Eine Pneumonie ist eine akut oder chronisch verlaufende Entzündung der Lungenbläschen und/oder des Lungengewebes. In Westeuropa ist die Pneumonie die häufigste zum Tode führende Infektion.
Eine Pneumonie ist eine akut oder chronisch verlaufende Entzündung der Lungenbläschen (alveoläre Pneumonie) und/oder des Lungengewebes (interstitielle Pneumonie). Je nach Ausdehnung kann man Pneumonien zusätzlich einteilen in lobäre und lobuläre Pneumonien.
Einteilung der Pneumonien
Pneumonien werden in der sogenannten „Pneumonie-Triade“ eingeteilt in:
unter Immunsuppression (pneumonia in the immunosuppressed host)
Meist entsteht eine Pneumonie durch eine Infektion mit Erregern wie Bakterien, Viren oder Pilzen. Streptococcus pneumoniae ist dabei der häufigste bakterielle Auslöser für eine Lungenentzündung. Zur Risikogruppe für die Entwicklung einer Pneumonie gehören v. a. Säuglinge und Kleinkinder sowie ältere Patienten über 60 Jahren und Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen. Besonders gefährlich sind nosokomiale Pneumonien, da ihre Erreger häufig multiresistent sind. Die rasant steigende Zahl resistenter Erreger stellt weltweit ein gravierendes Problem dar.
Ambulant erworbene Pneumonien
Die ambulant erworbene Pneumonie ist definiert als eine Pneumonie, die durch den Ort des Erwerbs (außerhalb des Krankenhauses) sowie die Immunkompetenz des Patienten bestimmt wird. Die nosokomiale Pneumonie (HAP) ist eine Pneumonie, die > 48 Stunden nach Krankenhausaufnahme bzw. bei Patienten mit einer vorbestehenden Hospitalisation bis vor 3 Monaten entsteht.
Nosokomial erworbene Pneumonien
Risikofaktoren für die Entwicklung einer nosokomialen Pneumonie mit multiresistenten Erregern sind:
antimikrobielle Therapie in den letzten 90 Tagen
Hospitalisierung ≥ 5 Tage (late-onset)
Kolonisation durch MRGN oder MRSA
medizinische Versorgung in Süd- und Osteuropa, Afrika, Naher Osten, Asien
Eine Pneumonie unter schwergradiger Immunsuppression liegt vor, wenn ein von der ambulant erworbener Pneumonie und HAP abweichendes, typisches, der jeweiligen Art der Immunsuppression entsprechendes Erregerspektrum zu erwarten ist bzw. ein erhöhtes Risiko für sogenannte opportunistische Erreger besteht. Typische Konditionen von Patienten mit schwerer Immunsuppression sind u. a. Neutropenie (< 1000/μl Neutrophile), iatrogen-medikamentöse Immunsuppression (z. B. systemische Steroide), angeborene Immundefekte oder HIV-Infektion/AIDS.
Epidemiologie
In Westeuropa ist die Pneumonie die häufigste zum Tode führende Infektion mit weltweit jährlich etwa drei bis vier Millionen Todesopfern. In Entwicklungsländern sind Pneumokokken-Infektionen besonders häufig und nehmen aufgrund der mangelhaften medizinischen Versorgung oft einen schweren Verlauf. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) versterben weltweit jährlich mindestens eine Million Kinder unter fünf Jahren an einer Pneumokokken-Pneumonie.
Für die ambulant erworbene Pneumonie ergibt sich für Deutschland eine Inzidenz von 9,7 Fällen pro 1.000 Personenjahre, was einer Gesamtzahl von mehr als 660.000 Patienten/Jahr entspricht. Bundesweit steht die Pneumonie als Todesursache auf Platz 5; ungefähr 3 bis 5% der Patienten sterben jährlich daran. Die Inzidenz der ambulant erworbenen Pneumonie steigt mit dem Lebensalter und ist bei älteren Menschen (≥ 65 Jahre) zudem mit einer erhöhten Letalität assoziiert. Pneumonien, die im Seniorenheim erworben werden (NHAP, nursing home–acquired pneumonia), stellen die größte Subgruppe der ambulant erworbenen Pneumonien dar. Nach den Daten der nationalen Prävalenzstudie 2011 sind 18,7% aller nosokomialen Infektionen Pneumonien, dies entspricht etwa 75.000 bis 112.000 nosokomialen Pneumonien jährlich.
Ursachen
An einer Pneumonie erkranken vorrangig Menschen mit unvollständig entwickeltem oder geschwächtem Immunsystem, d. h. vor allem Säuglinge und Kleinkinder sowie ältere Menschen über 60 Jahre, Patienten mit einer chronischen Herzerkrankung, chronischen Bronchitis, Diabetes oder schweren neurologischen Erkrankungen.
Pathogenese
Das Erregerspektrum der ambulant erworbenen Pneumonien unterscheidet sich bezüglich Alter und Komorbidität. In allen Patientengruppen sind jedoch Pneumokokken die häufigsten Erreger und durchschnittlich für ca. 50% der Fälle verantwortlich. Übertragen werden Pneumokokken in der Regel via Tröpfcheninfektion. Seltener werden Haemophilus influenzae, Enterobakterien (Klebsiella spp., Escheriachia coli), Staphylococcus aureus, Viren (in erster Linie Influenza) oder Legionellen nachgewiesen. Bei jüngeren Patienten tritt Mycoplasma pneumoniae häufiger auf. Das Bakterium Haemophilus influenzae Typ b (Hib) ist bei Kleinkindern der häufigste Erreger, bei Säuglingen dagegen findet sich am häufigsten Staphylokokkus aureus als Haupterreger. Sonderformen der ambulant erworbenen Pneumonie sind die ambulant erworbene Aspirations-, die Retentionspneumonie sowie Pneumonien im Zusammenhang mit Fernreisen, im Rahmen von Epidemien (z. B. Influenza) oder Ausbrüchen (z. B. Legionellen).
Bei nosokomialen Pneumonien stehen Bakterien im Vordergrund, während Pilze und Viren bei immunkompetenten Patienten nur selten als Pneumonieerreger identifiziert werden. Die häufigsten Erreger stellen aerobe und fakultativ anaerobe Gram-negative Stäbchenbakterien dar, wie Pseudomonas aeruginosa, Enterobacteriaceae (Escherichia coli, Klebsiella spp. und Enterobacter spp.), Haemophilus influenzae, Acinetobacter baumannii und Stenotrophomonas maltophilia. Unter den Gram-positiven Erregern nosokomialer Pneumonien stehen Staphylococcus aureus und Streptococcus pneumoniae im Vordergrund.
Patienten mit angeborenen und erworbenen Immundefekten erkranken häufiger an Pneumonien durch typische Erreger der CAP oder HAP, es besteht jedoch auch ein breiteres Erregerspektrum mit einem erhöhten Risiko für sogenannte opportunistische Erreger (z. B. Pneumocystis jirovecii, Zytomegalievirus, Mykobakterien, Pilze). Dieses ist typisch für die jeweilige Art der Immunsuppression.
Symptome
Zu den klinischen Symptomen einer Pneumonie gehören:
Atemwegssymptome wie Husten mit oder ohne Auswurf, Dyspnoe, atemabhängige thorakale Schmerzen
Allgemeinsymptome wie Fieber oder Hypothermie, allgemeines Krankheitsgefühl, "„grippale“ Symptome wie Myalgien, Arthralgien, Cephalgien, Palpitationen, Kreislaufbeschwerden, Diarrhoen
neurologische Symptome wie „Desorientiertheit (confusion)“ insbesondere bei älteren Patienten
Die typische Pneumokokken-Pneumonie tritt meist während der kalten Jahreszeit auf, vorrangig bei älteren oder bereits vorerkrankten Personen. Häufig bestand zuvor ein Infekt im Hals- oder Rachenbereich. Die klassische Pneumonie beginnt mit Schüttelfrost und Fieber. Besonders bei älteren Patienten ist die Symptomatik allerdings häufig schwächer ausgeprägt.
Die atypische Pneumonie entwickelt sich deutlich langsamer, meist über mehrere Tage. Die Patienten sind im Allgemeinen jünger und gesünder als bei der klassischen Lungenentzündung. Im Vordergrund stehen Kopf- und Gliederschmerzen, wobei der Allgemeinzustand in der Regel wenig beeinträchtigt ist. Schüttelfrost, Fieber und Atemnot sind seltener und meist geringer ausgeprägt als bei der klassischen bakteriellen Pneumonie. Der Husten zeigt sich als unproduktiver Reizhusten.
Die Symptomatik immunsupprimierter Patienten kann sich deutlich unterscheiden: Fieber, Auskultationsbefunde, erhöhtes C-reaktives Protein (CrP) und Leukozytenanstieg können beispielsweise fehlen, teilweise kann die Pneumonie auch relativ symptomarm verlaufen.
Zu den Komplikationen einer Pneumonie gehören unter anderem die respiratorische Insuffizienz sowie Sepsis.
Diagnostik
Klinische Befunde
Bei Patienten mit einer Pneumonie lassen sich folgende klinischen Befunde feststellen:
Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz
Tachykardie, ggf. arterielle Hypotonie
ggf. abgeschwächter Klopfschall über dem Thorax bei Infiltrationen und/oder einem parapneumonischen Pleuraerguss
inspiratorische Rasselgeräusche bzw. Bronchialatmen
Weiterführende Untersuchungen
Bei der klinischen Verdachtsdiagnose einer CAP oder HAP sollte eine Röntgenaufnahme des Thorax angefertigt werden. Die Thoraxsonographie kann ergänzend zur Diagnosesicherung eingesetzt werden. Weitere wichtige Hinweise liefern bakterielle Sputumuntersuchungen, Blutkultur und Blutbild. Ergänzend kann beim Verdacht auf atypische Pneumonien der Antigen- bzw. Antikörper-Nachweis aus Urin, Auswurf (Sputum) und/oder bronchoskopisch gewonnenes Lungengewebe oder Spülwasser erfolgen.
Ambulant erworbene Pneumonie
Die objektive Erfassung des Schweregrades der ambulant erworbenen Pneumonie ist ein zentrales Element im Management der Erkrankung. Als einfacher Score mit guter Prädiktion eines geringen Letalitätsrisikos hat sich der CRB-65-Index etabliert, der auf das Vorliegen folgender Kriterien prüft:
Für die Prädiktion von Patienten mit einem erhöhten Risiko für die Notwendigkeit einer Intensivtherapie bzw. einer maschinellen Beatmung und/oder Katecholamintherapie ohne unmittelbar erforderliche Einleitung einer Organersatztherapie (d. h. ohne Majorkriterien) wurden in den letzten Jahren mehrere Scoresysteme entwickelt und in Studien evaluiert. Die am besten validierten Parameter sind dabei die sogenannten Minorkriterien der ATS / IDSA aus dem Jahr 2007.
Nosokomial erworbene Pneumonie
Die Diagnose HAP sollte gestellt werden bei neuem, persistierendem oder progredientem Infiltrat in Kombination mit zwei von drei weiteren Kriterien: Leukozyten > 10.000 oder < 4.000/μl, Fieber > 38,3°C, purulentes Sekret. Alle Patienten mit HAP sollen auf das Vorliegen einer Sepsis evaluiert werden. Außerhalb der Intensivstation soll mindestens die Bestimmung der Vitalparameter unter Verwendung der qSOFA-Kriterien erfolgen. Auf Intensivstation sollen Sepsis-Scores wie der SOFA-Score zur Risikoprädiktion angewandt werden.
