
Hintergrund
Etwa ein Drittel der Epilepsie-Patienten erleidet trotz medikamentöser Therapie Krampfanfälle, die im schlimmsten Falle tödlich enden können. Der plötzliche, unerwartete Tod, SUDEP (sudden unexpected death in epilepsy) ist gefürchtet. Eine besondere Stellung kommt hierbei den nächtlichen motorischen Krampfanfällen zu, die besonders gefährlich sein können.
Daher existieren verschiedenste Bemühungen zur Detektion und Meldung von Krampfanfällen. Ein zu diesem Zweck entwickeltes System misst mithilfe eines in einem Armband, der Nightwatch, integrierten kombinierten Sensors die Herzfrequenz und Bewegungen des Patienten.
Zielsetzung
Das Ziel der vorliegenden Multicenterstudie war es, mithilfe der Herzfrequenz und Bewegungserfassung nächtliche Krampfanfälle zu detektieren [1].
Methodik
Die vorliegende prospektive, videokontrollierte Kohortenstudie wurde von 09/2015 bis 01/2017 durchgeführt und untersuchte die Möglichkeit nächtliche Krampfanfälle mittels Herzfrequenzrate (via Photoplethysmographie) und Bewegungserfassung (3D-Accelerometer) bei Patienten, die an Epilepsie und geistiger Behinderung leiden, zu detektieren.
Zu diesem Zweck wurden Patienten, die mehr als einmal monatlich einen Major-Krampfanfall erleiden, gebeten für zwei bis drei Monate ein Armband (Nightwatch) am Oberarm zu tragen.
Major-Krampfanfälle waren definiert als tonisch-klonische, generalisiert tonische über 30 Sekunden andauernde, hyperkinetische oder andere Anfälle, inklusive Cluster (länger als 30Minuten) von kurzen myoklonischen/tonischen Anfällen.
Die Videoaufzeichnung aller Ereignisse und 10% der komplett aufgezeichneten Nacht wurden untersucht, um Major-Anfälle (die einen Alarm auslösen müssen), Minor-Anfälle (die keinen Alarm auslösen sollen) oder keine Anfälle zu definieren.
Die Studiengruppe evaluierte die Geräteleistung, verglich diese mit einem Bettsensor (Emfit) und wertete die Benutzungserfahrung der Pflegepersonen mit der Nightwatch aus.
Als primäres Outcome zur Erfassung der Sensitivität des Systems wurden der positiv prädiktive Wert, die falsch-negative und die falsch-positive Alarmrate zur Detektion von Major-Anfällen gewählt.
Die sekundären Endpunkte waren der Vergleich des Systems mit einem Bettsensor, die Qualität der Signaldaten und Faktoren, die den Performance-Algorithmus beeinflussen können sowie die Nutzungserfahrung der Pflegepersonen mit der Nightwatch.
Ergebnisse
28 der ursprünglich 34 eingeschlossenen Patienten beendeten die Studie. Die Inter-Beobachter-Übereinstimmung (interobserver agreement) bezüglich Major-/Nicht Major-Anfällen betrug 0,77 (95% Konfidenzintervall [CI] 0,65-0,89). Die mediane Sensitivität erreichte 86% (95% CI 77-93%), die falsch-negative Alarm Rate lag bei 0,03 pro Nacht (95% CI 0,01-0,05) und der positiv-prädiktive Wert betrug 49% (95% CI 33-64%).
Im Vergleich zum Bett-Sensor konnte die Studiengruppe zeigen, dass die Nightwatch eine bessere Sensitivität aufwies (n=14, mediane Differenz 58%, 95% CI 39-80%, p<0,001). Auch die Befragung der Betreuungspersonen ergab eine gute Akzeptanz und Benutzerfreundlichkeit der Nightwatch.
Fazit
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass mithilfe der Herzfrequenz und Bewegungsdetektion eine verlässliche Erfassung von nächtlichen Krampfanfällen möglich ist. Der multimodale Sensor zeigt zudem eine signifikant bessere Sensitivität in der Erfassung der nächtlichen Anfälle im Vergleich zu einem herkömmlichen Bettsensor. Die Autoren der Studie beschreiben den multimodalen Sensor als eine Methode, die helfen kann SUDEPs vorzubeugen.
Die Studie wurde über ein Stipendium der Dutch National Science Foundation (No.300040003), der NUTS-Ohra Foundation (No.1203-050) sowie der Dutch Epilepsy Foundation finanziert.