
Hintergrund
Tests auf Biomarker für eine asymptomatische, präklinische Alzheimer-Erkrankung (AD) sind invasiv und teuer. Die optische Kohärenztomographie-Angiographie (OCT-A) ermöglicht eine nichtinvasive Analyse der retinalen und mikrovaskulären Anatomie, die schon im Frühstadium der AD verändert ist.
Zielsetzung
Ein Forscherteam um Bliss O´Bryhim vom Department of Ophthalmology and Vision Science an der Washington University in St. Louis, Missouri, USA, untersuchte, ob sich mittels OCT-A bei kognitiv normalen Studienteilnehmern mit Biomarker-positiven Befunden für eine präklinische AD im Vergleich zu Kontrollpersonen mit Biomarker-negativen Befunden frühe Veränderungen der Netzhaut nachweisen lassen [1].
Methodik
Die Fall-Kontroll-Studie umfasste 32 Teilnehmer, die am Charles F. und Joanne Knight Forschungszentrum für die Alzheimer-Krankheit an der Washington University in St. Louis rekrutiert wurden. Ergebnisse umfangreicher neuropsychometrischer Tests ergaben, dass alle Teilnehmer kognitiv normal waren. Die Teilnehmer unterzogen sich einer Positronen-Emissions-Tomographie und/oder einer Untersuchung der zerebralen Spinalflüssigkeit, um den Biomarkerstatus zu bestimmen.
Personen mit bestehender Augenerkrankung, Eintrübungen, Diabetes oder unkontrollierter Hypertonie wurden von der Studienteilnahme ausgeschlossen. Die Datenerhebung erfolgte vom 1. Juli 2016 bis zum 30. September 2017.
Mithilfe eines OCT-A-Systems wurden an beiden Augen aller Teilnehmer automatisierte Messungen der Dicke der retinalen Nervenfaserschicht, der Dicke der Ganglienzellschicht, der inneren und äußeren fovealen Dicke, der vaskulären Dichte, des Makulavolumens und der fovealen avaskulären Zone vorgenommen. Die individuellen Messdaten wurden mit Kovarianzanalysen ausgewertet.
Ergebnisse
In die Analyse wurden 58 Augen von 30 Teilnehmern (53% weiblich, mittleres [SD] Alter 74,5 [5,6] Jahre, Altersspanne 62-92 Jahre) einbezogen. Bei 14 Teilnehmern lagen positive Biomarker für AD und damit eine Diagnose der präklinischen AD vor (mittleres [SD] Alter 73,5 [4,7] Jahre). 16 Teilnehmer mit negativem Biomarkerbefund dienten als Kontrollgruppe (mittleres [SD] Alter 75,4 [6,6] Jahre). Die foveale avaskuläre Zone war in der Biomarker-positiven Gruppe im Vergleich zur Kontrollen vergrößert (Mittelwert [SD] 0,364 [0,095] gegenüber 0,275 [0,060] mm2; p = 0,002). Die mittlere Dicke der inneren Fovea war in der Biomarker-positiven Gruppe verringert (66,0 [9,9] vs. 75,4 [10,6] μm; p = 0,03).
Fazit
Die Studienergebnisse legen nahe, dass kognitiv gesunde Individuen mit präklinischer AD zusätzlich zu architektonischen Veränderungen auch mikrovaskuläre Anomalien der Retina aufweisen, und dass diese Veränderungen in früheren Stadien der AD auftreten, als zuvor gezeigt wurde.
Sollte sich der Befund in Longitudinalstudien an größeren Kohorten bestätigen, könnte die OCT-A in Zukunft als nichtinvasives, kosteneffizientes und schnelles Instrument zum Screening auf eine präklinische Alzheimer-Erkrankung genutzt werden.