
Hintergrund
Myokardinfarkte, die infolge von Plaque-Rupturen und atherothrombotischen Prozessen in atherosklerotisch veränderten Koronargefäßen auftreten, werden als Typ-1-Herzinfarkt bezeichnet. Der Typ-2-Herzinfarkt entsteht hingegen aufgrund eines Missverhältnisses zwischen Sauerstoffangebot und -bedarf im Myokard. Das kann auf vielen Faktoren beruhen, beispielsweise Tachyarrhythmien, Hypotension, Sepsis, Hypoxie, Anämie, Vasospasmen oder endotheliale Dysfunktion. Aufgrund der multifaktoriellen, komplexen Pathogenese des Typ-2-Herzinfarkts stellt sich die Frage, ob sich die Risikofaktoren der beiden Herzinfarkttypen unterscheiden oder ob sie identisch sind [1,2].
Risikofaktoren nach Typ?
Dieser Frage ging eine Arbeitsgruppe um Dr. Ryan Wereski vom British Heart Foundation (BHF) Centre for Cardiovascular Science an der University of Edinburgh nach. Die Gruppe hatte sich zum Ziel gesetzt, spezifische Prädiktoren für die beiden Herzinfarkttypen zu identifizieren. Hierzu analysierten sie die Datensätze von mehr als 48.000 Patienten, die an der High-Sensitivity Troponin in the Evaluation of patients with suspected Acute Coronary Syndrome (High-STEACS) Studie teilnahmen. Die Ergebnisse der Studie wurden im European Heart Journal veröffentlicht.
Zielsetzung
Das Ziel der Studie bestand in der Evaluation und dem Vergleich von Risikofaktoren für einen Herzinfarkt Typ-1 oder Typ-2.
Methoden
Die Gruppe führte eine sekundäre Analyse von Datensätzen aus der High-STEACS Studie durch. High-STEACS ist eine randomisierte -Studie zur Bedeutung von hochsensitivem Troponin bei akutem Koronarsyndrom [3]. Eingeschlossen wurden Datensätze von Patienten, die zwischen Juni 2013 und März 2016 mit Verdacht auf akutes Koronarsyndrom in Kliniken in Schottland stationär aufgenommen worden waren. Die Diagnostik bei der Erstaufnahme und Wiederaufnahmen erfolgte entsprechend der Fourth Universal Definition of Myocardial Infarction der European Society für Cardiology. Zur Identifikation von Prädiktoren für eine erneutes Auftreten von Herzinfarkt von Typ 1 oder Typ 2 im Verlauf der ersten Jahres nach der Hospitalisierung nutzen die Wissenschaftler die Cox-Regression.
Ergebnisse
Die Forscher werteten die Datensätze von 48.282 Patienten aus. 1.331 Patienten erlitten während des 12-monatigen Follow-ups erneut einen Herzinfarkt. Ein Typ-1-Herzinfarkt wurde bei 924 und ein Typ-2-Herzinfarkt bei 407 Patienten diagnostiziert. Dabei zeigte sich, dass die Risikofaktoren für Typ-1- und Typ-2-Herzinfarkt im Wesentlichen die Gleichen sind. Bei beiden Typen stieg das Infarktrisiko mit dem Alter und bei Hyperlipidämie, Diabetes, abnormer Nierenfunktion und Koronarerkrankung (p<0,05 für alle Risikofaktoren). Bei den Typ-2-Infarkten war der Frauenanteil zwar erhöht, aber nach der Bereinigung um andere Risikofaktoren zeigte sich, dass das Geschlecht kein unabhängiger Prädiktor für einen Typ-2-Infarkt ist (adjustierte Hazard Ratio [aHR] 0,82, 95% Konfidenzintervall [CI] 0,66-1,01). Der Prädiktor mit der höchsten Aussagekraft für das Auftreten eines Infarktes vom Typ 2 war ein Herzinfarkt des gleichen Typs in der Vorgeschichte des Patienten (aHR 6,18, 95% CI 4,70–8,12).
Fazit
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass es aufgrund der gleichen Risikofaktoren für beide Herzinfarkttypen keine typspezifische Vorbeugung gibt und dementsprechend die gleichen Prophylaxe-Maßnahmen für beide Typen ergriffen werden sollten.