
Hintergrund
In den USA werden jährlich rund 30.000 kongenitale Herzerkrankungen operiert. Die Mehrzahl der Patienten ist zum Zeitpunkt der Operation <1 Jahr alt. Die Operation kongenitaler Herzerkrankungen ist bei diesen sehr kleinen Kindern mit hohen Risiken, unter anderem auch einem hohen Sterberisiko, verbunden. Die Komplikationen stehen häufig direkt im Zusammenhang mit dem schweren system-inflammatorisches Antwortsyndrom (systemic inflammatory response syndrome [SIRS]) nach einem kardiopulmonalen Bypass (cardiopulmonary bypass [CPB]).
Seit Jahrzehnten wurden perioperativ Glukokortikoide verabreicht, um die systemischen Entzündungsprozesse in Verbindung mit einem kardiopulmonalen Bypass abzuschwächen. Doch dieses Vorgehen wird kontrovers diskutiert. In zwei großen randomisierten und kontrollierten Studien mit Erwachsenen war die perioperative Glukokortikoidgabe ohne Vorteil, aber mit erhöhten Risiken für Myokardschäden und Hyperglykämie verbunden.
Bisher keine kontrollierten Studien mit Kindern
Bei Kindern stehen keine Daten aus kontrollierten Studien zur Verfügung. Angesichts der ausgeprägteren systemischen Entzündungsreaktion auf den kardiopulmonalen Bypass und dem erhöhten Komplikations- und Sterberisiko der kleinen Patienten könnte die perioperative Gabe von Methylprednisolon einen höheren Nutzen als bei den Erwachsenen haben. Wissenschaftler um Professor Dr. Kevin Hill, pädiatrischer Kardiologie am Duke Children`s in Durham, USA, evaluierten im Rahmen des Studienprojekts STeroids to REduce Systemic Inflammation After Infant Heart Surgery (STRESS) die Sicherheit und Wirksamkeit der perioperativen Methylprednisolon Gabe bei Kindern, die am Herzen operiert wurden.
Prospektive Registerstudie
STRESS wurde als prospektive, randomisierte, placebo-kontrollierte registerbasierte Multicenterstudie mit Kindern <1 Jahr, die in einem von 24 Zentren am Herzen operiert wurden und hierzu einen kardiopulmonalen Bypass erhielten, durchgeführt. Um die Kosten der Studie zu begrenzen, griffen die Autoren auf Daten der Society of Thoracic Surgeons Congenital Heart Surgery Datenbank (STS-CHSD) zurück, die mit den an der Studie beteiligten Zentren zusammenarbeitet und insgesamt >90% der Operationen kongenitaler Herzerkrankungen in den USA erfasst.
Die Kinder wurden in zwei Gruppen randomisiert und so balanciert, dass sie weitgehend repräsentativ für die Population von Kindern, die in den USA am Herzen operiert werden, waren. Eine Gruppe erhielt 30 mg Methylprednisolon über die Priming-Flüssigkeit der Herz-Lungen-Maschine, die andere Placebo. Der primäre Endpunkt bestand aus einer Zusammensetzung verschiedener hierarchisch geordneten Ereignisse.
Hierarchie der relevanten Ereignisse
Die im primären Endpunkt erfassten Ereignisse umfassten unter anderem Tod, Herztransplantation und weitere 13 Komplikationen. Der intraoperative Tod wurde als höchstrangiges Ereignis wurde mit 97 Punkten bewertet, andere Komplikationen erhielten zwischen 92-96 Punkten. Bei Patienten ohne Komplikationen wurde die Länge des postoperativen Krankenhausaufenthalts nach Tagen (1 Punkt pro Tag; bei >90 Tage 91 Punkte) bewertet.
In der primären Analyse wurden die hierarchisierten Ergebnisse zwischen den Studien-Gruppen verglichen und ein um präspezifizierte Risikofaktoren adjustiertes Odds Ratio errechnet. Sekundäre Analysen umfassten ein nicht adjustiertes Odds Ratio, Win-Ratio und Sicherheitsergebnisse.
Nicht signifikanter Unterschied zwischen Methylprednisolon und Placebo
Von den 1.263 Kindern, die randomisiert wurden, erhielten 63 Kinder weder Methylprednisolon noch Placebo. Es nur die Ergebnisse der 1.200 Kindern, die entweder Methylprednisolon (n=599) oder Placebo (n=601) erhielten, flossen in die Auswertung ein. In der primären Analyse unterschied sich die Wahrscheinlichkeit eines schlechteren Outcomes bei den Gruppen nicht signifikant (adjustierter Odds Ratio [OR] 0,86; 95%-KI: 0,71 bis 1,05; p=0,14).
Die sekundäre, nicht adjustierte Analyse, ergab für die Methylprednisolon-Gruppe vs. Placebo einen Odds Ratio für ein schlechteres Ergebnis von 0,82 (95%-KI: 0,67 bis 1,00) und einen Win-Ratio von 1,15 (95%-KI: 1,00 bis 1,32). Diese Ergebnisse legen einen Benefit der prophylaktischen Methylprednisolon-Verabreichung nahe. Es mussten jedoch mehr Patienten in der Methylprednisolon-Gruppe postoperativ aufgrund einer Hyperglykämie mit Insulin behandelt werden als in der Placebo-Gruppe (19,0% vs. 6,7%, p<0,001).
Fazit
In der adjustierten Analyse verringerte Methylprednisolon nicht signifikant die Wahrscheinlichkeit für ein schlechteres Outcome als Placebo. Es war darüber hinaus mit einem signifikant erhöhten Risiko für eine insulinpflichtige postoperative Hyperglykämie verbunden.
STRESS wurde gesponsort vom National Center for Advancing Translational Sciences (NCATS) sowie weiteren nationalen und nicht nationalen Institutionen und ist auf ClinicalTrials unter der Nummer NCT03229538 einzusehen.