Subklinische Hypothyreose – therapieren oder nicht?

Eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Gute Anhaltspunkte und Tipps, wie bei solchen Patienten zu verfahren ist, lieferte ein Vortrag auf dem ECIM 2018 in Wiesbaden.

Schilddruese

Die Fragestellung, ob eine subklinische Hypothyreose therapiert werden sollte oder nicht, erörterte Professor Dr. Robin P. Peeters, Erasmus MC Academic Center for Thyroid Diseases, Rotterdam, auf einem Vortrag anlässlich des 17. European Congress of Internal Medicine (ECIM), [1]. Peeters wählte dazu zwei Gruppen aus, ältere Patienten und Schwangere.

Subklinische Hypothyreose bei älteren Patienten

Fallbericht

Zunächst präsentierte der Referent einen typischen Fall. Eine 78 Jahre alte Patientin berichtet von vermehrter Müdigkeit in den letzten Wochen, Gewichtszunahme und Konstipation. Die Familienanamnese hinsichtlich Erkrankungen der Schilddrüse ist positiv. Es erfolgt eine Messung der Schilddrüsenparameter. Dabei ergeben sich folgende Werte:

  • TSH: 9 mU/l (Referenz 0,4 – 4,5 mU/l)  
  • fT4: 12 pmol/l (Referenz 11 – 25 pmol/l).

Wie ist das weitere Vorgehen?

Peeters rät, sich in solchen Fällen immer folgende Fragen zu stellen:

  • Handelt es sich um eine Dysfunktion der Schilddrüse?
  • Soll man therapieren?
  • Wenn man therapiert, was ist das Ziel der Behandlung? Eine Reduktion der Beschwerden? Eine Verbesserung des klinischen Outcomes?

Erneute Bestimmung der Schilddrüsenparameter

Wichtig sei zunächst, dass man sich nicht auf eine einzige Messung der Schilddrüsenparameter verlasse. Im konkreten Fall wurden zunächst keine weiteren Schritte eingeleitet.
Nach vier Monaten war die Symptomatik der Patientin unverändert und die Schilddrüsenparameter wurden erneut bestimmt. Der TSH-Wert lag nun bei 7 mU/l, der fT4-Wert unverändert bei 12 pmol/l. Bei dieser Messung wurden auch der Thyreoperoxidase-Antikörper (TPO-AK) bestimmt. Dieser war negativ.

Interpretation der Laborwerte und weiteres Vorgehen

Bei der Interpretation der Laborwerte gelte es die altersspezifischen Besonderheiten zu beachten, so Peeters. In einer Studie konnten Hollowell und Kollegen zeigen, dass der TSH-Wert mit dem Alter ansteigt [2]. In dieser Studie wurden über 17.000 Probanden untersucht. Bei Personen im Alter der hier vorgestellten Patientin, ist ein TSH-Wert von 12 mU/l laut Studienergebnissen nicht ungewöhnlich.

Der Referent stellte außerdem einen diagnostischen Algorithmus vor, der das Vorgehen bei einer subklinischen Hypothyreose aufzeigt [3]. Bei einer subklinischen Hypothyreose sollte nicht therapiert werden, wenn folgende Punkte bei wiederholter Untersuchung der Schilddrüsenparameter zutreffen:

  • TSH ≥ 10 mU/l
  • fT4 in der Norm
  • Alter > 70 Jahre.

Die Patientin in dem konkreten Fall wurde demnach nicht behandelt.

Subklinische Hypothyreose bei Schwangeren

Fallbericht

Eine 25 Jahre alte Frau in der 10. Schwangerschaftswoche wird aufgrund von Müdigkeit vorstellig. Die Familienanamnese ist positiv hinsichtlich Erkrankungen der Schilddrüse. Folgende Werte zeigen sich bei Bestimmung der Schilddrüsenparameter:

  • TSH: 4,5 mU/l (Referenz 0,4 – 4,5 mU/l) 
  • fT4: 12 pmol/l (Referenz 11 – 25 pmol/l)
  • TPO-AK: positiv.

Besondere Anforderungen an die Schilddrüse in der Schwangerschaft

Auch hier solle man sich zunächst die oben genannten Fragen nach Vorliegen einer Dysfunktion der Schilddrüse etc. stellen, so Peeters.

Während einer Schwangerschaft besteht ein verstärkter Bedarf an Schilddrüsenhormonen. Ursachen dafür sind unter anderem eine gesteigerte glomeruläre Filtrationsrate, welche eine verstärkte Iod-Exkretion zur Folge hat. Außerdem benötigt auch der Fetus Schilddrüsenhormone, da die fetale Schilddrüse bis zur 18 -20 Schwangerschaftswoche nicht funktionell ist. Die maternale Schilddrüse wird durch hCG stimuliert.

TSH-Referenzwert während der Schwangerschaft

Die Leitlinien der American Thyroid Association (ASA) sagen, dass man vom Referenzintervall des TSH-Wertes bei Schwangeren 0,5 mU/l abziehen sollte. Demnach läge der obere Referenzwert bei 4 mU/l.

Die Patientin im konkreten Fall liegt damit knapp über diesem Referenzwert. Was bedeutet dies nun für das Komplikationsrisiko?

Frühgeburten und die maternale Schilddrüsenfunktion

Eine Frühgeburt ist das größte Risiko für Kindersterblichkeit weltweit. Eine Dsyfunktion der maternalen Schilddrüse wiederum stellt ein Risikofaktor für Frühgeburten dar.

Eine prospektive Studie, die der Referent vorstellte, konnte ein erhöhtes Risiko für Fehl- und Frühgeburten bei Müttern zeigen, die positive TPO-AK hatten, auch bei euthyreoten Frauen [4]. Das Vorliegen positiver TPO-AK ist mit einer verminderten Antwort auf hCG assoziiert, was auf eine verminderte funktionelle Kapazität hindeutet. Dies könne der zugrunde liegende Mechanismus sein, der die Frühgeburten erkläre, so Peeters. Für die Patientin aus dem Fallbericht bedeutet dies, dass eine Therapie der subklinischen Hypothyreose vorgenommen wurde.

Fazit

Abschließend fasste Peeters die wichtigsten Punkte aus seinem Vortrag zusammen.

Subklinische Hypothyreose, keine Schwangerschaft

Hier solle man sich nicht auf eine einmalige Messung der Schilddrüsenparameter verlassen. Bei einem TSH-Wert unter 10 mU/l werde eine Behandlung nicht empfohlen, ebenso bei Patienten über dem 70. Lebensjahr.

Subklinische Hypothyreose und Schwangerschaft

Es existieren synergistische Effekte zwischen positiven TPO-AK und leicht erhöhten TSH-Werten. Die Cut off-Werte von TSH, ab denen eine Therapie empfohlen werde, unterscheiden sich je nach Befund der TPO-AK:

  • TPO-AK positiv: Cut off TSH > 2,5 mU/l
  • TPO-AK negativ: Cut off TSH > 4 mU/l.

Sollte eine Therapie der subklinischen Hypothyreose mit Levothyroxin in der Schwangerschaft indiziert sein, so solle diese in einer moderaten Dosierung erfolgen.

Autor:
Stand:
31.08.2018
Quelle:
  1. Professor Dr. Robin P. Peeters: „Update in thyroid disorders“, 17th European Congress of Internal Medicine (ECIM), Wiesbaden, 31.08.2018
     
  2. Hollowell et al. (2002): Serum TSH, T4, and Thyroid Antibodies in the United States Population (1988 to 1994): National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES III). The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, DOI: https://doi.org/10.1210/jcem.87.2.8182
     
  3. Peeters (2017): Subclinical Hypothyroidism. New England Journal of Medicine, DOI: 10.1056/NEJMcp1611144
     
  4. Liu et al. (2014): Maternal subclinical hypothyroidism, thyroid autoimmunity, and the risk of miscarriage: a prospective cohort study. DOI: 10.1089/thy.2014.0029
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