
Hintergrund
Demenz betriff weltweit rund 50 Millionen Menschen. Die häufigsten Demenzerkrankungen sind dabei die Alzheimer-Demenz (AD) und die Vaskuläre Demenz (VD). Aufgrund des Bevölkerungswachstum und der steigenden Lebenserwartung gehen Schätzungen davon aus, dass 2050 etwa 152 Millionen Menschen an einer Demenzerkrankung gleich welcher Ursache (all-cause dementia [ACD]) leiden werden. Eine Demenz ist nach wie vor unheilbar und für die Betroffenen und ihre Angehörigen mit großen psychischen Belastungen verbunden. Zudem sind der Pflegeaufwand und die damit verbundenen Kosten hoch [1].
Verzögerung des Krankheitsbeginns
Die Ursachen der meisten demenziellen Erkrankungen sind noch nicht vollständig geklärt. Daher gibt es bisher keine kausale Vorbeugung der Demenz. Man kennt jedoch einige Risikofaktoren, die die Entwicklung der Erkrankung begünstigen und/oder beschleunigen können. Zu den Risikofaktoren zählen unter anderem ein ungesunder Lebensstil, Stress und Vorerkrankungen, wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus. Es gibt ebenfalls Hinweise, wenn auch keine sichere Evidenz, dass bestimmte Freizeitaktivitäten zusätzlich zur Vermeidung von Risikofaktoren die kognitiven Funktionen des Gehirns länger erhalten und den Beginn der Demenzsymptome möglicherweise hinauszögern können.
Daten von 2 Millionen Menschen
Chinesische Wissenschaftler haben nun in einer großen Metaanalyse versucht, die Effekte verschiedener Gruppen von Freizeitaktivitäten auf die Inzidenz von Demenzerkrankungen im Allgemeinen sowie auf die häufigsten Subtypen – AD und VD - zu ermitteln. In die Metaanalyse flossen die Daten von 38 Studien ein, an denen insgesamt 2.154.818 Menschen weltweit teilgenommen hatten [2,3].
Informationen über die Freizeitaktivitäten
Alle Teilnehmer hatten zum Beginn der jeweiligen Studie keine Demenz Diagnose. Das Follow up in den ausgewählten Studien erstreckte sich über mindestens 3 Jahre. Die Informationen zu den Freizeitaktivitäten stammten von den Teilnehmern selbst und wurden per Fragebogen oder Interview erhoben. Als Freizeitaktivitäten wurden alle Beschäftigungen definiert, die dem Vergnügen oder dem Wohlbefinden der Teilnehmer dienten. Sie wurden in kognitive, körperliche oder soziale Aktivitäten unterteilt.
Beispiele für Freizeitaktivitäten
Zu den kognitiven Aktivitäten zählten die Autoren beispielsweise Lesen oder Schreiben zum Vergnügen, Fernsehen, Radiohören, Spiele oder Musikinstrumente spielen, Beschäftigung mit dem Computer oder Basteln, Werken und Handarbeiten machen. Physische Aktivitäten schlossen unter anderem Walking, Laufen, Fahrradfahren, Kraftsport an Geräten, Spielsportarten, Yoga und Tanzen ein. Als soziale Aktivitäten wurden alle Tätigkeiten betrachtet, die die Kommunikation mit anderen beinhalteten, wie z. B. der Besuch eines Kurses oder die Mitgliedschaft in einem Verein, ehrenamtliche Tätigkeit, Besuche bei Verwandten und Freunden oder Teilnahme an religiösen Aktivitäten.
Verringerte Inzidenz von Demenzen
Bei den 2.154.818 Teilnehmern wurden während der Beobachtungszeiträume insgesamt 74.700 Demenzfälle, darunter 2.848 von Alzheimer-Demenz und 1.423 von vaskulärer Demenz bekannt. Generell waren Freizeitaktivitäten mit einer verringerten Inzidenz von Demenzerkrankungen verbunden als passives Verhalten in der Freizeit. Die Subgruppenanalyse zeigte eine unterschiedliche Verringerung des relativen Risikos für Demenz, je nachdem, welche Art von Freizeitaktivität ausgeübt wurde.
Stärkste Effekte durch kognitive Aktivität
Kognitive Freizeitaktivitäten waren mit einem um 23 % verringerten Risiko für die Demenz allgemein verbunden (Relatives Risiko [RR] 0,77; Konfidenzintervall [CI] 0,68-0,87), physische Aktivitäten mit einem um 17 % (RR 0,83; CI 0,78-0,88) und soziale Interaktionen in der Freizeit mit einem um 7 % (RR 0,93; CI 0,87-0,99) geringeren Risiko. In Bezug auf die Alzheimer-Demenz verringerten die kognitiven Aktivitäten das Risiko um 34 % (RR 0,66; CI 0,52-0,85) und die physischen um 13 % (RR 0,87; CI 0,78-0,96). Physische Aktivität war mit um 33 % einer verringerten Inzidenz von vaskulärer Demenz verbunden (RR 0,67; CI 0,53-0,85).
Fazit
Die Evidenzlage hinsichtlich protektiver Effekte von Freizeitaktivitäten in Bezug auf den Ausbruch einer Demenz ist heterogen. Die aktuelle Metaanalyse bestätigt nach Ansicht von Dr. Lin Lu vom Sixth Hospital und dem Brain Research Institut der Peking University, einem Autor der Studie, jedoch, dass Freizeitbeschäftigungen wie Spiele, Sport, kreative Hobbys und soziale Aktivitäten mit einer verringerten Inzidenz von Demenz verbunden sind. Er räumt aber auch bedeutende Schwachstellen der Studie ein, wie beispielsweise, dass die Informationen über Freizeitaktivitäten ausschließlich über die Selbstauskunft der Teilnehmer erhoben wurden. In zukünftigen Studien sollten auch längere Beobachtungszeiträume gewählt werden.