ESC 2021: Plötzlicher Herztod nach Infarkt – individuelle Risikoprädiktion

Präzisere Methoden zur Prävention des plötzlichen Herztodes nach Herzinfarkt sind dringend nötig. Die ersten Ergebnisse des PROFID-Projektes lassen das Kardio-MRT als wichtigen Parameter in der Risikoprädiktion erscheinen.

Risiko

Erste Ergebnisse des PROFID-Projektes (Personalised Risk Prediction for Sudden Cardiac Death) wurden auf dem ESC 2021 vorgestellt [1]. Das Ziel dieses Projektes ist es, das individuelle Risiko für einen plötzlichen Herztod nach einem Herzinfarkt besser vorherzusagen.

Linksventrikuläre Funktion nur begrenzt hilfreich

Etwa einer von fünf Todesfällen wird durch den plötzlichen Herztod verursacht. Dieser ist meist das Resultat eines Herzinfarktes. Zur Prophylaxe wird ein implantierbarer Kardioverter/Defibrillator (ICD) bei Postinfarkt-Patienten mit einer verminderten linksventrikulären Funktion (linksventrikuläre Ejektionsfraktion [LVEF] unter 35%) in den einschlägigen Leitlinien empfohlen. Problematisch dabei ist, dass der plötzliche Herztod häufiger bei Patienten mit einer LVEF über 35% auftritt. Weiterhin hat das Risiko für einen plötzlichen Herztod aufgrund vieler Fortschritte in der Therapie abgenommen. Das bedeutet, dass manche Patienten, die eine LVEF über 35% haben, keinen ICD erhalten, obwohl sie ihn bräuchten und auf der anderen Seite manche Patienten unnötigerweise einen ICD implantiert bekommen. Eine bessere Abschätzung des individuellen Risikos ist demnach dringend nötig.

Das PROFID-Projekt

Das von der EU geförderte PROFID-Projekt ist in zwei Phasen angelegt. In der ersten Phase, deren Ergebnisse auf dem ESC 2021 präsentiert wurden, war das Ziel, einen Prädiktionsalgorithmus zu entwickeln, welcher das individuelle Risiko für einen plötzlichen Herztod bei Postinfarkt-Patienten vorhersagt. In der zweiten Stufe wird in zwei randomisierte Studien die Eignung des Algorithmus bei Patienten mit vorausgegangenem Myokardinfarkt auf seine Nützlichkeit bezüglich der Entscheidung für eine ICD-Therapie in der klinischen Praxis geprüft.

Einschlusskriterien und Parameter in Phase I von PROFID

In der ersten Phase des Projektes analysierten die Mediziner 19 Datensätze aus Europa, Israel und den USA mit insgesamt 225.000 Patienten. In die Studie wurden Patienten mit einem Herzinfarkt unabhängig von ihrer LVEF eingeschlossen und/oder Patienten mit einer ischämischen Kardiomyopathie und einer LVEF unter 50%. Es wurden Patienten mit und ohne ICD in die Studie aufgenommen. Alle Datensätze enthielten Informationen zur Demographie, klinischen Parametern, Medikation, EKG, Biomarkern, Echokardiographie und dem Outcome der Patienten. Sechs Datensätze enthielten zusätzlich Befunde aus dem Kardio-MRT von Patienten.

Das primäre Outcome nach 12 Monaten war der plötzliche Herztod bei Patienten mit und ohne ICD. Die Patientendaten, welche insgesamt 58 Variablen enthielten, wurden in vier unterschiedliche Modelle eingepflegt. Die Modelle basierten teils auf klassischen analytischen Methoden und teils auf Maschinenlerntechniken. Im Anschluss wurden die vier Modelle bezüglich ihrer Vorhersagekraft für das primäre Outcome beurteilt. Dabei wurden die Modelle zunächst ohne Einbeziehung der Daten aus dem Kardio-MRT geprüft und anschließend unter Berücksichtigung dieser Daten.

Ergebnisse

Im ersten Schritt, ohne Nutzung der Daten aus dem Kardio-MRT, konnte keines der vier Modelle das bisherige Entscheidungskriterium der LVEF verbessern. Auch keine der klinischen Variablen führte zu einer besseren Vorhersagekraft zusammen mit der LVEF. Gerade werden die vier Modelle unter Einschluss der MRT-Daten geprüft. Hier liegen bereits erste Resultate vor, welche darauf schließen lassen, dass die MRT-Daten die Prädiktionsmodelle verbessern.

Kardio-MRT als sinnvolle Ergänzung klinischer Variablen?

Die ersten Ergebnisse des PROFID-Projektes kommentierte Privatdozent Dr. Nikolaos Dagres, Oberarzt der Abteilung Rhythmologie am Herzzentrum Leipzig, anlässlich des ESC 2021. „Die Resultate leisten einen wesentlichen Beitrag zur Prävention des plötzlichen Herztodes. Zum ersten Mal ist es offensichtlich geworden, dass wir keine signifikante Verbesserung erreichen können, wenn wir uns auf die klinischen Variablen alleine verlassen“, so Dagres. Die Experten blicken den vollständigen Analyseergebnissen nach Berücksichtigung der MRT-Daten nun optimistisch entgegen.

Quelle:

European Society of Cardiology (ESC), Pressemeldung, 25.08.2021; abgerufen am 01.09.2021

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