Vision: Myokard mit mRNA-Technologie heilen

Die mRNA-Lipid-Nanopartikel-Technologie hat sich bei der Impfung bei Millionen von Menschen bewährt. Nun wird untersucht, ob diese Methode das Potenzial hat, Myokardzellen so zu instruieren, dass sie beschädigtes Herzmuskelgewebe nach einem Infarkt selbst reparieren.

Forschergruppe

Die mRNA-Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 nutzen Lipid-Nanopartikel für den Transfer der mRNA in das Zytoplasma der Zielzellen. Dort angelangt kommt es zur Translation der Impfstoff-mRNA in ein Dummy-Spike-Protein, das als Antigen auf der Oberfläche der Körperzelle präsentiert wird und so eine Immunantwort auslöst, die zur Bildung von Antikörpern und einer zellulären Immunität gegen SARS-CoV-2 führt. Der große Erfolg der mRNA-Impfstoffe bei der Eindämmung schwerer Krankheitsfälle durch SARS-CoV-2 hat dazu geführt, dass die Möglichkeiten dieser Technologie, die ursprünglich für die Onkologie entwickelt wurde, nun auch bei kardiologischen Erkrankungen ausgelotet werden. Erst kürzlich wurde eine Studie zur Behandlung von Herzfibrosen mit mRNA-Technologie veröffentlicht [1].

Myokard, das sich selbst heilt

Myokard, das sich instruiert durch mRNA nach einem Herzinfarkt selbst reparieren kann – das hätte vor gar nicht langer Zeit noch nach Science-Fiction geklungen. Aber vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit den mRNA-Impfstoffen scheint dieses visionäre Ziel eines Forschungsprojekts von Wissenschaftlern des University Medical Center Utrecht durchaus realistisch zu sein. Eine erste Teilstudie im Rahmen des Projekts wurde nun auf dem Kongress Frontiers of CardioVascular Biomedicine 2022 der European Society of Cardiology (ESC) als Abstract präsentiert. In der vorgestellten Pilotstudie ging es zunächst darum zu untersuchen, ob mRNA in Lipid-Nanopartikel in Myokardzellen transferiert werden kann [2,3].

Ergebnisse der Pilotstudie

Im Rahmen einer Operation injizierten die Forscher mit mRNA beladende Lipid-Nanopartikel unterschiedlicher Formulierung in die linksventrikuläre Herzwand von Mäusen unter Allgemeinanästhesie und bei geöffnetem Thorax. Vierundzwanzig Stunden nach der Intervention wurden die Mäuse getötet und geprüft, wo genau im Körper der Tiere die Translation der mRNA stattfand. Tatsächlich konnte eine mRNA-Translation in den Herzzellen nachgewiesen werden.  Allerdings wurden trotz der direkten Injektion der Lipid-Nanopartikel in das Herz, die höchsten mRNA-Translations-Raten in den Zellen von Leber und Milz der Tiere entdeckt.

Leberzellen als zwangsläufige Kollateraltreffer

Studienautorin Dr. Clara Labonia erklärte in einer Pressemitteilung der ESC: „Eine hohe Expression der mRNA in der Leber hatten wir erwartet, weil die Lipid-Nanopartikel in diesem Organ metabolisiert werden. Nichtsdestotrotz war es ermutigend zu sehen, dass es mRNA-Translation im Herzgewebe gab, denn das bedeutet, dass Lipid-Nanopartikel als Transportsystem für eine mRNA-Therapie dienen könnten.“

Ausblick auf die nächsten Schritte

Labonia gab einen Ausblick auf die nächsten Vorhaben im Rahmen des Projekts: „Der nächste Schritt dieses Forschungsvorhabens ist es, mehr Formulierungen zu testen, und diejenige auszuwählen, die am effizientesten das Ziel Herzgewebe erreicht. Anschließend werden wir prüfen, ob der Transfer von mRNA in Mäuse mit einem Infarktgewebe ähnlichen, ischämischem Herzgewebe einen therapeutischen Effekt hat.“

Autor:
Stand:
09.05.2022
Quelle:
  1. Rurik, Tombácz, Yadegari (2022): CAR T cells produced in vivo to treat cardiac injury. Science. 2022 Jan 7;375(6576):91-96. DOI: 10.1126/science.abm0594.
  2. European Society of Cardiology (2022): COVID-19 vaccine technique shows promise for heart disease. Pressemitteilung.
  3. Labonie (2022): Modified mRNA delivery to the heart using lipid nanoparticles. Frontiers in CardioVascular Biomedicine 2022, a scientific congress of the European Society of Cardiology (ESC) Abstract.

 

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