte.