Vermehrtes Auftreten an kardiogenen Schocks in Pandemiezeiten

Herzinfarktpatienten mit einem ST-Hebungsinfarkt werden in Zeiten von Corona deutlich häufiger mit kardiogenem Schock ins Krankenhaus eingeliefert, wie eine Studie aus Norddeutschland zeigt. Dies führt zu deutlich veränderten Patientencharakteristika.

Intensivstation Aerztin

Hintergrund

Der Ausbruch von Corona (Corona virus disease-19 [COVID-19]) im Dezember 2019 hat sich zu einer weltweiten Pandemie ausgeweitet. Verursacht wird die Erkrankung durch das schwere akute respiratorische Syndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV-2). Der von der Politik eingeführte „Lockdown“ hat die sozialen Kontakte erheblich eingeschränkt und viele Menschen haben Ängste entwickelt Ärzte und Krankenhäuser zur medizinischen Behandlung aufzusuchen. Weltweit gingen daher die Zahlen der Krankenhauseinweisungen aufgrund kardialer Notfälle zurück und ein Anstieg der Mortalität von Myokardinfarkt (MI)-Patienten mit einem ST-Hebungsinfarkt (STEMI) wurde beschrieben.

Zielsetzung

Die vorliegende Studie untersucht den Einfluss der COVID-19 Pandemie und der pandemiebedingten Einschränkungen auf den klinischen Verlauf von Myokardinfarkt-Patienten, die mit einem STEMI im Jahr 2020 in ein Krankenhaus im Nordwesten Deutschlands eingeliefert wurden.

Methodik

Für die Analyse werden Daten des Bremen STEMI Registers (BSR) verwendet. Das BSR sammelt seit 2006 Daten von Herzinfarkt-Patienten mit diagnostiziertem STEMI, die im Herzzentrum in Bremen behandelt wurden. Daten zum Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen und Schweregrad des STEMI sowie dessen Behandlung und Laborparameter wurden zum Zeitpunkt der Aufnahme und während des Aufenthaltes erfasst. Die Patienten wurden nach ihrer Entlassung für 10 Jahre nachverfolgt. Daten zu schweren kardialen Komplikationen (major adverse cardiac events [MACE]) und zerebralen Komplikationen sowie Blutungsereignissen wurden nach einem, fünf und zehn Jahren mittels eines Telefoninterviews erfasst.

Die Studie vergleicht Daten von Patienten aus dem Jahre 2020, der Zeit der COVID-Pandemie, mit Patientendaten aus den Jahren 2006 bis 2019, insbesondere die klinische Präsentation, Behandlung und der Outcome des Krankenhausaufenthalts.

Ergebnisse

Im Jahr 2020 wurden 726 Patienten in das BSR eingeschlossen und in den vorangegangen 14 Jahren wurden im Mittel 730 ± 57 Patienten pro Jahr dokumentiert. Insgesamt waren dies zwischen 2006 und 2019 10.226 Patienten.

Die beiden Vergleichsgruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich den Parametern Alter (64,8 ± 12,3 Jahre vs. 64,1 ± 13,3 Jahre), Geschlecht (74,9% vs. 72,2% männlich) und klinischer Vorgeschichte (bisherige MI, Diabetes mellitus oder Raucherstatus).

Klinische Ergebnisse

Mit Beginn der COVID-19 Pandemie wurden im Jahr 2020 mit 54% signifikant mehr MI-Patienten mit einem STEMI und kardiogenem Schock (21,9% vs. 14,2%; p<0,01) ins Krankenhaus eingeliefert als in den Vorjahren. Weiterhin traten häufiger Herzstillstände (14,3% vs. 11,1%; p<0,01) außerhalb des Krankenhauses auf als in den vorherigen Jahren sowie auch subakute Herzinfarkte (14,3% vs. 11,6%; p<0,05). Das vermehrte Auftreten von kardiogenen Schocks verschlechterte die Prognose der Patienten signifikant und die intrahospitale Mortalitätsrate stieg im Jahr 2020 um 52% an (12,8% vs. 8,4%; p<0,01).

Die Gesamtzahl der Krankenhauseinweisungen im BSR blieb jedoch zwischen den beiden Vergleichsgruppen auf das Jahr gesehen vergleichbar (726 vs. 730 Einweisungen).

COVID-19 Infektionen

Lediglich vier Patienten (0,6%) mit einem STEMI hatten eine SARS-CoV-2 Infektion im Jahr 2020 und alle Patienten konnten aus dem Krankenhaus lebend entlassen werden. 624 Patienten hatten ein negatives Testergebnis und für 98 Patienten lag kein Testergebnis vor, da sie vor Beginn der seriellen Testung ins Krankenhaus eingewiesen wurden.

Fazit

Die Zahlen des BSR zeigen, dass sich die Charakteristika der STEMI-Patienten während der COVID-19 Pandemie dramatisch verändert haben. Während die Zahl der Krankenhauseinweisung konstant geblieben ist, hat es einen alarmierenden Anstieg an STEMI-Patienten gegeben, die mit einem kardiogenen Schock eingeliefert wurden und sich diese lebensbedrohliche Komplikation negativ auf die Prognose und die Mortalität ausgewirkt hat. Hierfür wird die COVID-19 Pandemie verantwortlich gemacht, die dazu führte, dass viele Patienten Angst hatten ein Krankenhaus aufzusuchen.

Veränderungen in den Abläufen der Katheterlabore gab es nicht und können als Ursache für die höhere intrahospitale Mortalität ausgeschlossen werden. Patienten sollten daher sensibilisiert werden, dass ein unbehandelter STEMI ein lebensbedrohliches Ereignis ist und somit ein höheres Risiko darstellt wie eine COVID-19 Infektion.

Autor:
Stand:
18.05.2021
Quelle:

Wienbergen H. et al. (2021): Impact of COVID-19 Pandemic on Presentation and Outcome of Consecutive Patients Admitted to Hospital Due to ST-Elevation Myocardial Infarction. The American Journal of Cardiology; Doi: https://doi.org/10.1016/j.amjcard.2021.04.011

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