In Bewegung gegen Alzheimer

In einer amerikanischen Kohorte konnte erneut gezeigt werden, dass ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Bewegung, gesunder Ernährung, ohne Rauchen und mit moderatem Alkoholkonsum vor Alzheimer schützt. Auch die Lebenserwartung wird positiv beeinflusst.

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Hintergrund

Der Einfluss des Lebensstils in der Prävention von Alzheimer rückt zunehmend in den Fokus der Forschung. Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz und durch die demographische Entwicklung sind mehr und mehr Menschen davon betroffen. Da es bislang keine kausale Therapie gibt, sind Präventionsstrategien sehr bedeutsam. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Empfehlungen zur Demenzprävention mit modifizierbaren Risikofaktoren herausgegeben, die unter anderem die Bereiche Ernährung, Bewegung und soziale Aktivitäten sowie den Tabakkonsum mit einbeziehen.

Es scheint logisch, dass ein gesunder Lebensstil einen guten Schutz vor Alzheimer und anderen Erkrankungen darstellt. Dies wird durch eine zunehmende Anzahl von Studien auch wissenschaftlich belegt. Eine Studie aus den USA konnte eine Reduktion des Alzheimer-Risikos um 60% durch einen gesunden Lebensstil zeigen [1]. Auch die Mittler auf molekularer Ebene werden nach und nach identifiziert. So konnten Forscher den Botenstoff Irisin als möglichen Vermittler zwischen Muskelaktivität und Gedächtnis identifizieren.

Neben der Reduktion des Alzheimer-Risikos führt ein gesunder Lebensstil auch zu einer gesteigerten Lebenserwartung. Ob der gesunde Lebensstil bei einer verlängerten Lebenserwartung dann weiterhin auch vor Alzheimer schützt oder ob letztendlich die Zahl von Alzheimer-Patienten gleich bleibt oder sogar zunimmt, weil die Menschen aufgrund eines gesunden Lebensstils länger leben, ist bislang unklar. Es stellt sich also die Frage, ob es durch einen gesunden Lebensstil lediglich zu einer Verschiebung des Erkrankungsalters kommt. Neben einem individuellen Interesse an der Klärung dieser Fragestellung gibt es auch ein gesamtgesellschaftliches Interesse, denn Alzheimer ist ein wachsendes Problem der öffentlichen Gesundheit.

Zielsetzung

Ein Team um Dr. Klodian Dhana vom Rush University Medical Center in Chicago untersuchte den Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Lebenserwartung bei Patienten mit und ohne Alzheimer-Demenz [2].

Methodik

In der prospektiven Kohortenstudie werteten die Forscher um Dhana Daten aus dem Chicago Health and Aging Project aus, einer US-amerikanischen populationsbasierten Kohortenstudie. Dabei wurden 2.449 Personen ab einem Alter von 65 Jahren berücksichtigt.

Zur Messung entwickelten die Wissenschaftler einen Score für einen gesunden Lebensstil (Healthy Lifestyle Score, HLS) mit fünf modifizierbaren Lebensstilfaktoren:

  • Eine das Gehirn positive beeinflussende Diät („Mediterranean-DASH Diet Intervention für Neurodegenerative Delay“)
  • Hohe kognitive Aktivität im Alter (etwa durch Konzertbesuche, Spiele, soziales Miteinander)
  • Moderate oder starke körperliche Aktivität (≥ 150 Minuten/Woche)
  • Kein Tabakkonsum
  • Leichter bis moderater Alkoholkonsum (Frauen 1-15 Gramm/Tag; Männer 1-30 Gramm/Tag).

Pro Faktor bekamen die Teilnehmenden einen Punkt, wenn sie diesen umsetzten. So zeichnen 5 Punkte einen sehr gesunden Lebensstil aus. Je weniger Punkte, desto weniger gesund ist der Lebensstil. Hauptoutcome war die Lebenserwartung mit und ohne Alzheimer.

Ergebnisse

Frauen im Alter von 65 Jahren, welche 4 oder 5 Punkte im HLS erreichten, hatten eine Lebenserwartung von 24,2 Jahren. Frauen gleichen Alters, die 0-1 Punkte im HLS hatten, zeigten eine um 3,1 Jahre verkürzte Lebenserwartung. Während der zu erwartenden Lebensspanne wiesen 10% der Frauen mit einem gesunden Lebensstil eine Demenz auf (Dauer durchschnittlich 2,6 Jahre). Bei den Frauen mit wenigen Punkten im HLS war die ohnehin schon verkürzte Lebensdauer im Durschnitt von 4,1 Jahren einer Alzheimer-Erkrankung geprägt.

Bei Männern war der Unterschied noch deutlicher. Männer im Alter von 65 Jahren mit einem gesunden Lebensstil hatten eine Lebenserwartung von 23,1 Jahren und hatten in dieser Zeitspanne durchschnittlich über 1,4 Jahre an Alzheimer. Bei den ungesund lebenden Männern lag die weitere Lebenserwartung im Durchschnitt bei 17,4 Jahren, wovon 2,1 Jahre auf eine Alzheimer-Demenz entfielen.

Fazit

In dieser Studie war ein gesunder Lebensstil mit einer längeren Lebenserwartung assoziiert. Außerdem lebten die Probanden mit einem gesünderen Lebensstil auch längere Zeit ohne Alzheimer als die Probanden mit einem weniger gesunden Lebensstil. Diese lebten insgesamt kürzer und litten in dieser kürzeren Lebensspanne auch über eine längere Zeit an Demenz.

Experten der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) kommentierten die Studienergebnisse in einer Pressemeldung [3]. „Die Ergebnisse zeigen eindrücklich, dass man aktiv durch einen gesunden Lebensstil einer Alzheimer-Demenz vorbeugen kann und an Lebenszeit gewinnt, vor allem auch an „Demenz-freier“ Lebenszeit,“ erklärt Professor Dr. Hans Christoph Diener, Pressesprecher der DGN. Neben der körperlichen Aktivität betonen Diener und der DGN-Generalsekretär Professor Peter Berlit auch die Bedeutung geistiger Aktivität: „Wir müssen nicht nur unseren Körper, sondern auch den Geist fordern und trainieren – physisches und geistiges Training sind wichtig für die Hirngesundheit.“

Quelle:
  1. Dhana et al. (2020): Healthy lifestyle and the risk of Alzheimer dementia: Findings from 2 longitudinal studies. Neurology, DOI: https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000009816
  2. Dhana et al. (2022): Healthy lifestyle and life expectancy with and without Alzheimer’s dementia: population based cohort study. The British Medical Journal, DOI: https://doi.org/10.1136/bmj-2021-068390
  3. Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Pressemeldung, 17.05.2022; abgerufen am 25.05.2022

 

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