
Hintergrund
Infolge einer zunehmenden Pumpschwäche des Herzens kann es bei einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz zu Flüssigkeitsstauungen vor allem in den Lungen und den Beinen kommen. Unerkannt kann sich daraus eine lebensgefährliche Lungenstauung mit Lungenödem entwickeln. Diese gehört bei Patienten mit Herzinsuffizienz zu den häufigen Gründen für eine Hospitalisierung. Derzeit versucht man diese Flüssigkeitsansammlungen früh zu erkennen, indem man die Patienten bittet, sich täglich zu wiegen und über deutliche Gewichtszunahmen zu berichten. Die Patienten werden ebenfalls gebeten, Symptome einer Verschlechterung, wie Kurzatmigkeit, Atemprobleme im Liegen oder Schwellungen der Füße oder Sprunggelenke zu melden [1].
Symptome werden häufig zu spät erkannt
Die Erfolgsrate des täglichen Wiegens zur Erfassung von Flüssigkeitstaus liegt bei nur 10-20 %. Das ist viel zu wenig, um das Wohlbefinden von Patienten mit Herzinsuffizienz zu sichern und Hospitalisierungen zu vermeiden, erklärte Professor William Abraham von der Ohio State University, Columbus, USA auf dem Heart Failure Kongress, 22.-23.Mai 2022 in Madrid. In seiner Präsentation „The HearO Community Study: remote speech analysis to predict worsening heart failure events“ stellte er eine Sprachanalyse App vor, die im Rahmen einer Studie rund 80 % der Verschlechterungen einer Herzinsuffizienz vorhersagen konnte und so in Verbindung mit anderen klinischen Informationen in Zukunft eine schnellere Anpassung der Medikation ermöglichen und Hospitalisierungen vermeiden könnte [2,3].
Die HearO Community Study
In der präsentierten Studie wurde eine Sprachanalyse App geprüft, die bereits zuvor Flüssigkeitsansammlungen in den Lungen hospitalisierter Patienten mit akuter Herzinsuffizienz detektiert hatte. In der aktuellen Studie wurde nun untersucht, ob die App auch eine Verschlechterung einer chronischen Herzinsuffizienz mit einem Lungenstauungsrisiko bei Patienten im eigenen Zuhause vorhersagen kann.
Fünf Sätze jeden Morgen
An der Studie nahmen 180 Patienten mit Herzinsuffizienz teil. Alle Patienten erhielten eine leitliniengerechte Medikation. In einer stabilen Krankheitsphase sprachen die Teilnehmer zu Studienbeginn fünf Sätze in ein Standard-Smartphone und zeichneten sie dabei mit der Sprachanalyse App auf. Diese Aufnahme diente fortan als Baseline-Version. Während der Studie nahmen die Teilnehmer die gleichen fünf Sätze jeden Morgen vor dem Frühstück mit der App auf. Die App verglich jede neue Sprachprobe mit der Basisversion. Wenn sie dabei Sprachveränderungen detektierte, die auf eine beginnende Flüssigkeitsansammlung in der Lunge hindeuteten, alarmierte die App das Forscherteam.
Korrekter oder falscher Alarm?
Der von der App ausgelöste Alarm galt als korrekt, wenn bei dem Patienten innerhalb von 31 Tagen nach dem Alarm mindestens ein Symptom für die Verschlechterung der Herzinsuffizienz auftrat, das zu einer Hospitalisierung oder einer Eskalation der ambulanten Medikation des Patienten führte. Wenn es in diesem Zeitfenster zu keinem solchermaßen definierten Ereignis kam, wurde der Alarm als falsch gewertet.
Warnung drei Wochen im Voraus
Während des Studienzeitraum lieferten die Patienten Aufnahmen von im Durchschnitt 512 Tagen. Im Studienzeitraum kam es zu insgesamt 49 der definierten Ereignisse. Die App sagte 39 (80 %) der Ereignisse korrekt voraus, 10 (20 %) der Ereignisse entgingen ihr. Die korrekten Alarme wurden im Median drei Wochen vor dem Ereignis ausgelöst. Durchschnittlich alle 4,8 Monate, also ca. 2,5-mal jährlich, kam es bei jedem Patienten zu einem Fehlalarm
Fazit
Abraham fasst die Studienergebnisse so zusammen: „In dieser Community-basierten Studie konnte die Sprachanalyse App die meisten Fälle einer Verschlechterung einer Herzinsuffizienz mit einem guten zeitlichen Vorsprung vorhersagen. Fehlalarme wurden hingegen selten ausgelöst.“ Gewichtszunahme und Symptome für eine zunehmende Pumpschwäche treten zu spät ein, um die Hospitalisierung der Patienten durch entsprechende Therapieanpassungen zu verhindern. In der aktuellen Studie ging es nur darum, die Genauigkeit der Vorhersage durch die App-basierten Sprachanalyse zu untersuchen. Auf Alarmmeldungen ist ärztlicherseits in Form möglicher Therapieanpassungen nicht reagiert worden. Zukünftige Studien sollen nun zeigen, ob eine Therapieanpassung nach einem App-Alarm, tatsächlich zur Vermeidung von Hospitalisierungen bei Patienten mit Herzinsuffizienz beiträgt.