Therapie
Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie
Die Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie erfolgt entsprechend des Schweregrades der Pneumonie sowie vorhandener Komorbiditäten und Erregerempfindlichkeit. So sollten Patienten mit leichter Pneumonie ohne Komorbidität als initiale kalkulierte Therapie der Wahl eine Monotherapie mit einem hochdosierten Aminopenicillinpräparat erhalten. Alternativ kann bei Penicillinallergie oder Unverträglichkeit ein Fluorochinolon (Moxifloxacin, Levofloxacin), nachgeordnet ein Makrolid (Azithromycin, Clarithromycin), oder ein Tetracyclin (Doxycyclin) verabreicht werden. Der Therapiebeginn sollte möglichst rasch nach Diagnosestellung erfolgen. Bei hospitalisierten Patienten wird eine Zeit von 8 Stunden empfohlen, innerhalb welcher mit der antimikrobiellen Behandlung begonnen werden sollte. Bei Patienten mit schwerer Sepsis bzw. Schock sollte die erste Gabe innerhalb von einer Stunde erfolgen. Bei der leichten bis mittelschweren Pneumonie soll die Dauer der antimikrobiellen Therapie 5-7 Tage betragen. Supportiv kann eine Sauerstoffsubstitution indiziert sein sowie eine großzügige Flüssigkeitszufuhr.
Therapie der nosokomial erworbenen Pneumonie
Bei Patienten mit HAP ohne erhöhtes Risiko für multiresistente Erreger (MRE) gehören Aminopenicilline/Betalaktamaseinhibitoren, Cephalosporine der Gruppe 3a und pneumokokkenwirksame Fluorchinolone zu den empfohlenen Therapieoptionen. Die Substanzauswahl soll vor dem Hintergrund des lokalen Erregerspektrums und Resistenzprofils getroffen werden. Bei Patienten mit erhöhtem Risiko für MRE sollen zur kalkulierten Monotherapie oder initial in Kombination geeignete Substanzen vor dem Hintergrund des lokalen Erregerspektrums und Resistenzprofils getroffen werden. Bei Verdacht auf eine MRSA-Infektion soll eine gegenüber MRSA wirksame Substanz hinzugefügt werden.
Prognose
Die Prognose einer Pneumonie hängt unter anderem vom Krankheitserreger, dem Immunstatus, der geeigneten Therapie sowie dem Lebensalter und vorbestehenden Erkrankungen ab.
Pneumonien bei Patienten ohne Risikofaktoren können ambulant behandelt werden und haben eine günstige Prognose mit einer Mortalitätsrate unter 2%. Wenn eine stationäre Therapie notwendig wird, wird die Mortalität mit 2-10% angegeben. Bei einer stationär behandelten Pneumokokken-Pneumonie liegt die Letalität auch heute noch bei 20%. Bei schweren Formen einer Lungenentzündung versterben etwa 20-50% aller Patienten. Nosokomial erworbene Pneumonien haben aufgrund von Resistenzentwicklungen eine deutlich schlechtere Prognose. Insgesamt geht man davon aus, dass in Deutschland jährlich ca. 40.000 bis 50.000 Todesfälle durch schwere Lungenentzündungen verursacht werden.
Prophylaxe
Pneumokokken-Impfung
Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts empfiehlt eine Pneumokokken-Impfung bei folgenden Risikogruppen:
Babys ab einem Alter von 2 Monaten
Ältere Menschen über 60 Jahre
Menschen mit chronischen Herz-, Kreislauf- und Lungenerkrankungen
Menschen mit behandlungsbedürftigem Diabetes oder bestimmten neurologischen Krankheiten
Menschen mit Immundefizienz oder unter immunsuppressiver Therapie
Menschen mit z. B. einem Cochlea-Implantat oder einer Liquorfistel, da diese Personen anfälliger für eine Pneumokokken-Meningitis sind
Grippe-Impfung
Da es in Folge einer Grippe (Influenza) vor allem bei abwehrgeschwächten Patienten zur Entwicklung einer Pneumonie kommen kann, wird von der STIKO für bestimmte Patientengruppen auch eine jährliche Grippeimpfung empfohlen.