
Hintergrund
Bei Patienten im Koma nach einem Herzstillstand empfehlen internationale Leitlinien ein gezieltes Management der Körpertemperatur (targeted temperature management [TTM]), um hypoxisch-ischämische Hirnschäden zu verhindern. Die Evidenz für diese Empfehlung stammte aus Studien mit Personen, die nach einem präklinischen Herzstillstand wiederbelebt worden waren. Die Studien legten nahe, dass Patienten, deren Körpertemperatur auf 33°C gesenkt worden war, höhere Überlebenschancen hatten und bessere Ergebnisse bei neurologischen Tests erzielten als Patienten, bei denen eine Normothermie aufrechterhalten wurde.
Wackelige Evidenz
Auf der anderen Seite legen Analysen dieser Studien nahe, dass die Evidenz für die Vorteile der Hypothermie bei Patienten nach Herzstillstand auf wackligen Beinen steht. Selbst die Leitlinien bestätigen die unsichere Grundlage, auf der ihre Empfehlungen hinsichtlich des Temperaturmanagements bei Koma-Patienten nach einem Herzinfarkt, ruht. Wissenschaftler um Dr. Niklas Nielsen vom Helsingborg Hospital in Helsingborg, Schweden führten die Targeted Hypothermia versus Targeted Normothermia after Out-of-Hospital Cardiac Arrest (TTM2) Studie durch, um die Vor- und Nachteile einer Hypothermie vs. Normothermie und früher Fieberbehandlung bei Patienten nach einem Herzstillstand festzustellen. [1]
Zielsetzung
Die Forscher gingen von der Hypothese aus, dass die Sterbeinzidenz nach sechs Monaten in der Hypothermie-Gruppe geringer ist als in der Normothermie-Gruppe und wollten diese mit ihrer Studie belegen.
Methoden
In der Open-Label Studie mit geblindeter Bewertung der Ergebnisse wurden erwachsene, komatöse Patienten eingeschlossen, die zuvor einen präklinischen Herzstillstand mutmaßlich kardialer oder unbekannter Genese erlitten hatten. Es wurden 1.900 Patienten nach der Eingangsunteruntersuchung in zwei Gruppen randomisiert. Bei einer Gruppe wurde eine konstante Hypothermie von 33°C erzielt, bei der anderen Gruppe war das Ziel der Erhalt der Normothermie und die Verhinderung von Fieber, das ab einer Körpertemperatur von 37,8°C definiert wurde.
Endpunkte
Der primäre Endpunkt war die Gesamtsterblichkeit innerhalb von 6 Monaten nach dem Ereignis. Die sekundären Endpunkte umfassten die neurologische Beeinträchtigung nach der modifizierten Rankin-Skala nach 6 Monaten. In der Analyse wurden Subgruppen nach Geschlecht, Alter, Herzrhythmus, Zeit bis zu Wiederkehr der Spontanzirkulation sowie der Präsenz oder der Abwesenheit eines Schocks bei Einlieferung gebildet. Folgende unerwünschte Ereignisse im Verlauf der Therapie wurden präspezifiziert: Pneumonie, Sepsis, Blutung, Arrhythmien, die die Hämodynamik beeinträchtigten und Hautkomplikationen durch die Methode des Temperatur-Managements.
Ergebnisse
Der primäre Endpunkt konnte bei insgesamt 1.850 Patienten bestimmt werden. Nach 6 Monaten waren 465 (50%) von 925 Patienten in der Hyperthermie Gruppe verstorben, im Vergleich zu 448 (48%) von 925 in der Normothermie-Gruppe (Relatives Risiko mit Hyperthermie 1,04; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,94-1,14; p=0,37). Von den 1.747 Patienten, bei denen die funktionellen Ergebnisse in die Auswertung kamen, zeigten 488 (55%) von 881 Patienten in der Hyperthermie-Gruppe moderate bis schwere Funktionseinschränkungen (modifizierte Rankin Skala ≥4), in der Normothermie-Gruppe waren es ebenfalls 55% (479/866). Die Ergebnisse waren in den präspezifizierten Subgruppen konsistent. In der Hypothermie-Gruppe kam es signifikant häufiger zu Beeinträchtigungen der Hämodynamik (24 % vs. 17%; p<0.001). Die Inzidenz anderer unerwünschter Ereignisse unterschied sich nicht signifikant bei den zwei Gruppen.
Fazit
Die Sterberate nach 6 Monaten lag bei komatösen Patienten mit präklinischem Herzstillstand bei gezielter Normothermie etwas niedriger als bei gezielter Hypothermie. Insgesamt war die gezielte Hypothermie in diesem Setting mit keinen Vorteilen für die Patienten verbunden.